Harry Potter - Gesamtausgabe
nicht überzeugt, dass Snape auf seiner Seite ist, auch jetzt noch? Professor … wie können Sie sicher sein, dass Snape auf unserer Seite ist?«
Dumbledore schwieg für einen Moment; er machte den Eindruck, als versuchte er, einen Entschluss zu fassen. Schließlich sagte er: »Ich bin mir sicher. Ich vertraue Severus Snape vollkommen.«
Harry atmete einige Male tief durch, um sich zu beruhigen. Es wirkte nicht.
»Ich aber nicht!«, sagte er, so laut wie zuvor. »Genau in diesem Moment heckt er zusammen mit Draco Malfoy etwas aus, direkt vor Ihrer Nase, und trotzdem –«
»Darüber haben wir schon gesprochen, Harry«, sagte Dumbledore und klang nun wieder streng. »Ich habe dir meine Meinung mitgeteilt.«
»Sie verlassen heute Abend die Schule, und ich wette, Sie haben nicht einmal bedacht, dass Snape und Malfoy beschließen könnten –«
»Was beschließen könnten?«, fragte Dumbledore mit hochgezogenen Augenbrauen. »Was genau, befürchtest du, könnten sie tun?«
»Ich … die führen was im Schilde!«, sagte Harry und bei diesen Worten ballten sich seine Hände zu Fäusten. »Professor Trelawney war eben im Raum der Wünsche und wollte ihre Sherryflaschen verstecken, und sie hat Malfoy johlen und feiern gehört! Er versucht dort drin irgendetwas Gefährliches zu reparieren, und wenn Sie mich fragen, hat er es jetzt endlich geschafft, und Sie sind drauf und dran, einfach aus der Schule zu spazieren, ohne –«
»Genug«, sagte Dumbledore. Er sagte es ganz ruhig und doch verstummte Harry augenblicklich; er wusste, dass er nun endgültig eine unsichtbare Linie übertreten hatte. »Glaubst du, dass ich während der Zeiten meiner Abwesenheit in diesem Jahr die Schule auch nur ein Mal ungeschützt zurückgelassen habe? Das habe ich nie. Wenn ich heute Nacht gehe, wird erneut ein zusätzlicher Schutz eingerichtet sein. Bitte unterstelle nicht, dass ich die Sicherheit meiner Schüler nicht ernst nehme, Harry.«
»Ich wollte nicht –«, murmelte Harry, ein wenig beschämt, aber Dumbledore unterbrach ihn.
»Ich möchte nicht weiter über dieses Thema sprechen.«
Harry verkniff sich seine Erwiderung, aus Furcht, dass er zu weit gegangen war, dass er sich um die Chance gebracht hatte, Dumbledore zu begleiten, aber Dumbledore fuhr fort: »Willst du heute Nacht mit mir kommen?«
»Ja«, sagte Harry sofort.
»Na schön, dann: Hör zu.«
Dumbledore richtete sich zu seiner vollen Größe auf.
»Ich nehme dich unter einer Bedingung mit: dass du jeden Befehl befolgst, den ich dir womöglich erteile, auf der Stelle und ohne weitere Fragen.«
»Natürlich.«
»Damit wir uns richtig verstehen, Harry. Das heißt, dass du auch Befehle wie ›lauf‹, ›versteck dich‹ oder ›geh zurück‹ befolgen musst. Habe ich dein Wort darauf?«
»Ich – ja, natürlich.«
»Wenn ich dir sage, versteck dich, wirst du gehorchen?«
»Ja.«
»Wenn ich dir sage, flieh, wirst du es tun?«
»Ja.«
»Wenn ich dir sage, verlass mich und bring dich selbst in Sicherheit, wirst du meinen Worten Folge leisten?«
»Ich –«
»Harry?«
Sie sahen sich einen Moment lang an.
»Ja, Sir.«
»Sehr gut. Dann geh bitte und hol deinen Tarnumhang, wir treffen uns in fünf Minuten in der Eingangshalle.«
Dumbledore trat zurück und blickte aus dem flammenden Fenster; die Sonne war jetzt ein grelles rubinrotes Leuchten am Horizont. Harry verließ rasch das Büro und ging die Wendeltreppe hinunter. Sein Kopf war mit einem Mal seltsam klar. Er wusste, was er zu tun hatte.
Ron und Hermine saßen zusammen im Gemeinschaftsraum, als er zurückkam. »Was will Dumbledore?«, fragte Hermine sofort. »Harry, alles okay mit dir?«, fügte sie beklommen hinzu.
»Mir geht’s gut«, sagte Harry knapp und rannte an ihnen vorbei. Er stürmte die Treppe hinauf in den Schlafsaal, wo er seinen Koffer aufriss und die Karte des Rumtreibers und ein Paar verknäulte Socken hervorholte. Dann raste er die Treppe wieder hinunter in den Gemeinschaftsraum zurück und kam rutschend vor Ron und Hermine zum Stehen, die verdutzt dreinblickten.
»Ich hab nicht viel Zeit«, keuchte Harry, »Dumbledore glaubt, dass ich meinen Tarnumhang hole. Hört zu …«
Rasch erzählte er ihnen, wo er hinging und warum. Er ließ sich weder durch Hermines entsetztes Keuchen noch durch Rons hastige Fragen stören; die genauen Einzelheiten konnten sie sich später selbst zusammenreimen.
»… also, versteht ihr, was das bedeutet?«, schloss Harry eilends. »Dumbledore wird heute
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