Harter Schnitt
einen anderen. Sobald er merkte, dass Faith bluffte, würde es für sie nur eines geben: eine Kugel in die Brust.
» Okay«, sagte sie, fasste die Flinte mit der linken Hand und warf sie vor sich auf den Boden.
Der Waffenausbilder am Schießstand hatte eine Stoppuhr, die Zehntelsekunden maß, und deshalb wusste Faith, dass ihre rechte Hand genau acht Zehntelsekunden brauchte, um die Glock aus ihrem Gürtelhalfter zu ziehen. Während der Asiate von der Flinte abgelenkt war, die ihm vor die Füße fiel, tat sie genau das, sie zog die Glock, legte den Finger um den Abzug und schoss dem Mann in den Kopf.
Seine Arme schnellten in die Höhe. Die Waffe fiel klappernd zu Boden. Er war tot, bevor er auf den Boden knallte.
Die Haustür splitterte. Faith drehte sich zur Diele um, als ein SWAT -Team in voller Kampfausrüstung ins Haus drängte. Und dann drehte sie sich wieder zum Schlafzimmer um und sah, dass der Mexikaner verschwunden war.
Die Terrassentür stand offen. Faith rannte nach draußen, als der Mexikaner eben über den Maschendrahtzaun sprang, die S&W in seiner Hand. Mrs. Johnsons Enkelinnen spielten im hinteren Garten. Sie schrien, als sie den bewaffneten Mann auf sich zurennen sahen. Er war sieben Meter entfernt. Fünf. Er richtete die Waffe auf die Kinder und feuerte einen Schuss über ihre Köpfe hinweg. Backsteinbrocken rieselten zu Boden. Sie waren zu verängstigt, um zu schreien, sich zu bewegen und in Sicherheit zu bringen. Faith blieb am Zaun stehen, hob ihre Glock und drückte ab.
Der Mann machte einen Satz, wie von einer Schnur in die Höhe gerissen. Mindestens eine Sekunde blieb er noch auf den Beinen, dann gaben seine Knie nach, und er fiel rücklings auf die Erde. Faith schwang sich über den Zaun und rannte auf ihn zu. Sie rammte ihm den Absatz ins Handgelenk, bis er die Waffe ihrer Mutter losließ. Die Mädchen fingen wieder an zu schreien. Mrs. Johnson kam aus dem Haus und nahm sie unter ihre Fittiche wie eine Entenmutter. Während sie die Tür zuzog, warf sie Faith noch einen Blick zu. Sie war schockiert, entsetzt. Als Zeke und Faith noch klein waren, hatte sie sie oft mit dem Gartenschlauch nass gespritzt. Damals fühlten sie sich hier sicher.
Faith steckte die Glock in das Halfter und Evelyns Revolver hinten in den Hosenbund. Sie packte den Mexikaner bei den Schultern. » Wo ist meine Mutter?«, blaffte sie. » Was habt ihr mit ihr gemacht?«
Er öffnete den Mund, unter den Silberkappen seiner Schneidezähne quoll Blut heraus. Das Arschloch grinste.
» Wo ist sie?« Faith drückte ihre Hand auf seine zerschossene Brust, spürte, wie sich die gebrochenen Rippen unter ihren Fingern bewegten. Er schrie vor Schmerz auf, und sie drückte noch fester, sodass die Knochen aneinanderrieben. » Wo ist sie?«
» Agent!« Ein junger Beamter stützte sich mit einer Hand ab und schwang sich über den Zaun. Die Waffe zu Boden gerichtet, kam er auf sie zu. » Entfernen Sie sich von dem Gefangenen.«
Faith beugte sich noch näher zu dem Mexikaner vor. Sie spürte die Hitze, die seine Haut abstrahlte. » Sag mir, wo sie ist.«
Sein Kehlkopf bewegte sich. Er spürte den Schmerz nicht mehr. Seine Pupillen waren riesig. Die Lider flatterten. Seine Mundwinkel zuckten.
» Sag mir, wo sie ist.« Mit jedem Wort klang ihre Stimme verzweifelter. » O Gott, sag mir einfach – bitte – sag mir, wo sie ist.«
Sein Atem rasselte, als wären die Lungenflügel zusammengeklebt. Seine Lippen bewegten sich. Er flüsterte etwas, das sie nicht verstand.
» Was?« Faith brachte ihr Ohr so dicht an seine Lippen, dass sie seinen Speichel spürte. » Sag’s mir«, flüsterte sie. » Bitte sag’s mir.«
» Almeja.«
» Was?«, wiederholte Faith. » Was hast du gesagt?« Sein Mund klappte auf. Anstelle von Worten quoll Blut heraus. » Was hast du gesagt?«, schrie sie. » Sag mir, was du gesagt hast!«
» Agent!«, brüllte der Beamte noch einmal.
» Nein!« Sie presste ihre Handflächen auf die Brust des Mexikaners, um sein Herz wieder zum Schlagen zu bringen. Faith ballte die Faust, sie wollte ihn unbedingt ins Leben zurückholen. » Sag’s mir!«, schrie sie. » Sag’s mir einfach.«
» Agent!« Sie spürte Hände um ihre Taille. Der Beamte hob sie in die Höhe.
» Loslassen!« Faith stieß ihren Ellbogen so heftig nach hinten, dass er sie fallen ließ wie einen Stein. Sie krabbelte noch einmal auf den Zeugen zu. Die Geisel. Den Mörder. Die einzige Person, die ihr jetzt noch sagen konnte, was mit ihrer Mutter
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