Harry Bosch 03 - Die Frau im Beton
Knie.«
Bosch spannte ihn einige Momente auf die Folter und überlegte sich, wie er vorgehen sollte.
»Nun«, sagte er, »laß mich erst mal zu den Anfängen kommen. Vor vier Jahren schwirrtest du ständig beim Puppenmacher-Fall herum. Als Reporter. Von Anfang an. Aufgrund deiner Artikel über die ersten Morde rief die Polizei eine Fahndungsgruppe ins Leben. Als Reporter hattest du Zugang zu den gesammelten Beweisen, und wahrscheinlich kanntest du auch die Autopsieberichte. Du bekamst Informationen von mir und noch von anderen auf der Fahndungsgruppe sowie von Angestellten der Gerichtsmedizin. Du wußtest also, was der Puppenmacher tat. Jedes Detail, einschließlich des Zehennagels. Nachdem der Puppenmacher tot war, hast du es in deinem Buch verwendet.«
»Ja, ich wußte davon. Aber das bedeutet nichts, Bosch. Viele Leute hatten diese Informationen.«
»Ach, du nennst mich jetzt Bosch und nicht mehr Harry? Verachtest du mich? Oder meinst du, mit der Waffe in der Hand bist du mir überlegen?«
»Fuck you, Bosch. Du bist ein Idiot. Du hast nichts. Was hast du noch? Weißt du, das hier ist großartig. Es ist ein Kapitel für sich wert in dem Buch über den Jünger, das ich schreibe.«
»Was habe ich noch? Ich habe die Beton-Blondine. Und ich habe den Beton. Wußtest du, daß deine Zigaretten mit hineinfielen, als du den Beton gegossen hast? Vielleicht erinnerst du dich. Du fuhrst mit dem Auto nach Hause und wolltest eine Zigarette. Als du jedoch in die Tasche griffst, war sie leer.«
»Viele Leute rauchen sie. Viel Glück damit beim Staatsanwalt.«
»Viele Leute sind auch Linkshänder wie du und der Jünger. Und wie ich. Aber es gibt noch mehr. Willst du’s hören?«
Bremmer schaute weg, zum Fenster, und sagte nichts. Vielleicht war es ein Trick, dachte Bosch, damit ich nach der Waffe greife.
»He, Bremmer!« schrie er fast. »Es gibt mehr.«
Bremmer zuckte zusammen und starrte Bosch wieder an.
»Nach dem Urteil heute, hast du mir gesagt, ich soll glücklich sein, weil es die Stadt nur um zwei Dollar erleichtern würde. Aber als wir vor ein paar Tagen einen Drink zusammen hatten, hast du mir groß und breit erklärt, wie Chandler der Stadt hunderttausend in Rechnung stellen könnte, selbst wenn die Jury der Klägerpartei nur einen Dollar zuerkennen würde. Erinnerst du dich? Das läßt mich darauf schließen, daß dir heute morgen, als du die zwei Dollar erwähntest, schon bekannt war, daß es nur zwei Dollar kosten würde, weil du wußtest, daß Chandler tot war und nicht mehr kassieren konnte. Du wußtest es, weil du sie getötet hast. Fehler Nummer zwei.«
Bremmer schüttelte den Kopf, als hätte er es mit einem Kind zu tun. Der Lauf der Waffe senkte sich und zielte auf Bosch’ Bauch.
»Hör zu, ich wollte dich nur aufmuntern, als ich das heute sagte, okay? Ich wußte nicht, ob sie tot oder lebendig war. Keine Jury wird dir deine Hypothese abkaufen.«
Bosch lächelte ihn mit leuchtenden Augen an.
»Wenigstens hast du den Fall von der Staatsanwaltschaft an ein Geschworenengericht weitergereicht. Meine Story wird anscheinend besser, oder?«
Bremmer lächelte kühl zurück und hob die Waffe.
»Das war’s, Bosch? Ist das alles, was du hast?«
»Ich habe mir das Beste für zuletzt aufgehoben.«
Er steckte sich eine Zigarette an, ohne den Blick von Bremmer abzuwenden.
»Erinnerst du dich, wie du Chandler gefoltert hast, bevor du sie umgebracht hast? Du mußt dich daran erinnern. Du hast sie gebissen und ihr mit einer Zigarette Brandwunden zugefügt. Alle standen herum und kratzten sich am Kopf, warum der Jünger seine Methode änderte, neue Sachen anfing – die Form änderte. Locke, der Psychologe, war am meisten verdutzt. Du hast ihm ins Hirn gefickt, Mann. Das gefällt mir irgendwie an dir, Bremmer. Allerdings wußte er nicht, was ich wußte.« Er ließ den Satz im Raum hängen. Bremmer würde anbeißen. »Und was wußtest du, Sherlock?«
Bosch lächelte. Er hatte das Gespräch vollkommen unter Kontrolle.
»Ich wußte, warum du ihr das angetan hast. Ganz einfach. Du wolltest deinen Brief zurück, stimmt’s? Aber sie wollte dir nicht sagen, wo er war. Sie wußte nämlich, daß sie sterben würde, ob sie ihn dir gab oder nicht. Also hat sie alles ertragen und es dir nicht gesagt. Die Frau hatte viel Mumm, und sie hat dich letztendlich geschlagen, Bremmer. Sie hat dich geschnappt, nicht ich.«
»Was für ein Brief?« sagte Bremmer nach einer Weile schwach.
»Der, mit dem du alles vermasselt
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