Haschisch - Konsum, Wirkung, Abhängigkeit, Selbsthilfe, Therapie
kiffen, sich selber abturnen und dadurch in ihrem Leben möglicherweise in erhebliche Turbulenzen stürzen, sind sie keine schlechteren Menschen. Und selbst wenn Cannabis langfristig ihre kognitive Konzentrations- und Merkfähigkeit herabsetzt, verfügen sie nichtsdestoweniger über die Fähigkeit, sich Gedanken über den Zustand der Welt zu machen, in der sie leben. Deshalb erinnere ich am Ende meines Buches mit Absicht noch einmal an die eingangs des Textes bereits zitierte, ebenso kritische wie berechtigte Frage von Amon Barth, »warum die Welt in einem Zustand ist, dass Kiffen für so viele notwendig erscheint«. Als Exkiffer beschäftigt ihn diese Grundsatzfrage in der Rückschau auf seine Cannabiskarriere auch weiter in die Zukunft hinein.
Vor dem Hintergrund unseres persönlichen Lebensgefühls ist es eine ebenso persönliche Entscheidung, welchen Platz ein Mensch Drogen und Suchtstoffen in seinem Leben einräumt. Es gibt in dieser Gesellschaft viele »gute« Gründe für den gezielten Gebrauch von Rauschmitteln. Für viele Menschen scheint das Leben in der von uns geschaffenen Welt mit all seinen Belastungen ohne die lindernden Effekte von Alkohol, Cannabis und weiteren psychoaktiven Stoffen kaum noch zu ertragen zu sein.
Statt »guter« Gründe für den Konsum von potenziellen Suchtmitteln braucht es also bessere Gründe für ein Leben ohne Drogengebrauch. Der wahllose Zugriff auf psychoaktive Stoffe erfordert keine besondere persönliche Stärke. Potenziell eigenmächtige Suchtstoffe jedoch gemäß ihrem ursprünglichen Bestimmungszweck als Genussmittel zu betrachten und sie, ohne ihnen zu erliegen, zu benutzen erfordert sowohl substanzspezifische Kompetenzen als auch individuelle persönliche Lebensbewältigungskompetenzen.
Die kompetente Entscheidung, ein selbstbestimmtes, im Wesentlichen drogenfreies Leben zu führen, ist eine durchaus weise Entscheidung, denn auf Dauer wirkt jeglicher Drogengebrauch geisttötend. Doch Menschen müssen sich persönlich immer wieder neu entscheiden, welchen Lebensweg sie im Diesseits gehen möchten, ob sie ihr Heil in Suchtmitteln und potenten Drogen suchen oder ob sie dem ureigensten menschlichen Bedürfnis nach innerer Ruhe, geistiger Bereicherung, spiritueller Berührung oder transzendentem Erleben ohne künstliche Mittel Erfüllung gewähren. Es gibt ein Leben jenseits von Konsum, Kommerz, geistiger Nulldiät und süchtiger Abhängigkeit. Für flüchtige Augenblicke vermag davon etwas aufzublitzen, wenn wissbegierige Menschen bestimmte »magische« Drogen benutzen, um in andere Bewusstseinszustände vorzudringen. Ihre »künstlichen Paradiese« sind freilich vergängliche Paradiese. Sie gewähren keine beständige Lebenszufriedenheit. Des Lebens und der Seele Reichtum erschließt sich im Gleichgewicht zwischen weltzugewandter Bodenständigkeit und Genussfähigkeit sowie einer inneren Empfänglichkeit für Sinnsuche, Spiritualität und Transzendenz, welche die engen Grenzen des einseitig materiellen Weltbildes um geistig-seelische Erfahrungsräume bereichert. Die mit der entsprechenden »Lebenskunst«, »Herzensöffnung« und »Seelenarbeit« erreichbare Lebenszufriedenheit ist ein Befindlichkeitszustand, der nur wenig gemein hat mit den flüchtigen künstlichen Paradiesen. Er berührt uns weit tiefer im inneren Kern, bleibt als verlässlicher Begleiter Orientierung auf unserem Lebensweg und hält uns in geistiger Bewegung. Gelegentlich gewährt er uns sogar Augenblicke höchsten Glücks. Solches Vertrauen in sich selbst, in die Kräfte des Lebens sowie in eine Sinnhaftigkeit jenseits der materiellen Welt erreichen wir nicht mühelos. Wir müssen es uns »erarbeiten«. Wenn wir auf dem Weg dorthin »durch das Tor gehen« und zu einer ersten Ahnung der »Wirklichkeit des Innern« vorgedrungen sind, erscheint uns die Achtsamkeit im Umgang mit dem eigenen Leben und der Schöpfung plötzlich »wie ein Geist, ohne dass man auf ihn gefasst war. Etwas besucht uns, etwas kommt und geht, aus dem wir, wenn wir weise wären, auf die Gewissheit eines besseren Daseins schließen und uns zu der Hoffnung bewegen lassen sollten, dieses durch die tägliche Übung unseres Willens zu erreichen«.
Diesen Satz aus dem bereits mehrfach zitierten »Stammbuch« des Haschischs von Charles Baudelaire rücke ich eingedenk des Zeitgeistes wie des Zustandes unserer Welt an den Schluss meines Buches. Er steht für die qualitativen Unterschiede zwischen den vergänglichen künstlichen Paradiesen
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