0556 - Odem des Bösen
Unzählige Kristalle bedeckten die Wände im Saal des Wissens. Milliarden und aber Milliarden waren es, die aus sich heraus leuchteten, und jeder von ihnen barg Unmengen an Informationen, die sie aus Raum und Zeit bezogen. Diese Informationen zu sondieren, zu sortieren und zu verarbeiten, oblag Merlin, dem Zauberer von Avalon, dem Diener des Wächters der Schicksalswaage.
Auf diese Weise hatten Merlin und sein dunkler Bruder Sid Amos, der einst als Asmodis der schreckliche Fürst der Finsternis gewesen war, eine bestürzende Entdeckung gemacht. Die Welt stand vor einer Katastrophe ungeahnten Ausmaßes.
Nicht nur diese Welt…
Nicht nur das Universum…
Alle Welten des Multiversums konnten betroffen sein, soweit ihre Geschicke auf irgendeine Weise miteinander verflochten waren.
Genau genommen hatte diese Katastrophe sogar schon stattgefunden -viele Jahre in der Vergangenheit. Es existierten bereits zwei unterschiedliche Wahrscheinlichkeitsebenen, von denen die zweite ins absolute Chaos führte.
Es geschah in der Straße der Götter, jener recht kleinen Welt mit fünf Himmelsrichtungen. Archaisch-kriegerische Völker und Götter und Dämonen waren hier zu Hause. Der OLYMPOS war der Sitz der positiven Götter, der ORTHOS das Zentrum der negativen, der dämonischen Gottheiten. Beide besaßen sie überall in der Straße der Götter ihre Tempel und ihre Priester. Und sowohl die dunklen Götter des ORTHOS wie auch die des OLYMPOS versuchten im ständigen Streit, die alleinige Macht über diese kleine Welt und ihre Bewohner zu erringen.
Oft genug stachelten sie dabei die Herrscher der verschiedenen Reiche dazu auf, im Namen der Götter Kriege gegeneinander zu fuhren.
Vor einiger Zeit beschlossen beide Seiten zugleich, sich die Sache zu vereinfachen. Zwei Wesen wurden geschaffen, die Halbgötter Damon und Byanca. Mit ihren mächtigen Fähigkeiten sollten sie stellvertretend für ihre Schöpfer gegeneinander kämpfen. Sie sollten die schon seit Beginn der Welt währende Schlacht endlich und endgültig entscheiden!
Womit ihre Schöpfer jedoch nicht gerechnet hatten, war, daß sich die Halbgötter ineinander verliebten und sich fortan weigerten, ihren Auftrag zu erfüllen. Sie dienten zwar nach wie vor dem OLYMPOS oder dem ORTHOS, je nach ihrer Bestimmung und Abkunft. Aber in diesem einen Punkt verweigerten sie den Gehorsam.
Bald aber wurden sie des ständigen Konfliktes müde, und sie flohen in die Welt der Menschen. Zu Merlin in seine Felsengrotte, wo sie in einen langen Tiefschlaf fielen. Merlin hingegen war es, der für ihr Wiedererwachen und ihre Rückkehr in die Straße der Götter sorgte, indem er eine Ereigniskette initiierte, die auch Zamorra und seine Lebensgefährtin Nicole Duval erstmals in jene seltsame, sich ständig wandelnde kleine Welt führte. [1]
Nun sollte zu einem Zeitpunkt, der noch vor dem Rückzug der Halbgötter in Merlins Tiefschlaf-Schreine lag, in der Stadt Sestempe eine Hochzeit von größerer politischer Bedeutung stattfinden. Tiana, die schöne Tochter eines reichen und mächtigen Kaufmannes der freien Handelsstadt Salassar, sollte mit Cantho verehelicht werden, dem Sohn eines Moguls des Landes Khysal. Die Moguln versprachen sich davon erhebliche Vorteile. Und die schöne Tiana ahnte nicht mal, daß sie auf diese Weise mißbraucht wurde - den sie liebte Cantho tatsächlich.
Die Hochzeit sollte stattfinden im OLYMPOS-Tempel der khysalischen Hauptstadt Sestempe. Sogar eine Göttin sollte erscheinen, um das Brautpaar zu segnen. Offenbar jedoch wollten die finsteren Mächte des ORTHOS den Augenblick, in dem die Göttin Menschengestalt annahm und dadurch teilweise verwundbar wurde, nutzen, um ihr Schaden zuzuführen.
Eigentlich wäre dies in der Straße der Götter ein fast schon alltägliches Intrigenspiel. Doch drei weitere Ereignisse griffen in dieses hinein.
Zum einen hatte in der Welt der Menschen vor kurzem der Erzdämon Lucifuge Rofocale eine gewaltige magische Explosion erzeugt. Deren Energie verteilte sich nicht nur im Raum, sondern auch in der Zeit. Sie raste dabei auch rückwärts, in die Vergangenheit, und durchbrach zugleich die Schranke zwischen den Welten.
Zum anderen hatte zur Regierungszeit des Sonnenkönigs ein zauberkundiger, verwachsener Gnom mit tiefschwarzer Haut einen Zeit-Zauber erprobt. Er war der Diener eines von Zamorras Vorfahren, des aus Spanien stammenden Don Cristofero Fuego del Zamora y Montego. Der Gnom, stets bestrebt, mittels seiner Magie Gold für
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