Harry Potter - Gesamtausgabe
Leute, die magische Kräfte zeigten, und brachten sie auf das Schloss, um sie auszubilden. Doch dann kam es zum Streit. Zwischen Slytherin und den andern tat sich eine wachsende Kluft auf. Slytherin wollte die Schüler, die in Hogwarts aufgenommen wurden, strenger auslesen . Er glaubte, das Studium der Zauberei müsse den durch und durch magischen Familien vorbehalten sein. Schüler mit Muggeleltern wollte er nicht aufnehmen, denn sie seien nicht vertrauenswürdig. Nach einiger Zeit kam es darüber zu einem heftigen Streit zwischen Slytherin und Gryffindor, und Slytherin verließ die Schule.«
Wieder machte Professor Binns eine Pause, schürzte die Lippen und sah dabei aus wie eine schrumplige alte Schildkröte.
»Zuverlässige historische Quellen sagen uns jedenfalls so viel«, sagte er. »Doch diese klaren Tatsachen werden überwuchert durch die phantasiereiche Legende von der Kammer des Schreckens. Dieser zufolge hat Slytherin eine Geheimkammer in das Schloss eingebaut, von der die anderen Gründer nichts wussten.
Und die Legende sagt weiter, dass Slytherin diese Kammer versiegelt hat, so dass keiner sie öffnen kann, bis sein eigener wahrer Erbe zur Schule kommt. Der Erbe allein soll in der Lage sein, die Kammer des Schreckens zu entsiegeln, den Schrecken im Innern zu entfesseln und mit seiner Hilfe die Schule von all jenen zu säubern, die es nicht wert seien, Zauberei zu studieren.«
Ein Schweigen trat ein, als er zu Ende erzählt hatte, doch es war nicht das übliche, schläfrige Schweigen, das Professor Binns’ Unterricht erfüllte. Die Stimmung war unangenehm gespannt, denn alle sahen ihn an und warteten auf mehr. Professor Binns sah ein wenig ungehalten aus.
»Die ganze Geschichte ist natürlich blühender Unsinn«, sagte er. »Natürlich haben die gelehrtesten Hexen und Zauberer die Schule nach einer solchen Kammer durchsucht, viele Male. Es gibt sie nicht. Eine Mär, die dazu taugt, den Leichtgläubigen Furcht einzujagen.«
Hermines Hand war schon wieder oben.
»Sir – was genau meinen Sie mit dem ›Schrecken‹ in der Kammer?«
»Das soll eine Art Monster sein, das nur der Erbe von Slytherin im Griff hat«, sagte Professor Binns mit seiner trockenen, schrillen Stimme.
Die Klasse tauschte beunruhigte Blicke aus.
»Ich versichere Ihnen, dieses Wesen existiert nicht«, sagte Professor Binns und blätterte durch seine Unterlagen. »Es gibt weder eine Kammer noch ein Monster.«
»Aber Sir«, sagte Seamus Finnigan, »wenn die Kammer nur von Slytherins wahrem Erben geöffnet werden kann, dann kann sie ja kein anderer finden, nicht wahr?«
»Unsinn, Flaherty«, sagte Professor Binns nun in ernsterem Ton. »Wenn eine lange Reihe von Schulleitern und Schulleiterinnen in Hogwarts das Ding nicht gefunden hat –«
»Aber, Professor«, piepste Parvati Patil, »man braucht wahrscheinlich schwarze Magie, um sie zu öffnen –«
»Wenn ein Zauberer keine schwarze Magie gebraucht, heißt das noch lange nicht, dass er sie nicht auch beherrscht, Miss Pennyfeather«, antwortete Professor Binns barsch. »Ich wiederhole, wenn Leute wie Dumbledore –«
»Aber vielleicht muss man mit Slytherin verwandt sein, also konnte Dumbledore nicht –«, begann Dean Thomas, doch Professor Binns hatte genug.
»Das reicht jetzt«, sagte er scharf. »Es ist ein Mythos! Die Kammer existiert nicht! Es gibt nicht den Zipfel eines Beweises, dass Slytherin auch nur einen geheimen Besenschrank gebaut hat! Ich bereue es, Ihnen eine so hanebüchene Legende erzählt zu haben! Wir werden jetzt, wenn Sie erlauben, zur Geschichte zurückkehren, zu den harten, glaubhaften und nachprüfbaren Tatsachen!«
Und fünf Minuten später war die Klasse wieder in ihren üblichen Wachschlaf gesunken.
»Ich hab immer gewusst, dass Salazar Slytherin ein verrückter alter Schwachkopf war«, sagte Ron zu Harry und Hermine, als sie sich nach Ende der Stunde durch die dicht gedrängten Gänge kämpften, um ihre Taschen vor dem Abendessen nach oben zu bringen. »Aber ich hab nicht gewusst, dass er diesen ganzen Unsinn mit dem reinen Blut angefangen hat. Ich wollte nicht in seinem Haus sein, und wenn man mich dafür bezahlte. Ehrlich gesagt, wenn der Sprechende Hut versucht hätte, mich nach Slytherin zu stecken, hätte ich gleich wieder den Zug nach Hause genommen …«
Hermine nickte eifrig, doch Harry sagte kein Wort. In seinem Inneren hatte sich gerade etwas schmerzhaft verkrampft.
Harry hatte Ron und Hermine nie erzählt, dass der Sprechende
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