Harka der Sohn des Haeuptlings
allein. Wenn die Büffel schon dahinstürmen, kann es nicht einmal eine ganze Jägerschar. Die Büffel sind dann blind, taub und toll.«
»Ich weiß.«
»Aber wie kann das ungeheuere Geheimnis der weißen Männer uns Büffel schicken und zu dem Zauber eines roten Mannes gehören? Wollte es uns Nahrung geben oder unsere Zelte zerstören?«
»Ich weiß es nicht.«
»So vermagst auch du meine Frage sowenig wie die anderen zu beantworten.«
»Ich vermag es nicht, das ist wahr.«
Das Gespräch war beendet. Aber Harka blieb die Nacht hindurch bei Tschetan und dem Toten, und erst als der Morgen graute, ging er müde in sein Zelt, wickelte sich in die Decke und schlief ein. Als er nach einigen Stunden erwachte, bemalte er sein Gesicht mit jenen Farben und Zeichen, die bedeuteten, daß er nicht angesprochen werden wollte. Die Jungen Hunde hielten sich fern. Harka aber stieg wieder hinauf auf die Anhöhe zu dem Toten, und während vor dem Tipi noch immer die Klagegesänge erschallten, schaute er in die Weite, als ob er etwas suche.
Großer Zauber, was bist du in Wahrheit, und von wo kommst du her?
Pferderennen
Hawandschita, der Geheimnismann, hatte den Angehörigen der Bärenbande verboten, nach ihm zu suchen. Gleich, ob er den Zelten zeitig folge oder ob er Tage, Wochen, Monate fernbliebe, niemand sollte Ausschau nach ihm halten, so hatte er gesagt. Die Bärenbande gehorchte dem Willen des Zauberers. Selbst die Späher wagten kaum, nach den Richtungen hin zu kundschaften, aus denen der heimkehrende Hawandschita erwartet werden konnte.
Es machte sich auch keiner ernstlich Sorgen um ihn. Was immer gesagt oder gedacht werden mochte, die Bärenbande hatte Antilopen und Büffel gefunden, die Zelte waren reichlich versorgt und blieben vom Feinde unbehelligt. Wie die Späher meldeten, hatte sich das große Kriegslager der Pani wieder aufgelöst, und die einzelnen Truppen waren zu ihren Zeltdörfern zurückgekehrt.
Bei den Tipi am Pferdebach war man auch ohne Krieg und große Jagd von früh bis spät beschäftigt. Die Frauen und Mädchen, alt und jung hatten das Büffelfleisch sortiert und zurechtgeschnitten. Sie vergruben große, in Leder eingeschlagene Fleischpakete in die Erde, um das Fleisch kühl und frisch zu halten. Sie schnitten Fleischstreifen und hängten sie an getrockneten Büffeldärmen, die wie Wäscheleinen ausgespannt waren, zum Trocknen auf. Sie spannten die frischen Häute, schabten die Fleischreste davon ab und bereiteten sie zum Gerben zu.
Die alten Männer und die Knaben schnitzten aus den Knochen Pfeilspitzen und Speerspitzen, aus Horn wurden Löffel gemacht. Einige Krieger erneuerten ihre Bogensehnen aus den neugewonnenen Büffelsehnen. Vor dem Zelt Mattotaupas waren Untschida, Scheschoka, Uinonah, Harka und Harpstennah mit dergleichen Arbeiten beschäftigt. Sie hörten dabei die Gesänge und sahen die Tänze der jungen Krieger auf dem von den Füßen der Tanzenden bereits festgestampften Platz vor dem großen Beratungszelt.
Staub und Sand, von den Büffeln und Jägern aufgewirbelt, hatten sich längst gelegt. Das zerstörte Gehölz begann sich zu erholen. Geknickte, aber nicht gebrochene Bäumchen reckten sich wieder, Gesträuch richtete sich auf, und auf der Wiese sprossen neue Gräser, neue Blumen. Das Leben ging weiter. Des Abends duftete es in den Zelten nach Büffelfleischbrühe und röstenden Büffellenden. Die Männer, Frauen und Kinder aßen sich alle Tage satt und sahen nicht mehr abgemagert aus. Dick wurde allerdings keiner der Dakota, denn das Büffelfleisch hatte im Frühjahr kein Fett an sich, und die eine Mahlzeit, die die Männer am Tage zu sich nahmen, oder die zwei Mahlzeiten der Frauen und Kinder reichten aus, um große, schlanke, wohlgebildete Körper zu erhalten, aber nicht, um sie zu runden.
Nachdem die wichtigsten Arbeiten zur Verwertung der großen Jagdbeute geleistet waren, blieb den Jungen der ganze Tag für Sport, Spiel und Kleintierjagd. Harka holte die Jungen Hunde zu Wettlauf und Pferderennen, Übungen im Schießen mit Pfeil und Bogen, im Handhaben der Keule und im Messerwerfen. Die Jungen beschlichen und überraschten sich gegenseitig. Abends saßen sie im Zelt bei Vätern und großen Brüdern und hörten die Jagdund Kriegsgeschichten, die spannend waren und aus denen sie lernen konnten. Sie lauschten auch auf die uralten Sagen von der Ahne der Bärenbande, der »Großen Bärin«, deren Sohn ein Mensch gewesen sein sollte. Wenn es schon düster war
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