Hastings House
Ausgrabung?”, wollte sie wissen.
“Natürlich für die Historische Gesellschaft. Greta wird die offizielle Ansprechpartnerin zwischen der Historischen Gesellschaft, den Bauherren und den Archäologen sein. Und wieder mal sind es die Herrschaften von Tyson, Smith & Tyson, die das Grundstück bebauen möchten. Rechtlich sind sie gezwungen, mit den Bauarbeiten zu warten, bis die historische Bedeutung dieser Fläche festgestellt wurde und die notwendigen Ausgrabungen stattgefunden haben. Laymon sagt, sie hätten es aber gut aufgenommen, und jetzt genießen sie es, sich landesweit als die Guten in Szene zu setzen. Allerdings muss die Zeit, die sie jetzt verlieren, sie ein kleines Vermögen kosten. Auf jeden Fall befindet sich die Ausgrabungsstätte ganz in der Nähe des Hastings House, sie ist nur einen Block entfernt.”
“Und deshalb stellen sie im Hastings House Zimmer zur Verfügung?”
“Ich weiß nicht mal, warum ich das überhaupt erwähnt habe”, meinte er schulterzuckend. “Ich habe mein Apartment in der Stadt, du hast deine Wohnung in Brooklyn.” Er holte tief Luft. “Allerdings hast du da mit Matt zusammengelebt und willst vielleicht gar nicht dorthin zurück. Trotzdem bin ich froh, dass du es nicht aufgegeben hast. Die Immobilienpreise in der Gegend sind in den Himmel geschossen, und … oh Gott, sorry, das kam nicht so raus, wie ich’s meinte. Ich trete wirklich von einem Fettnäpfchen ins nächste.”
“Ist schon gut, Brad.”
“Ja, klar.” Er lächelte sie schief an.
“Ich konnte nicht mal bei seiner Beerdigung dabei sein, weil ich im Krankenhaus lag”, flüsterte sie und starrte erneut in die Flammen.
Plötzlich spürte sie einen schrecklichen Stich im Herzen.
Die Geister kamen zu ihr und baten sie um Hilfe.
Nur nicht Matts Geist.
Der eine Geist, den sie so verzweifelt sehen wollte, um ihm ein letztes Mal zu sagen, wie sehr sie ihn geliebt, wie viel er ihr bedeutet hatte, wie er durch seine bloße Anwesenheit die Welt zu einem wunderbaren Ort machte – dieser Geist zeigte sich ihr nie.
“Ich möchte im Hastings House übernachten”, erklärte sie.
Brad ließ den Kopf sinken. Schlagartig wurde Leslie klar, dass er es tat, weil er lächeln musste. Er war davon überzeugt, genau den richtigen Trick angewandt zu haben, um sie dazu zu bringen, im Hastings House zu wohnen.
Vielleicht hatte er ja auch allen Grund dazu, stolz auf seine Leistung zu sein.
Aber vielleicht war es auch einfach für sie an der Zeit, dorthin zurückzukehren.
“Du willst tatsächlich da übernachten? Meinst du das ernst?”
“Todernst.”
Sie stand auf und klopfte ihm im Vorbeigehen freundschaftlich auf die Schulter. Im Flur blieb sie kurz stehen und drehte sich noch einmal zu ihm um. “Das war jetzt übrigens keine Anspielung”, sagte sie und grinste ironisch. “Du hast recht. Ich bin bereit für eine Rückkehr. Ich freue mich sogar schon darauf. Gute Nacht.”
Er kniete noch immer neben dem Sessel, als sie weiterging.
Sie freute sich? Mein Gott, was war sie für eine Lügnerin.
Andererseits … andererseits stimmte es auch. Von selbst wäre sie niemals auf den Gedanken gekommen, dem Hastings House einen Besuch abzustatten, geschweige denn, dort zu wohnen.
Aber jetzt war sie im Begriff, dorthin zurückzukehren.
Die Vergangenheit rief sie zu sich, und Leslie sollte sich ihr stellen.
Sie musste
unbedingt
dorthin zurück.
2. KAPITEL
E s war bereits spät. Eine seltsame Uhrzeit für ein solches Zusammentreffen, fand Joe Connolly. Eileen – die nervöse Frau, die ihm gegenübersaß – sah atemberaubend aus, erinnerte ihn in ihrer Art jedoch an einen hyperaktiven, überzüchteten Windhund. Sie war extrem schlank, ihre langen Finger waren sehr gepflegt und trugen Diamant- und andere Edelsteinringe. Erst heute Morgen hatte sie ihn angerufen und diesen Termin vereinbart. Jetzt saßen sie sich in dem von ihr ausgewählten Treffpunkt – einem kleinen irischen Pub abseits der Wall Street – gegenüber. Er hatte eher mit einem Separe in einem exklusiven Club gerechnet, aber wahrscheinlich wollte sie nicht dort mit einem Privatdetektiv gesehen werden, wo man sie kannte. Womöglich gab es auch einen anderen Grund, weshalb ihre Wahl auf diesen kleinen gemütlichen Pub namens O’Malley’s gefallen war – vielleicht hatte sie diesen Ort als junge Frau häufiger besucht.
Er wusste, dass sie ursprünglich aus bescheidenen Verhältnissen stammte. Die Familie ihrer Mutter war vor zwei Generationen aus
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