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Hartland

Hartland

Titel: Hartland Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Buescher
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und Zeiten.
    «Waffen?»
    «Keine Waffen.»
    Es war weniger eine Durchsuchung meiner paar harmlosen Sachen als meines Hirns. Der neue Vernehmer tastete es auf Widersprüche ab, und ich sah zu, daß keine meiner Aussagen vom ersten Verhör abwich. Auf jedes noch so belanglose Detail würde er sich stürzen, um diesen Kerl zu entlarven, der behauptete, zu Fuß aus der winterlichen Prärie zu kommen, und der vorgab, durch Amerika gehen zu wollen.
    Ich wurde in einen anderen Raum geführt. Erstaunlich, wieviel Verhörtechnik, wie viele Türen und Zimmer dieser von außen so unscheinbare Flachbau barg. Etliche lernte ich kennen in den nächsten Stunden. Nahmen sie mir zwei- oder dreimal die Fingerabdrücke ab? Fotografierten sie mich drei- oder viermal in allen Varianten: nah, ganz, amerikanisch? Ich habe nicht mitgezählt, sie wissen es besser als ich. Sie wissen es ganz genau.
    Noch hielt meine Contenance. Sicher, ich war in ihrerHand, aber ich wußte, was sie nicht wußten: Meine Papiere waren in Ordnung und, nun ja, meine Absichten auch. Ich war ihnen ein Rätsel, sie verstanden mich nicht, ich verstand sie gut. Sie taten Dienst auf diesem gottverlorenen Posten, um die Grenze ihres Landes zu schützen, und so, wie ich daherkam, mußte ich Verdacht erregen, auch das sah ich ein. Vermutlich war so einer hier noch nie aufgetaucht.
    «Kommen Sie mit!»
    Ein neuer Grenzer, ein neuer Raum, ein neuer Fingerabdrucktisch. Der Neue stellte sich breitbeinig auf, bereit einzugreifen, falls es erforderlich würde, ein Riese, der vor sich hingriente, als amüsiere ihn das alles. Endlich was los am Rande der Welt. Der Junge, der mich zuerst verhört hatte, sollte es machen. Er nahm die Sache bluternst. Als ich meine Fingerkuppen in den dafür vorgesehenen Schälchen abrollen wollte, um es hinter mich zu bringen, packte er meine Hand. «Ich mach das.» Und der grinsende Riese sagte: «Entspannen Sie sich, dann geht’s leichter.» Sie hatten wohl verschwitzte Verhörfinger erwartet. Als sie merkten, daß meine Kuppen trocken waren, viel zu trocken für die Prozedur, wies der Riese den Jungen an, Alkoholspray aus dem Regal zu holen, um meine Finger anzufeuchten. Dann packte er jeden einzeln und rollte ihn ab, zehn Stück Fleisch, eines nach dem anderen. So gründlich ging er zur Sache, daß er nicht merkte, wie nahe er mir kam – und die Dienstwaffe an seinem Gurt meiner freien Hand. Hätte der Riese meinen Blick auf die Pistole seines unachtsamen Kollegen aufgefangen, er hätte wohl seine Waffe gezogen. Wie schwer es fiel, denBlick zu lösen – ich mußte meine Augen zwingen, von der Pistole abzulassen. Dann war auch das vorüber.
    Alles, was ich bei mir trug, war nun durch ihre Hände gegangen. Neugierig erst, aber bald schon gelangweilt hatten sie meine Stiefelsocken, Schreibhefte und Karten hin- und hergewendet und auf den Haufen persönlicher Dinge gelegt. Täuschte ich mich, oder verließ meine Vernehmer die Lust an der Sache? Die Fragen verloren an Schärfe, die Pausen wurden länger, Nachfragen blieben aus. Trauten sie mir? Ich flocht einen Scherz ein und registrierte die Andeutung eines Lächelns. In diesem beinahe weichen Moment sprang einer mich an, den ich kaum beachtet hatte. Aufgefallen war er mir zwar unter all den Uniformierten, weil er bloß einen grünen Overall trug, als sei er der Gärtner der Grenzstation, aber gerade darum hatte ich ihn bald aus den Augen gelassen. Er mich nicht. So feindselig und bitter ging er mich an, als platze er gleich und habe nun genug von diesem laschen Verhör, wie ein endlich losgelassener Hund. Ein Hund? Nein, er erinnerte mich an etwas anderes, ich kam nicht drauf, so überrumpelt war ich von dem jähen Zorn, der auf mich losfuhr.
    Er trug weder ein hoheitliches noch ein Rangabzeichen, nur diese alberne Gärtnerkluft und ein rötliches Oberlippenbärtchen. Keine Uniform, keine Litze, nicht einmal eine Nummer verriet, wer oder was er sein mochte und in wessen Namen er sich einen Ton herausnahm, wie ihn keiner der Grenzer anschlug. Sie hielten Abstand zu ihm. Er gehörte ihrer Truppe nicht an, er gehörte überhaupt keiner regulären Truppe an. Aber erwar im Einsatz. Scheinbar wahllos griff er sich dies und das aus dem Haufen meiner privaten Dinge heraus, wie Beweisstücke lagen sie auf der Theke. Als das zu nichts führte, nahm er sich meinen Paß vor, Seite für Seite, neugierig und zugleich angewidert, offenbar erregte es ihn, einen vor sich zu haben, der in all diesen fremden,

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