Harry Dresden 08 - Schuldig
sagte er, „und dass sie Dämonen von jenseits der Realität beschworen und uns innerhalb der Grenzen Faeries angriffen.“
„Blöde Idee. Die Feen werden es ihnen ganz schön heimzahlen.“
„Der Meinung waren wir alle“, antwortete der alte Mann. „Tatsächlich hat der Sommerhof den Roten den Krieg erklärt und auch die ersten Angriffe eingeleitet. Aber der Winter hat nicht reagiert – und auch der Sommerhof tut wenig mehr, als seine eigenen Grenzen zu sichern.“
„Königin Mab hat keine Kriegserklärung ausgesprochen?“
„Nein.“
Ich runzelte die Stirn. „Ich hätte mir nie träumen lassen, dass sie sich diese Chance entgehen lässt. Sie fährt doch total auf Gewaltorgien und Gemetzel ab.“
„Das hat uns auch überrascht“, meinte er. „Deshalb möchte ich dich um einen Gefallen bitten.“
Ich musterte ihn, ohne etwas zu erwidern.
„Finde heraus, wieso“, fuhr er fort. „Du hast Kontakte zu den Feenhöfen. Finde heraus, was vor sich geht. Finde heraus, warum die Sidhe nicht in den Krieg ziehen.“
„Was?“, fragte ich. „Der Ältestenrat weiß das nicht? Habt ihr keine Botschafter und Kontakte auf höchster Ebene und offizielle Kanäle und so? Ein rotes Telefon zum Beispiel?“
Ebenezar lächelte ohne allzu viel Heiterkeit. „Die Turbulenzen, die der Krieg nach sich zog, beanspruchen die Geheimdienstaktivitäten aller Seiten bis ans Limit“, erläuterte er. „Selbst im Bereich des Übernatürlichen. Es gibt in diesem Krieg durch den Konflikt übersinnlicher Abgesandter und Spione aller verwickelter Parteien eine völlig neue Ebene, und unsere Botschafter bei den Sidhe waren …“ Er zog die wettergegerbten, starken Schultern zu einem Achselzucken hoch. „Na ja. Du kennst sie ja so gut wie sonst kaum jemand.“
„Sie waren freundlich, zugänglich, haben sich absolut ehrlich geäußert, und am Ende hattet ihr nicht die geringste Ahnung, was vor sich geht“, schlussfolgerte ich.
„Genau.“
„Also bittet der Ältestenrat mich, Licht in diese Angelegenheit zu bringen?“
Er sah sich erneut um. „Nicht der Ältestenrat. Ich und ein paar andere.“
„Welche anderen?“, wollte ich wissen.
„Leute, denen ich traue“, sagte er und sah mich über den Rand seiner Brille direkt an.
Ich starrte einen Atemzug lang zurück und flüsterte dann: „Der Verräter.“
Die Vampire waren in der ganzen Angelegenheit immer etwas zu weit obenauf gewesen, als dass es sich um reines Glück hatte handeln können. Irgendwie war es ihnen gelungen, an wesentliche Geheimnisse über die Aufstellung der Streitkräfte des Weißen Rates und seine Pläne zu kommen. Irgendjemand im Rat hatte den Vampiren diese Informationen weitergegeben, und das hatte viele Magier das Leben gekostet – vor allem während des schwersten Angriffs des Vorjahrs, bei dem die Vampire die Grenzen der Sidhereiche verletzt hatten, um den fliehenden Rat zu verfolgen. „Du bist der Meinung, der Verräter gehört dem Ältestenrat an.“
„Ich denke, wir können kein Risiko eingehen“, entgegnete er leise. „Das ist eine inoffizielle Angelegenheit. Ich kann dir nicht befehlen, es zu tun. Ich kann verstehen, wenn du es nicht tun willst. Aber es gibt niemand besseren für diese Aufgabe – und unsere Verbündeten können den Druck ihrer jetzigen Operationen nicht lange aufrechterhalten. Ihre beste Waffe war immer schon die Geheimniskrämerei, und ihre Taten haben sie einen gewaltigen Blutzoll gekostet, um uns zu helfen, so gut sie konnten.“
Ich verschränkte die Arme vor dem Bauch und sagte: „Wir müssen ihnen helfen, gar keine Frage. Aber jedes Mal, wenn ich auch nur schief nach Faerie schiele, gerate ich in noch tiefere Schwierigkeiten. Das ist das Letzte, was ich brauche. Wenn ich es tun sollte, wie …“
Ebenezar verlagerte sein Gewicht, und Kies knirschte. Ich blickte auf und sah, wie der Merlin und Morgan aus dem Gebäude kamen, wobei sie flüsternd in ein intensives Gespräch vertieft waren.
„Ich wollte mit dir reden“, sagte Ebenezar, ganz augenscheinlich mit etwaigen Zuhörern im Sinn. „Wollte sichergehen, dass Morgan und die restlichen Wächter dich auch anständig behandeln.“
Ich spielte mit. „Wenn sie überhaupt mit mir reden“, meinte ich. „So ziemlich der einzige weitere Wächter, den ich je zu Gesicht bekomme, ist Ramirez. Korrekter Typ. Ich mag ihn.“
„Das spricht für ihn.“
„Dass die tickende Zeitbombe des Rates etwas Gutes über ihn zu sagen hat?“ Ich wollte abwarten, bis
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