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Hard-boiled Wonderland und das Ende der Welt

Hard-boiled Wonderland und das Ende der Welt

Titel: Hard-boiled Wonderland und das Ende der Welt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Haruki Murakami
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Solo in Sophisticated Lady.
    Ich parkte den Wagen am Hibiya-Park, dann legten wir uns auf den Rasen und tranken Bier. In dem montagmorgendlichen Park war es still und leer wie auf dem Deck eines Flugzeugträgers nach dem Start aller Maschinen. Nur Grüppchen von Tauben wanderten hier und da auf dem Rasen umher, als absolvierten sie Aufwärmübungen.
    »Keine Wolke am Himmel!«, sagte ich.
    »Da hinten ist eine«, sagte sie und deutete mit dem Finger über die Hibiya Hall. Eine Wolke, zweifellos. Weiß wie ein Wattebausch hing sie an der Astspitze eines Kampferbaumes.
    »Ein Wölkchen«, sagte ich. »Das zählt nicht.«
    Sie hielt sich die Hand über die Augen, um die Wolke genau zu betrachten.
    »Na ja, klein ist sie schon«, sagte sie.
    Lange sahen wir uns wortlos das bisschen Wolke an, dann machten wir unser zweites Bier auf.
    »Warum hast du dich scheiden lassen?«, fragte sie.
    »Im Sommer vor fünf oder sechs Jahren ist meine Frau weg. Und kam nicht wieder. Das ist alles.«
    »Hast du sie nie wieder gesehen?«
    »Nein«, sagte ich, setzte die Dose an und nahm einen langen Schluck.
    »Wozu auch?«
    »Habt ihr euch nicht gut verstanden?«
    »Doch, sehr gut sogar«, sagte ich, die Dose betrachtend. »Das hat mit dem eigentlich Wesentlichen aber nicht viel zu tun. Man schläft zu zweit im selben Bett und ist, wenn man die Augen zumacht, doch allein. Verstehst du, was ich meine?«
    »Ja, ich glaub schon.«
    »Man kann die Menschen nicht alle in die eine oder andere Schublade stecken, die Visionen, die Träume und Vorstellungen, die sie haben, aber schon, glaube ich. Im Wesentlichen gibt es zwei Sorten: allumfassende und begrenzte. Ich lebe eher in einer klar abgegrenzten Vorstellungswelt. Wo man die Grenzen zieht, ist nicht das Problem. Nur irgendwo müssen welche sein. Diese Auffassung teilt aber noch lange nicht jeder.«
    »Selbst wenn man sie teilt, könnte man bemüht sein, die Grenzen weiter nach außen zu verschieben.«
    »Mag sein. Ich jedenfalls nicht. Muss man Musik denn unbedingt in Stereo hören? Ist Musik nur dann und nur deshalb Musik, wenn man die Geigen von links und den Kontrabass von rechts hört? Das ist doch nichts weiter als eine Komplizierung des Mittels, Bilder zu erzeugen.«
    »Ist das nicht ein bisschen eigensinnig?«
    »Das hat sie auch immer gesagt.«
    »Wer? Deine Frau?«
    »Ja«, sagte ich. »Schwarz-weiß und inflexibel. Bier?«
    »Danke«, sagte sie.
    Ich riss das vierte Miller Highlife auf und gab es ihr.
    »Wie siehst du dich denn selbst?«, fragte sie. Sie trank nicht, sondern starrte nur in das Loch in der Dose.
    »Hast du Die Brüder Karamasow gelesen?«, fragte ich.
    »Ja. Ist aber schon lange her.«
    »Lies es ruhig noch einmal. Da steht allerhand drin. Ziemlich am Ende sagt Aljoscha zu dem jungen Studenten Kolja Krasotkin: ›Hören Sie, Kolja, unter anderem werden Sie im Leben auch ein sehr unglücklicher Mensch sein. Aber im Ganzen werden Sie dennoch das Leben preisen.‹« Ich leerte mein zweites Bier und öffnete nach kurzem Zögern das dritte. »Aljoscha«, fuhr ich fort, »weiß alles Mögliche. Doch als ich den Satz das erste Mal las, hatte ich ziemliche Zweifel: Kann man ein unglückliches Leben im Ganzen wirklich preisen?«
    »Und hast du deshalb dein eigenes eng abgegrenzt?«
    »Vielleicht«, sagte ich. »Eigentlich hätte ich anstelle deines Mannes im Bus mit einer Eisenvase erschlagen werden sollen. Das wäre der mir angemessene Tod gewesen. Direkt, zusammenhanglos, ein geschlossenes Bild. Und keine Zeit zum Nachdenken.«
    Ich hob den Kopf und schaute in die Richtung, wo vorhin die Wolke gewesen war. Sie war weg. Verborgen vom Laub des Kampferbaumes.
    »Kann ich auch mit hinein in deine begrenzte Welt?«, fragte sie.
    »Jeder kann hinein, und jeder kann sie wieder verlassen«, sagte ich. »Das ist das Schöne an begrenzten Welten. Nur bitte beim Hereinkommen die Schuhe gut abtreten, und beim Verlassen die Türe schließen. Daran halten sich alle.«
    Sie lachte, stand auf und klopfte sich das Gras von der Baumwollhose. »Gehn wir! Es wird doch langsam Zeit, oder?«
    Ich sah auf die Armbanduhr. 10 Uhr 22.
    »Ich fahr dich nach Hause«, sagte ich.
    »Nein, lass«, sagte sie. »Ich geh hier noch ins Kaufhaus und fahr dann mit der Bahn nach Hause. Das ist besser so.«
    »Gut, dann verabschieden wir uns hier. Ich bleib noch ein bisschen, mir gefällt’s hier.«
    »Vielen Dank für den Nagelknipser.«
    »Keine Ursache«, sagte ich.
    »Rufst du mich an, wenn du zurück

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