Harry Potter - Gesamtausgabe
sie ihm schwächer vor.
Das Komische war, dass Hermines Unterstützung ihn genauso durcheinanderbrachte wie Rons Zweifel. Sie war nun gezwungen hinzunehmen, dass der Elderstab tatsächlich existierte, behauptete aber, dass es sich dabei um etwas Böses handle und dass die Art und Weise, wie Voldemort ihn sich verschafft hatte, widerwärtig und völlig indiskutabel sei.
»Das hättest du niemals über dich gebracht, Harry«, sagte sie immer wieder. »Du hättest nicht in Dumbledores Grab eindringen können.«
Aber der Gedanke an Dumbledores Leichnam ängstigte Harry viel weniger als die Möglichkeit, dass er die Absichten des lebenden Dumbledore vielleicht falsch verstanden hatte. Er hatte das Gefühl, nach wie vor im Dunkeln zu tappen; er hatte sich für seinen Weg entschieden, blickte jedoch ständig zurück und fragte sich, ob er die Zeichen falsch gedeutet hatte, ob er nicht die andere Richtung hätte nehmen sollen. Bisweilen erfasste ihn wieder die Wut auf Dumbledore, mächtig wie die Wellen, die unter dem Haus gegen die Klippe schlugen, die Wut darüber, dass Dumbledore vor seinem Tod nicht alles erklärt hatte.
»Aber ist er tot?«, fragte Ron, drei Tage nachdem sie in Shell Cottage angekommen waren. Harry hatte gerade hinausgestarrt, über die Mauer hinweg, die den Garten des Hauses von der Klippe abgrenzte, als Ron und Hermine zu ihm stießen; er wünschte, sie hätten es nicht getan, da er keine Lust verspürte, sich an ihrer Diskussion zu beteiligen.
»Ja, er ist tot, Ron, bitte, fang nicht wieder damit an!«
»Schau dir mal die Tatsachen an, Hermine«, sagte Ron über Harry hinweg, der weiter auf den Horizont starrte. »Die silberne Hirschkuh. Das Schwert. Das Auge, das Harry im Spiegel gesehen hat –«
»Harry gibt zu, dass er sich das Auge eingebildet haben könnte! Nicht wahr, Harry?«
»Könnte sein«, sagte Harry, ohne sie anzusehen.
»Aber das glaubst du nicht wirklich, oder?«, fragte Ron.
»Nein, tu ich nicht«, sagte Harry.
»Na also!«, sagte Ron schnell, ehe Hermine fortfahren konnte. »Wenn es nicht Dumbledore war, dann erklär mir mal, woher Dobby wusste, dass wir in dem Keller waren, Hermine?«
»Was weiß ich – aber kannst du erklären, wie ihn Dumbledore zu uns geschickt hat, wenn er in einem Grab in Hogwarts liegt?«
»Keine Ahnung, vielleicht war es sein Geist!«
»Dumbledore würde nicht als Geist zurückkommen«, sagte Harry. Es gab wenig, dessen er sich bei Dumbledore im Augenblick sicher war, aber so viel wusste er. »Er wäre weitergegangen.«
»Was meinst du mit ›weitergegangen‹?«, fragte Ron, doch ehe Harry noch etwas sagen konnte, ertönte eine Stimme von hinten: »’Arry?«
Fleur war aus dem Haus gekommen, ihr langes silbernes Haar wehte im Wind.
»’Arry, Grip’ook möschte mit dir reden. Er ist im kleinsten Schlafsimmer, er meint, er will nischt belauscht werden.«
Dass der Kobold sie schickte, um Botschaften auszurichten, gefiel ihr offensichtlich nicht; sie sah gereizt aus, als sie um das Haus herum zurückging.
Wie Fleur gesagt hatte, erwartete Griphook sie im kleinsten der drei Schlafzimmer des Hauses, in dem Hermine und Luna übernachteten. Er hatte die roten Baumwollvorhänge vor dem hellen, wolkigen Himmel zugezogen, weshalb im Zimmer ein glutrotes Licht herrschte, das nicht zu dem sonst luftigen und hellen Haus passte.
»Ich habe meine Entscheidung getroffen, Harry Potter«, sagte der Kobold, der mit gekreuzten Beinen auf einem niedrigen Stuhl saß und sich mit spindeldürren Fingern auf die Arme trommelte. »Auch wenn die Kobolde von Gringotts es als gemeinen Verrat betrachten werden, habe ich beschlossen, Ihnen zu helfen –«
»Großartig!«, sagte Harry und eine Woge der Erleichterung überkam ihn. »Griphook, danke, wir sind wirklich –«
»– als Gegenleistung«, sagte der Kobold bestimmt, »mit Bezahlung.«
Harry zögerte, ein wenig überrascht.
»Wie viel wollen Sie? Ich habe Gold.«
»Kein Gold«, sagte Griphook. »Ich besitze Gold.«
Seine schwarzen Augen funkelten; kein Weiß war darin.
»Ich will das Schwert. Das Schwert von Godric Gryffindor.«
Harrys Stimmung war schlagartig auf dem Tiefpunkt.
»Das können Sie nicht bekommen«, sagte er. »Tut mir leid.«
»Dann«, sagte der Kobold leise, »haben wir ein Problem.«
»Wir können Ihnen etwas anderes geben«, sagte Ron eifrig. »Ich wette, die Lestranges haben eine Menge Sachen, da können Sie sich was aussuchen, sobald wir in dem Verlies sind.«
Er hatte das
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