Hard Rock Vampir
mich – und ich lernte. Geduld ist die Kunst zu hoffen. Und die Hoffnung durfte ich nicht verlieren. Schließlich wollte ich Eva noch einmal, nur einmal, einen Kuss geben, na ja, vielleicht auch etwa mehr, aber ein Kuss musste es schon sein.
7
Mein nächster Besucher war ein Werwolf.
Über einen Lautsprecher erhielt ich Instruktionen. »Verehrter Mr Morgus. Dieser Gestaltwandler ist das Ergebnis jahrelanger Forschungen. Er wurde genetisch erzeugt.«
War das Evas Stimme? Schwer zu sagen. Las sie den Text ab? Verdammt, sie ging mir nicht aus dem Kopf. Hierzu muss man wissen, dass ich mit Blut gesättigt war und dies eine ähnliche Wirkung auf mich hatte, wie eine Doppelration Viagra auf einen Fünfzigjährigen.
»Sie haben es mit einem hochtrainierten Soldaten einer Eliteeinheit zu tun, der in der Lage ist, seine Gestalt zu wandeln. Sein Name ist Jake.« Genau das hätten sie lassen sollen, denn ich hasste es, die Namen meiner Opfer zu kennen. Das machte die Sache so persönlich. Und in dieser Hinsicht hatte ich wirklich die Schnauze voll. C’est la vie, Tom!
»Wir informieren Sie, damit Sie sich auf eine Vielzahl Kampftechniken vorbereiten können. Ihre Aufgabe ist es, Ihren Gegner kampfunfähig zu machen. Es ist Ihnen streng verboten, Jake zu töten. Also töten Sie Jake auf keinen Fall!«
Na super, jetzt war ich der Protagonist in einem Videospiel oder in Gladiator Part Two, Director‘s Cut . Man fütterte mich fett und präsentierte mir einen Gegner, der sogar einem Vampir gefährlich werden konnte, vor allen Dingen auf so engem Raum. Ich würde aufpassen müssen, mir an dem gemauerten Tisch nicht die Knochen zu brechen. Na ja, wenn alles schief ging, konnte man die Aufnahmen an Hollywood verkaufen, und die Kinobesucher würden über die grandiosen CGI-Effekte staunen, in 3-D selbstverständlich.
Ich hatte definitiv schlechte Laune.
Und die besserte sich auch nicht, als sich eine Klappe in die Höhe schob und aus dem schwarzen Umfeld eine Gestalt in den Käfig robbte, die eindeutig ein Mensch war. Ein hünenhafter Soldat, splitternackt. Ganz schön mutig, der Kleine. Der Mann, Jake, starrte mich an und seine Wangenmuskeln zuckten. Er schien weniger zu denken, als seine Chancen abzuschätzen. Vermutlich lachte er sich innerlich kaputt, als er mich sah. Einsneunzig, hager, halb nackt, Typ Rockmusiker, der zu viele Groupies flachgelegt und zu viele Whiskyflaschen geköpft hat.
Es wurde Zeit, etwas Präsenz zu zeigen.
Ich erspare uns jetzt das ewige Zähne und Krallen raus und Knochenknacken und Veränderung. Ich wurde zum Vampir.
Und Jake wurde zum Werwolf, zumindest sah er so aus. Was er wirklich war, würde ich bald wissen. Er veränderte seine Gestalt und George Romero hätte seine wahre Freude daran gehabt. Seine Schultern platzten regelrecht auseinander, Knochensplitter formierten sich neu, Haut riss und Muskeln, zuckend und feucht, schlangen sich umeinander und fügten sich in eine neue Struktur. Dabei grölte der Mann, als leide er grausame Schmerzen, was vermutlich auch so war. Er fiel vornüber und seine Armknochen brachen, fügten sich neu, Haut rollte ab und mit rasender Geschwindigkeit wuchs ihm ein schwarzes Fell. Die Wirbelsäule streckte sich und für einen winzigen Moment lagen seine Innereien frei, was mir sein Schmerzgestöhn erklärte. Liebe Güte, diese arme Kreatur zerriss regelrecht und setzte sich zu etwas komplett anderem zusammen. Das Gesicht zog sich in die Länge, jedoch anders als bei mir, wo hauptsächlich Sehnen dafür zuständig waren; ihm sprangen Knochen aus der Haut wie mahnende Finger, Fleisch spritzte, Blut lief, und über den runderneuerten Schädel zog sich ein Fellbezug wie über Mamas Kissen.
Warum mutete man mir diesen theatralischen Auftritt zu? Wollte man mir zeigen, zu was man in der Lage war? Schockiert war ich nicht, dafür hatte ich in meinem Leben zu viel gesehen, zu viel Gewalt, zu viel Krieg.
Trotzdem tat mir Jake leid, schließlich stand zu vermuten, dass dieser Mann genauso wenig freiwillig den bösen Wolf spielte wie ich Draculas Sohn.
Die Metamorphose war beendet. Erstaunlicherweise gab es keine Überreste. Alles, was geplatzt, gerissen oder zerbrochen war, hatte seine neue Form gefunden und schien bestens zu funktionieren, denn der Wolf atmete pure Kraft. Seine roten Augen starrten mich an und von seinen Lefzen tropfte Sabber. Ich ahnte, dass er auch auf zwei Beinen sicher wäre, und wartete darauf, dass er sich aufrichtete. Ich beobachtete das
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