Happy End in Virgin River
und erschießt Tiere im Wald. Da wirst du doch wohl mit Sicherheit das hier schaffen können“, hielt sie ihm vor, wobei sie ziemlich herrisch klang. „Große Tiere … du erschießt große Tiere. Das hier ist sehr viel schöner als so etwas.“
„Das hängt immer davon ab, woran man gewöhnt ist“, brummte er. Er sah zu, wie der Mann auf dem Bildschirm der Frau sagte, sie solle hecheln, hecheln, hecheln und dann pressen, pressen, pressen. Nun, wie schwer mochte das sein? Und die Frau schwitzte, als hätte sie gerade einen Marathonlauf hinter sich. Wieder griff sie nach ihren Schenkeln, zog sich daran hoch und presste, wobei sie mit gefletschten Zähnen einen Grunzlaut ausstieß, ganz so, als würde sie hundertfünfzig Kilo stoßen, und Herr im Himmel! Nun schaute der ganze Kopf des Babys aus ihr heraus! „Ah, Mann“, jammerte er wieder, duckte und schüttelte den Kopf, dann sprang er auf und drehte dem Fernseher den Rücken zu. „Vanessa, wo ist dein Vater?“
„Ich habe Dad und Tommy zum Stall geschickt, damit wir uns diesen Film zusammen anschauen können.“
„Vanessa, das schaffe ich nicht. Es ist ja auch nicht so, als hätte ich mich jetzt schon lange darauf vorbereitet. Oder als wärst du irgendeine Fremde, eine Frau, die plötzlich bei mir im Taxi oder so ein Kind bekommt …“
„Sieh doch, Paul“, rief sie und wies auf den Bildschirm. Er warf einen Blick über die Schulter und sah, wie das Baby jetzt ganz herausglitt. Eklig und schleimig lag es in den Händen des Arztes und hing dabei noch immer an der Nabelschnur, die in der Frau aufgerollt war.
Paul setzte sich und steckte den Kopf zwischen die Knie. Es wäre wirklich zu peinlich, wenn er jetzt ohnmächtig würde und sie ihn wiederbeleben müsste. „Vanessa“, sagte er kläglich, „du machst den größten Fehler deines Lebens.“
Sie legte ihm eine Hand aufs Knie. „Wir können uns den Film ein paarmal anschauen, bis du dich daran gewöhnt hast und sozusagen desensibilisiert bist.“
„Bitte, nein, lieber Gott …“
„Nun, wenn es aber doch nötig ist …“
Gerade rechtzeitig hob er den Kopf, um festzustellen, dass die Nabelschnur bereits durchtrennt worden war und das Baby der Mutter jetzt auf den Bauch gelegt wurde. Und da kam auch schon dieses grauenhaft aussehende Zeug herausgeblubbert, von dem er wusste, dass es die Plazenta war. Ich sterbe, dachte er. Hier und jetzt, auf der Stelle.
Vanessa stieß einen entsetzlichen Schrei aus, und er dachte noch: Siehst du! Sie kann es auch nicht ertragen! Aber als er dann den Kopf drehte, erkannte er, dass dies nicht das Problem war. Mit einer Hand auf ihrem dicken Bauch und schmerzverzerrtem Gesicht sah sie ihm ganz danach aus, als würden sie jetzt viel zu schnell zur Praxis übergehen.
„Oh-oh“, sagte er.
„Ja“, bestätigte sie. „Ganz ruhig. Es ist alles in Ordnung … wir haben reichlich Zeit. Wir können uns den Film noch ein paarmal anschauen, wenn du das brauchst.“
„Nein“, lehnte er entschieden ab. „Diesen Film will ich nie wieder sehen!“
„Dann bist du also so weit?“
„Das würde ich nicht behaupten, nein.“
„In Ordnung.“ Sie ignorierte ihn einfach. „Ich denke, du solltest jetzt duschen. Wasch dich gründlich. Ich hatte schon den ganzen Tag lang Wehen, aber jetzt werden die Kontraktionen allmählich ernst, und ich werde Mel anrufen, damit sie herkommt.“
„Du willst mich auf den Arm nehmen?“
„Wir werden es tun, Paul. Ich weiß, dass du mich nicht hängen lassen wirst.“
„Darauf würde ich aber nicht wetten. Es wäre ein Wunder, wenn ich es schaffe, bei so etwas aufrecht stehen zu bleiben. Und ich meine ein Wunder!“
„Ich brauche dich. Wenn Matt schon nicht hier bei mir sein kann, brauche ich dich an meiner Seite. Bitte?“
Oh verdammt, dachte er. Jetzt drückt sie auch noch den Matt-Knopf.
„Bitte, bitte?“
„Vanni, ich würde alles für dich tun, Liebes. Aber das hier ist ein Fehler. Ein großer Fehler.“
Und sie schrie: „Ohhhhhhhh“, wobei sie sich den Bauch festhielt. Mit großen, schreckgeweiteten Augen starrte er sie an, während sie versuchte, durch die Wehe zu kommen.
Also war es das, was ihm an ihrem Gesicht aufgefallen war, als er zur Tür hereinkam. Sie würde jetzt ihr Baby bekommen, und alles andere war fürs Erste auf Eis gelegt. Wie eine Wölfin, die ihr Junges schützte, war sie jetzt voll darauf fokussiert. Jetzt war sie keine trauernde Witwe mehr, sondern nur noch Mutter. Und sie meinte es ernst.
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