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Harry Bosch 03 - Die Frau im Beton

Harry Bosch 03 - Die Frau im Beton

Titel: Harry Bosch 03 - Die Frau im Beton Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Connelly
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gemeldet wurde. Der bestand nur aus Knochen. Natürlich gibt es da draußen Tiere. Du weißt, sie graben sich durchs Arschloch rein, dort ist es am weichsten, und die Tiere …«
    »Ich weiß, Sakai. Bleiben wir bei der hier.«
    »Okay, also bei dieser Frau hat der Beton anscheinend den Prozeß verlangsamt. Nicht aufgehalten, aber verlangsamt. Es war wie eine luftdichte Gruft.«
    »Könnt ihr feststellen, wie lang sie schon tot ist?«
    »Wahrscheinlich nicht anhand der Leiche. Wir finden heraus, wer sie war, und dann müßt ihr ermitteln, seit wann sie vermißt wird. So wird es wohl laufen.«
    Bosch sah sich die Finger an. Sie ähnelten dunklen Stäbchen, fast so dünn wie Bleistifte.
    »Wie steht’s mit Fingerabdrücken?«
    »Werden wir kriegen, aber nicht von denen da.«
    Bosch blickte auf und sah Sakai lächeln.
    »Was? Sie hat welche im Beton zurückgelassen?«
    Sakais besserwisserisches Lächeln platzte wie ein Luftballon. Bosch hatte ihm die Pointe ruiniert.
    »Genau. Man könnte sagen, sie hat Eindruck gemacht. Wir werden Abdrücke sicherstellen und eventuell ihre Totenmaske, falls wir den Rest des Betonklotzes herausbekommen. Die Person, die den Beton gemischt hat, hat zuviel Wasser verwendet. Dadurch wurde die Masse sehr fein. Glück für uns. So kriegen wir Fingerabdrücke.«
    Bosch beugte sich über die Bahre, um den Lederstreifen zu untersuchen, der um den Hals der Leiche geknotet war. Das Leder war dünn und schwarz, und Bosch entdeckte die Herstellungsnaht am Rand. Es war der Riemen einer Handtasche – wie die anderen vorher. Als er sich tiefer beugte, stach ihm der Geruch des Kadavers in die Nase. Der Umfang den Lederriemens am Hals war gering und entsprach ungefähr dem einer Weinflasche. Eng genug, um tödlich zu sein. Er sah, wo der Knoten in die jetzt dunkle Haut geschnitten und die Luft zum Leben abgewürgt hatte. Es war ein Schlingenknoten, der auf der rechten Seite mit der linken Hand zusammengezogen worden war. Wie bei den anderen. Church war Linkshänder gewesen.
    Eine Sache war noch zu überprüfen. Die Signatur hatten sie es genannt.
    »Keine Kleidung? Schuhe?«
    »Nichts – wie bei den anderen. Erinnerst du dich?«
    »Öffne den Sack ganz. Ich will den Rest sehen.« Sakai zog den Reißverschluß vollständig nach unten. Bosch war sich nicht sicher, ob Sakai von der Signatur wußte, wollte es aber nicht erwähnen. Er beugte sich über die Leiche, sah nach unten und tat so, als ob er alles genau studieren würde, obwohl er eigentlich nur an den Zehennägeln interessiert war. Die Zehen waren verschrumpelt, schwarz und hatten Risse. Die Nägel hatten ebenfalls Risse und einige fehlten. An den Zehen, die noch Nägel hatten, konnte Bosch die Farbe erkennen. Hot Pink, das durch die bei der Verwesung entstandenen Flüssigkeiten, durch Staub und Zeit matt geworden war. Auf dem rechten großen Zeh entdeckte er die Signatur – oder das, was noch übrig geblieben war. Ein winziges, weißes Kreuz war sorgfältig auf den Nagel gemalt worden. Das Zeichen des Puppenmachers. Alle Leichen hatten es an dieser Stelle getragen.
    Bosch fühlte sein Herz laut pochen. Er sah sich im Transportwagen um und begann klaustrophobisch zu werden. Die ersten Anzeichen von Paranoia begannen sich in seinem Verstand einzunisten. Sein Gehirn überschlug die Möglichkeiten. Wenn diese Leiche in allen Merkmalen mit den Opfern des Puppenmachers übereinstimmte, dann war Church der Mörder. Falls Church der Mörder dieser Frau war und inzwischen selbst tot, wer hatte dann den Brief am Eingangsschalter des Hollywood-Reviers zurückgelassen?
    Er richtete sich auf und betrachtete zum ersten Mal die Leiche im Ganzen. Nackt, zusammengeschrumpft und vergessen. Gab es andere dort im Beton, die darauf warteten, entdeckt zu werden?
    »Mach zu«, sagte er zu Sakai.
    »Er war’s, nicht wahr? Der Puppenmacher.«
    Bosch antwortete nicht. Er stieg aus dem Wagen und zog den Reißschluß an seinem Overall etwas auf, um frische Luft zu bekommen.
    »He, Bosch«, rief Sakai aus dem Wagen heraus. »Reine Neugier. Wie habt ihr die hier gefunden? Wenn der Puppenmacher tot ist, wer hat euch dann erzählt, wo man suchen muß?«
    Bosch gab auch darauf keine Antwort. Langsam ging er zurück unter die Plane. Es sah so aus, als ob die anderen noch immer nicht geklärt hatten, wie man den Beton, der die Leiche umschlossen hatte, herausholen konnte. Edgar stand herum und bemühte sich, nicht dreckig zu werden. Bosch gab ihm und Pounds ein Zeichen, und sie

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