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Harry Bosch 03 - Die Frau im Beton

Harry Bosch 03 - Die Frau im Beton

Titel: Harry Bosch 03 - Die Frau im Beton Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Connelly
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planiert, und dann gibt es einen Parkplatz mehr«, sagte Pounds. »Das ist das einzige, was die Krawalle für die Stadt erreicht haben. Ungefähr tausend neue Parkplätze. Wenn du heutzutage in South Central parken willst, kein Problem. Falls du aber eine Flasche Limonade willst oder Benzin für dein Auto, hast du ein Problem. Sie haben jeden Laden in Flammen aufgehen lassen. Bist du schon mal vor Weihnachten durch den Süden der Stadt gefahren? Auf jedem Block kann man Tannenbäume kaufen – jede Menge leerer Grundstücke dort unten. Ich begreif immer noch nicht, warum diese Menschen ihre eigenen Wohnbezirke in Brand setzen.«
    Bosch wußte, der Umstand, daß so Leute wie Pounds nicht verstanden, warum »diese Menschen« taten, was sie taten, war ein Grund, warum sie es taten und irgendwann wieder tun würden. Es war eine Art Zyklus. Alle fünfundzwanzig Jahre wurde die Seele der Stadt von der Realität angesengt. Aber dann fuhr sie weiter. Schnell, ohne sich umzusehen, flüchtete man vom Unfallort.
    Plötzlich fiel Pounds hin, nachdem er auf losem Schutt ausgerutscht war. Er fing seinen Fall mit den Händen ab und sprang schnell wieder auf. Es war ihm peinlich.
    »Verdammt!« murmele er, und obwohl Bosch nicht gefragt hatte, fügte er hinzu. »Ich bin okay, ich bin okay.«
    Mit der Hand schob er eilig die Haarsträhnen wieder nach oben, die von seinem halbkahlen Schädel gerutscht waren. Er merkte nicht, daß er sich dabei mit der Hand schwarze Striemen über die Stirn zog, und Bosch wies ihn nicht darauf hin.
    Endlich hatten sie sich ihren Weg zu der Gruppe gebahnt. Bosch ging sofort zu seinem ehemaligen Partner Jerry Edgar, der mit einigen Leuten zusammenstand, die Harry kannte, und zwei Frauen, die ihm unbekannt waren. Die Frauen trugen grüne Overalls, die Uniform der Leichenträger von der Gerichtsmedizin. Sie verdienten den Minimallohn und wurden von einem Tatort zum anderen geschickt, um die Leichen abzuholen und ins Kühlhaus zu bringen.
    »Wo stehste, Harry?« sagte Edgar.
    »Genau hier.«
    Edgar war gerade vom Blues Festival in New Orleans zurückgekommen und hatte dort diesen Gruß aufgeschnappt. Er verwandte ihn so oft, daß es einem allmählich auf die Nerven ging. Edgar war der einzige auf dem Revier, der das noch nicht gemerkt hatte.
    Edgar stach aus der Gruppe hervor. Er trug keinen Overall wie Bosch – er trug nie einen, weil seine feinen Anzüge Falten bekommen könnten –, hatte es jedoch irgendwie geschafft, zum Fundort zu gelangen, ohne auch nur ein Staubkorn auf die Hosenaufschläge seines grauen Doppelreihers zu bekommen. Der Immobilienmarkt – Edgars ehemals lukrativer Nebenjob – war seit drei Jahren total im Eimer, aber er war immer noch der eleganteste Cop in Hollywood. Bosch sah sich Edgars blaßblaue Seidenkrawatte an, die unter der Kehle des schwarzen Detectives straff geknotet war, und schätzte, daß sie wohl mehr gekostet hatte als sein Hemd und seine Krawatte zusammen.
    Bosch sah hinüber und nickte Art Donovan zu, dem Technischen Assistenten von der Spurensicherung, sagte aber nichts zu den anderen. Er hielt sich ans Protokoll. Wie bei jedem Mord gab es am Tatort ein kompliziertes und inzestuöses Kastensystem. Die Detectives sprachen meist nur miteinander oder mit den kriminalwissenschaftlichen Assistenten. Die Bullen sagten nichts, außer sie wurden angesprochen. Die Leichenträger, die den untersten Rang einnahmen, sprachen nur mit den MTAs von der Gerichtsmedizin. Die MTAs wechselten nur wenige Worte mit den Cops. Sie verachteten sie. Ihrer Ansicht nach waren sie nervtötend, weil sie ständig um etwas bettelten, eine Autopsie, ein toxikologischer Test – und alles spätestens bis gestern.
    Bosch sah hinunter in den Graben, an dem sie standen. Die Arbeiter waren mit den Preßlufthämmern durch die Betonplatte gedrungen und hatten ein Loch gegraben, das zweieinhalb Meter lang und mehr als einen Meter tief war. Von dort hatten sie seitlich das Betonfundament ausgehöhlt, das sich von der Betonplatte aus einen Meter nach unten erstreckte. Im Fundament befand sich eine Öffnung. Bosch hockte sich nieder und sah, daß sie die Form einer Frauenleiche hatte. Als ob es eine Form wäre, in die man Gips gießen könnte, um einen Abguß zu machen – vielleicht, um eine Schaufensterpuppe herzustellen. Aber sie war leer.
    »Wo ist die Leiche?« fragte Bosch.
    »Was noch da war, haben sie rausgenommen«, sagte Edgar. »Es ist im Sack im Transporter. Wir überlegen gerade, wie wir den

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