Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
0279 - Der Zauberer von Venedig

0279 - Der Zauberer von Venedig

Titel: 0279 - Der Zauberer von Venedig Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rolf Michael
Vom Netzwerk:
Lucia Donatos Lippen bebten und stießen seltsame Worte hervor, wie sie nur abgrundtiefes Grauen dem Menschen eingeben kann. Diese Kreatur verwirrte ihren Verstand.
    »Der Teufel… der Teufel…!« keuchte sie. »Der Teufel will mich holen… Santa Maria, ich bin verloren…!«
    Die Italienerin sank in die Knie. Mit geschlossenen Augen erwartete sie das unabwendbare Ende. Denn sie hatte nicht die Kraft, vor dem Monster davonzulaufen.
    Mit gurgelnden Lauten kam die Schreckensgestalt näher. Kroch es auf der Treppe auch auf allen vieren, so entwickelte es auf dem holperigen Straßenpflaster doch einen hüpfenden Gang. Lucia Donato hörte platschende Geräusche ledriger Füße, als das Monster näher kam. Doch sie wagte nicht, die Augen zu öffnen.
    So blieb es ihr erspart, die Maske des Grauens aus der Nähe zu betrachten. Wenn der Teufel ein Bild des Schreckens hätte malen wollen - hier wäre das Modell gewesen.
    Lidlose, grünrot schillernde Augen fixierten das Opfer, das auf das Pflaster herabgesunken war. Ein unförmiger Rachen öffnete sich und ließ schwarzgrüne Stummelzähne sehen. Und dann geschah das Grauenvolle.
    Eine mit klebriger Substanz behaftete Zunge schnellte aus dem Rachen heraus, zischte wie eine Peitsche auf Lucia Donato zu und ringelte sich um ihren Hals.
    Einige Herzschläge später hatte die Italienerin aufgehört zu leben.
    ***
    »Zurück… Gehen Sie zurück, Signori! Hier gibt es nichts zu sehen!« erklärte der Polizist höflich, aber bestimmt. »Dieses Viertel ist in nächster Zeit für Touristen gesperrt!«
    »Können Sie mir sagen, warum Sie diese Anweisung erhalten haben?« fragte einer der beiden Männer in gutem Italienisch. Der blendendweiße Anzug war nach der neusten Form geschnitten. Das offene Hemd gab den Blick auf eine handtellergroße Silberschreibe frei, die der Mann um den Hals trug. Der Carabiniere ahnte nicht, daß ihm hier der Weltexperte für Parapsychologie gegenüberstand, den Freund und Feind den Meister des, Übersinnlichen nannten.
    Professor Zamorra war nach Venedig gekommen, um auf der Insel Murano einen Kristall herstellen zu lassen, der in Farbe und Form genau wie ein Dhyarra-Kristall aus der Straße der Götter aussah. Denn dieser Kristall sollte im Auftrag von Zeus in die Vergangenheit nach Troja geschmuggelt und dort gegen einen echten Dhyarra-Kristall ausgetauscht werden.
    Die turbulenten Ereignisse, die sie während eines Zeitsprunges nach Troja erlebt hatten, lagen noch nicht lange zurück. Professor Zamorra und Carsten Möbius hatten die Siegesfeier ausgenutzt, die Achilles nach dem Tod seines Erzfeindes Hektor veranstaltete, um in die Eigenzeit zurückzukehren und einen Kristall zu besorgen, den man mit dem echten Dhyarra vertauschen konnte. Und sie mußten Michael Ullich befreien, den man gefangen hatte und der, in Ketten geschmiedet, in Troja darauf wartete, den Opfertod auf dem Altar der Götter zu sterben.
    - Seit vielen hundert Jahren waren die Glasarbeiten der Insel Murano, die nördlich von Venedig in der Lagune liegt, berühmt für die Feinheit und Präzision. Und nur ein Meister der Glaskunst konnte einen Kristall wie einen Dhyarra duplizieren. Daher hatte sich Zamorra den Kristall aus seinem Safe auf Château Montagne genommen und war mit Carsten Möbius nach Venedig geflogen, um dort einen Glasschleifer für das schwere Werk zu gewinnen.
    Carsten Möbius hatte ihm seine Begleitung angeboten, da er ohnehin in Venedig zu tun hatte. Denn der Möbius-Konzern, ein weltumspannendes Unternehmen, ließ im Arsenal von Venedig ein Schiff bauen, mit dem der alte Stephan Möbius, der Senior-Chef des Unternehmens und Carstens Vater, ins Kreuzfahrt-Geschäft einsteigen wollte.
    Der Bau des Schiffes verzögerte sich jedoch unnötig, und die italienischen Geschäftspartner hatten tausendundeine Ausrede, um die Verzögerungen zu rechtfertigen.
    Carsten Möbius, ein verträumt wirkender Junge mit langen, dunklen Haaren und braunen Augen, meist in einen gammeligen Jeans-Anzug mit ausgetretenen Turnschuhen gekleidet, war so etwas wie der verlängerte Arm des »alten Eisenfressers«, wie Stephan Möbius hinter vorgehaltener Hand genannt wurde. Seit geraumer Zeit saß der alte Möbius dazu in der englischen Grafschaft Dorset fest, weil er irrtümlich auf der Geister-Party einen Teufelspakt mit dem Fürsten der Finsternis eingegangen war. Beaminster Cottage, das alte, großzügig ausgebaute Landhaus, war von Professor Zamorra zu einer weißmagischen Festung

Weitere Kostenlose Bücher