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Hard News

Hard News

Titel: Hard News Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jeffery Deaver
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1
    Sie gingen gleich nach dem Abendessen auf ihn los.
    Er wusste nicht genau, wie viele es waren. Aber das spielte auch keine Rolle; er dachte nur eines: Bitte, lass sie kein Messer haben. Er wollte nicht aufgeschlitzt werden. Sollten sie mit dem Baseballschläger schlagen, mit dem Bleirohr, ihm mit dem Hohlblockstein die Hände zerschmettern … aber kein Messer, bitte.
    Er war auf dem Weg durch den Flur vom Gefängnisspeisesaal zur Bibliothek, den Flur mit einem Geruch, den er nie hatte unterbringen können. Sauer, faulig … Und hinter ihm: die Schritte, die immer näher kamen.
    Der dürre Mann, der von dem Braten und dem Brot und den grünen Bohnen, die sich auf seinem Tablett türmten, kaum etwas gegessen hatte, lief schneller.
    Er war noch zwanzig Meter von der Wachstation entfernt, und keiner der Gefängniswärter am Ende des Flurs blickte in seine Richtung.
    Schritte. Flüstern.
    O Herr, dachte der Mann. Mit einem werd ich vielleicht fertig. Ich bin stark und schnell. Aber wenn sie ein Messer haben, gibt’s kein …
    Randy Boggs schaute sich um.
    Drei Männer waren ihm dicht auf den Fersen.
    Kein Messer. Bitte …
    Er fing an zu rennen.
    »Wo willst ’n hin, Kleiner?«, rief die Latinostimme, während sie hinter ihm in Laufschritt verfielen.
    Ascipio. Es war Ascipio. Und das hieß, dass Boggs sterben würde.
    »He, Boggs, hat kein’ Zweck. Hat gar kein’ Zweck, dass du rennst.«
    Aber er rannte weiter. Schritt um Schritt, mit gesenktem Kopf. Nur noch fünfzehn Meter bis zur Wachstation.
    Ich kann’s schaffen. Ich bin da, ehe sie mich kriegen.
    Bitte, mach, dass sie eine Keule oder ihre Fäuste nehmen.
    Aber kein Messer.
    Kein aufgeschlitztes Fleisch.
    Natürlich würde es sofort allgemein die Runde machen, dass Boggs zu den Wärtern gerannt war. Und dann würden alle, sogar die Wärter selbst, ihn bei jeder Gelegenheit fertig machen. Denn wenn du die Nerven verlierst, dann hast du keine Chance mehr da drin. Es bedeutet, dass du sterben wirst, und es geht nur noch darum, wie lange es dauert, bis man deinem Körper deine hasenfüßige Seele entrissen hat.
    »Scheiße, Mann«, rief eine andere, vor Anstrengung schwer keuchende Stimme. »Schnappt ihn euch.«
    »Hast du das Glas?«, fragte einer.
    Es war nur geflüstert, aber Boggs hörte es. Glas. Ascipios Freund meinte damit ein Messer aus Glas, die beliebteste Waffe im Gefängnis, da man sie mit Klebeband umwickeln, sie im Körper verstecken, durch den Metalldetektor gehen und sie sich in die Hand scheißen konnte, ohne dass ein Wärter je etwas davon mitkriegte.
    »Gib auf, Mann. Wir schlitzen dich so oder so auf. Her mit deinem Blut …«
    Boggs, dürr, aber nicht gut in Form, rannte wie ein Weltrekordler, aber er merkte, dass er es nicht schaffen würde. Die Wärter waren auf Station sieben – ein Raum, der die Gemeinschaftsräume von den Zellen trennte. Die Fenster waren vier Zentimeter dick, und man konnte direkt vor der Scheibe stehen und mit blutigen Händen gegen das Glas trommeln, und wenn der Wärter dahinter nicht zufällig aufblickte und den aufgeschlitzten Häftling sah, würde er nichts davon mitkriegen und sich weiter an seiner New York Post und seiner Pizza erfreuen. Er würde nie mitkriegen, dass einen halben Meter hinter ihm ein Mensch verblutete.
    Boggs sah die Wärter hinter dem Panzerglas. Sie konzentrierten sich ganz auf eine wichtige Folge von St. Elsewhere, die auf einem kleinen Fernseher lief.
    Boggs rannte, so schnell er konnte. »Hilfe, Hilfe«, schrie er.
    Weiter, weiter, weiter!
    Okay, er würde sich umdrehen, sich Ascipio und seinen Kumpanen stellen. Mit seinem langen Kopf auf den nächsten losgehen. Ihm die Nase brechen, versuchen, sich das Messer zu schnappen. Vielleicht würden die Wärter dann etwas merken.
    Eine Werbeeinblendung. Die Wärter zeigten mit dem Finger hin und lachten. Ein bulliger Basketballspieler sagte etwas. Boggs raste direkt auf ihn zu.
    Wieso machten Ascipio und seine Kumpane das, fragte er sich. Wieso? Nur weil er weiß war? Weil er nicht beim Bodybuilding mitmachte? Weil er nicht wie die zehn anderen Häftlinge einen angespitzten Besenstiel genommen und mitgeholfen hatte, Langfinger-Rano abzumurksen?
    Dreieinhalb Meter bis zur Wachstation …
    Eine Hand packte ihn von hinten am Kragen.
    »Nein!«, schrie Randy Boggs.
    Und er spürte, wie er unter der Attacke zu Boden ging.
    Er sah: die Figuren aus der Krankenhausserie, die im Fernseher ernst um eine Leiche auf dem Operationstisch herumstanden.
    Er

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