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Harka der Sohn des Haeuptlings

Harka der Sohn des Haeuptlings

Titel: Harka der Sohn des Haeuptlings Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Liselotte Welskopf-Henrich
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weißen Männer einen Weg für das Ungeheuer vor, von dem sich die weißen Männer mit der Geschwindigkeit des Sturmes über Land fahren lassen wollten, damit sie nicht mehr zu reiten brauchten. Die Männer, die den Weg bauen wollten, hatten Büffel geschossen und von dem Fleisch den verbündeten Pani gegeben, damit diese die Vorbereitung des Wegebaues nicht störten. Die Scharen der weißen Männer und ihre Mazzawaken flößten den Büffeln Angst ein. Die Herden blieben im Süden und wagten nicht, ihre Wanderung nach dem Norden fortzusetzen. So war die Lage, als die Bärenbande flußabwärts am North-Platte hungerte und Fremde Muschel bei den Pani gefangen war. Dann zog Hawandschita mit dem goldenen Zauberkorn zu den Pani – so vermutete Harka – und verlangte einen hohen Preis dafür. Fremde Muschel mußte freigelassen werden, und die Pani mußten die weißen Männer überreden, die Büffelherden, von denen sie nun schon genug Fleisch gemacht hatten, mit Geschrei und knallenden Mazzawaken nach Norden zu jagen. Als das gelungen war, kehrte Hawandschita als der große Zaubermann heim. Das böse Zauberkorn aber war jetzt unterwegs!
    So schien sich alles zusammenzureimen, und Harka wurde von einer jähen Erregung über den großen Betrug gefaßt, aber auch von Furcht vor Hawandschita, der mit überlegener Schlauheit gehandelt hatte.
    Als Harka sich morgens erhob, schlenderte er um das Zauberzelt herum und betrachtete mit steigender Erbitterung das Mazzawaken, das er hatte opfern müssen. Alles brachte der alte Geier in seine Gewalt, alles, und er wurde jetzt im Dorf verehrt wie das Große Geheimnis selbst.
    Harka erschrak. Oberhalb des Mazzawaken pendelte in einem feinen Netzsäckchen an der Trophäenstange des Zauberers das Goldkorn. Also hatte Harka falsch kombiniert? Aber wie war alles zustande gekommen? Und warum hing der alte Hawandschita das Zauberkorn nun an die Stange, allen sichtbar, sichtbar auch für Mattotaupa, der es zornig in den Fluß geworfen hatte?
    Harka lief ins väterliche Zelt, um dem Häuptling hiervon sofort zu berichten.
    »Es ist unmöglich«, sagte Mattotaupa und wurde bleich unter seiner Bronzehaut.
    »Es ist so, Vater.«
    »Gehen wir, um dies zu sehen.«
    Als Harka mit dem Vater zum Zauberzelt kam, hing kein Zauberkorn mehr an der Trophäenstange, und kein Netzsäckchen war mehr zu sehen.
    »Du hast geträumt, Harka«, sagte Mattotaupa erleichtert. »Der Zauber narrt dich.«
    Harka strich sich über die Augen. Er konnte doch sehen! Er träumte nicht am hellen Morgen. War er denn von Geistern besessen? Oder war der alte Zauberer ihm und seiner gefährlichen Wißbegier auf der Spur und narrte ihn?
    Harka hatte ein Gefühl wie ein Mensch, der auf Sumpfboden geraten ist und gewärtig sein muß, daß er plötzlich versinkt. Er mußte jetzt vorsichtig tasten, vorsichtig bei jedem Schritt.
    Der Junge wußte nicht, ob Schwarzhaut Kraushaar vielleicht etwas von seinem kurzen Gespräch mit Mattotaupa über das Zauberkorn mit angehört hatte. Kraushaar war an diesem Morgen sehr früh in das Häuptlingszelt gekommen, um Harpstennah und Harka abzuholen. Harpstennah hatte noch geschlafen, ebenso wie die Frauen und Schonka, und Kraushaar war also der einzige, der möglicherweise etwas gehört hatte.
    Jedenfalls holte Kraushaar Harka gegen Abend vom Zeltdorf weg. Er wollte mit dem Büffelpfeilversender ziellos in die Prärie hinein galoppieren und dann die eigene Spur zurückverfolgen, um das Lesen von Fährten zu üben. Harka war dazu bereit, und da ihm der Galopp über das weite Land und der Wind, der ihm kühl um den Kopf wehte, wohltaten, dehnte er den Ritt weit aus. Für Kraushaar würde es sicher schwer sein, auch in der anbrechenden Nacht noch die Fährte zurückzufinden, aber für Steinhart Nachtauge war das kein Kunststück, und er wollte Kraushaar vorführen, was ein Dakotajunge alles konnte.
    Schwarzhaut Kraushaar schien es nicht zu stören, daß es dunkel wurde. Als Harka endlich anhielt, jaulten die Wölfe schon den Mond an, und die halbwilden Hunde beim Dorf jaulten mit der gleichen Klage und Sehnsucht.
    Kraushaar sprang ab, hobbelte sein Pferd sachgemäß an und setzte sich auf einen Hügel ins Gras.
    »Da sieh an«, sagte Harka. »Faul wie ein Bär in der Sonne. Es ist aber Nacht.«
    »Ich habe das auch bemerkt, Büffelpfeilversender! Es ist Nacht. Hast du denn Angst?«
    »Frage nicht so dumm. Was hast du vor?«
    »Ich muß etwas mit dir besprechen.«
    »Tu das.« Harka war

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