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Harka der Sohn des Haeuptlings

Harka der Sohn des Haeuptlings

Titel: Harka der Sohn des Haeuptlings Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Liselotte Welskopf-Henrich
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Büffelkadaver witterte. Ihr wißt, einige alte zähe Büffel, die erlegt waren, haben wir unseren Hunden und den Wölfen zum Fraß liegengelassen. Ich war der Bär und lief eilends dorthin, um auch zu fressen. Ich Bär fand auch drei Büffelkälber, die ich anfallen konnte. Die Wölfe liefen weg, weil sie mich fürchteten. Die Kälber waren zart und schmeckten gut. Niemand störte mich. Als ich satt war, wandte ich mich wieder nordwärts, um in die Pferde- und Fohlenherde der Bärenbande einzubrechen. Da trat mir ein gewaltiger Krieger mit dem Speer entgegen und tötete mich. Was bedeutet dieser Traum für uns?«
    Die Krieger im Kreis hatten alle aufmerksam zugehört. Jetzt erhob sich einer nach dem anderen, um mit bedächtigen Worten seine Meinung abzugeben.
    »Träume kann nur Hawandschita, der Geheimnismann, deuten«, sprach der erste, Alter Rabe mit Namen, »warten wir, bis er zurückkehrt.«
    »Nein«, widersprach der zweite, der Tschotanka – Flöte – genannt wurde. »Dieser Rat ist schlecht. Die Geister haben uns den Traum geschickt, damit wir nicht ratlos sind in der Zeit, in der Hawandschita in der Ferne weilt. Laßt uns beraten, was der Traum bedeutet!«
    »Es mag wahr sein«, sagte ein dritter, »daß der Bär zu den Büffelkadavern gelaufen ist. Ja, das glaube ich.«
    »So ist es«, stimmte der vierte zu. »Zu den Büffelkadavern, wo ihn noch keiner unserer Krieger gesucht hat. Waren wir nicht mit Blindheit geschlagen? Der Traum aber hat unsere Augen geöffnet.«
    »Hau, hau!« ertönte es rings im Beratungskreis.
    Der Bruder Mattotaupas nahm wieder das Wort. »Dann aber frage ich auch, Männer, wer unter uns ist der große Krieger, der den Bären tötet, ehe er unsere Mustangs wieder anfällt und vielleicht eines Tages unsere spielenden Kinder zerreißt?« Die Frage stieß auf ein langes, betretenes Schweigen.
    »Mattotaupa ist fern«, sagte endlich der Alte Rabe.
    »Im Süden könnten wir auf die Pani stoßen und auf feindliche weiße Männer«, bedachte Tschotanka.
    »Welcher Mann kann allein mit einem Bären kämpfen?« fragte der dritte. »Vielleicht war es ein Trugtraum.«
    Der stellvertretende Häuptling hörte diese Reden mit Unwillen. »Welcher Mann unter uns kann mit einem Bären kämpfen, während Mattotaupa fern ist?« fragte er scharf. »Nun, der Mann kann es, ihr Krieger, dem die Geister diesen Traum gesandt haben! Ich, der Bruder Mattotaupas, ich werde ausziehen, südwärts, um das Untier zu bezwingen! Ich habe gesprochen, hau! Wer mich begleiten will, der sage es!«
    Die Männer schauten in das Beratungsfeuer, sogen an ihren Pfeifen, überlegten und riefen auch die jungen Männer herbei. Schließlich meldeten sich zwei Krieger, der Alte Rabe und der älteste Sohn von Antilope, meist einfach »Antilopensohn« genannt. Die anderen Männer stimmten schweigend zu, daß diese beiden mit Gefiederter Pfeil, dem Bruder Mattotaupas, ausziehen sollten, um den großen Grauen zu suchen und zu töten, ehe er das Dorf wieder in Gefahr brachte.
    So wurde im Zelt ein letztes Mal angerichtet, der Proviant gepackt, und der Bruder Mattotaupas zog mit seinen beiden Begleitern aus, wohl ausgerüstet mit dem Speer und dem Köcher, gespickt voll Pfeilen, mit der elastischen Steinkeule und dem langen spitzen zweischneidigen Messer.
    Die Jungen begleiteten die Ausziehenden zu Pferde ein Stück und sprengten dann wieder zum Dorf. In jedem Gemüt wühlte eine leise Unruhe. War der Traum richtig gedeutet? Würden die Ausziehenden lebend zurückkehren?
    Als Harka sein Tier zu den Zelten brachte, fand er den Maler auf dem Dorfplatz, wie er das Tipi des Häuptlings zeichnete. Die Feuerwaffe lag friedlich im Zelt. Harka faßte erst den Kolben an, überzeugte sich dann, daß die Flinte nicht geladen war, und legte an. Das schien ihm gewiß – wenn er der Besitzer dieses Mazzawaken gewesen wäre, würde er der Bärenjagd nicht ferngeblieben sein. Eine Waffe war immer nur soviel wert wie der Mann, der sie führte!
    Harka verließ das Zelt wieder und begab sich mit den Jungen Hunden auf freiwilligen Spähdienst. Sie wollten Ausschau halten, ob Mattotaupa selbst mit seiner Jagdschar noch immer nicht zurückkehrte.
    Gegen Mittag entdeckten sie einen kleinen Zug, der sich durch die Prärie bewegte. Er kam von Norden, und es war nicht Mattotaupa, der wieder zu seinen Zelten kam. Hawandschita kehrte heim! Tschetan war bei ihm. Der Zaubermann hatte diesmal nur drei Pferde mit sich gehabt, das ledige führte Tschetan. Harka

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