Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Happy Family

Happy Family

Titel: Happy Family Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Safier
Vom Netzwerk:
genauso verrückt wie diese Frau, die ihre Familie gezwungen hatte, sich in Monsterkostümen zu blamieren.
    Dennoch träumte ich ein bisschen vor mich hin, wie es wohl wäre, wenn ich Jannis «Ich liebe dich» simsen würde und er das Gleiche antwortete und so dieser Tag – trotz Sitzenbleiben und Horrorabend als Mumie – zum schönsten Tag meines Lebens würde. Meine Finger tippten die Worte spaßeshalber ein, natürlich, ohne dass ich sie jemals abschicken würde. In diesem Moment zeigte Mama mal wieder null Interesse an einer roten Ampel und brauste so schnell um eine Kurve, dass wir fast alle aus dem Fenster flogen. Wie in Zeitlupe sah ich, wie mein Daumen auf «Senden» glitt. Mein «Ich liebe dich» wurde versendet.
    Ich glaube zwar nicht an Gott, aber in diesem Augenblick betete ich still: Bitte, bitte, lieber Gott, mach, dass das Mobilnetz einen Totalausfall hat.
    Gott tat mir diesen lächerlichen kleinen Gefallen nicht: Die Balken auf meinem Handy blieben alle stehen.
    Wenige Zehntelsekunden später kam die Antwort von Jannis: «Was?»
    Das war jungenstypisch nicht sehr geistreich. Und es war schon gar nicht die Antwort, die ich mir in meinem albernen Tagtraum vorhin erhofft hatte, deswegen schrieb ich hastig zurück: «Ich hab mich vertippt.»
    Ich hoffte, dass er das schlucken würde und dass damit das Texten zu Ende war. Vergebens.
    «Was wolltest du denn tippen?», fragte er per SMS .
    Panisch simste ich zurück: «Ich schiebe dich.»
    «Du schiebst mich???», kam die Antwort, und man merkte, er hätte gerne noch ein paar hundert weitere Fragezeichen getippt.
    Noch panischer antwortete ich: «Ich meine schaben.»
    «Du schabst mich?»
    «Ja.»
    «???»
    «Es ist ja Freitag, Schabbat bei den Juden», schrieb ich.
    «?????»
    Mittlerweile musste er mich für total durchgeknallt halten.
    Am liebsten hätte ich ihm jetzt ein kleines Männchen zurückgesimst, das sich verpieselt. Doch da ließ mich Jannis vom Haken. Er fragte nicht mehr nach, sondern simste den schönsten Satz, den mir je ein Junge gesagt, geschrieben oder getextet hatte: «Ich schiebe dich auch, Fee.»
    Eine Welle des Glücks überrollte mich. Ich war total happy und hätte alle umarmen können. Vielleicht sogar Mama.
    Die sah in ihrem Rückspiegel, dass ich in meinem Mumienkostüm lächelte. Als sie mich so glücklich sah, machte sie vor lauter Wut eine Vollbremsung … auf dem Fußweg.
    Und dann begannen die Kugeln zu fliegen.

[zur Inhaltsübersicht]
EMMA
    Ich sprang wehenden Umhangs aus dem Wagen heraus und sah dabei, dass ich, nur wenige Meter von einer alten Bettlerin entfernt, zum Stehen gekommen war. Die alte Frau bettelte am Wegesrand, trug ein Kopftuch, hatte ein graues Gesicht, und der Anzahl ihrer Augenringe nach zu urteilen, war sie schon sehr, sehr alt. Dass ich auf den Gehsteig gerast war, hatte ihr offenbar keinen Schrecken eingejagt. Ganz im Gegenteil. Sie schaute lächelnd zu mir rüber, als ob sie in ihrem Leben schon viel Schlimmeres erlebt hatte. Dann hob sie ihre Blechbüchse und fragte radebrechend: «Du haben Euro?»
    Ich war viel zu sehr in Rage, um auf sie einzugehen, stattdessen befahl ich meiner Monsterfamilie auszusteigen. Ich baute mich vor Frankenstein, Mumie und Werwolf auf und rastete aus, wie noch nie jemand im Draculakostüm, einschließlich Dracula selbst, zuvor ausgerastet war: «Fee, was fällt dir ein, so zu grinsen? Du blamierst mich, du bleibst sitzen, du kiffst …!»
    «Ich kiffe nicht …», setzte Fee zum schwachen Protest an.
    «Für wie blöd hältst du mich eigentlich?», schnitt ich ihr das Wort ab. «Und wehe, du gibst darauf eine ehrliche Antwort!»
    Sie schaute schuldbewusst zu Boden. Max grinste, woraufhin ich mir den Jungen gleich als Nächstes vorknöpfte: «Und du … du kriegst deinen Mund nur auf, wenn es darum geht, deine Schwester zu ärgern!»
    Jetzt blickte auch er schuldbewusst zu Boden. Frank hingegen stellte sich vor die beiden und versuchte zu schlichten: «Wir wollen die Kinder doch nicht anschreien …»
    «Im Augenblick schon!»
    «Das hat doch keinen Sinn …», erwiderte er zaghaft.
    «Ach, jetzt machst du auf einmal einen auf Kindererziehung?», schnauzte ich ihn an, und die Kinder waren sichtlich froh, fürs Erste aus der Schusslinie geraten zu sein. «Du bist doch den ganzen Tag gerade mal zwanzig Minuten im wachen Zustand zu Hause und dabei auch nur körperlich anwesend.»
    «Willst du jetzt etwa mich anmachen?», fragte er etwas begriffsstutzig.
    «Glaubst

Weitere Kostenlose Bücher