Hasturs Erbe - 15
war.” „Aber du hattest es im Gästehaus auch warm”, sagte Dyan mit einem Lächeln. „Dort brennen das ganze Jahr über Feuer, und man kann sich jemanden mitnehmen, der einem das Bett wärmt, wenn man will. Der Schülerschlafsaal in Nevarsin - das meine ich ganz ernst - ist der kälteste Ort auf ganz Darkover. Hast du nicht gesehen, wie die armen Jungen zitternd durch die Räume liefen? Haben sie einen Cristofero aus Euch gemacht, Regis?”
Regis sagte kurz: „Nein, ich diene dem Herrn des Lichts, wie es sich für einen Sohn der Hasturs gehört.”
Kennard wies auf zwei Burschen in den Alton-Farben, und sie ritten ein Stück nach vom. „Lord Regis”, sagte er förmlich, „gestattet mir. Euch meine Söhne vorzustellen: LewisKennard Montray-Alton, Marius Montray-Lanart.”
Regis fühlte sich kurz verunsichert. Kennards Söhne waren durch den Rat nicht anerkannt, doch wenn Regis sie als Verwandte und Gleichgestellte begrüßte, würde er ihnen die Anerkennung der Hasturs zollen. Wenn nicht, würde er seinen Verwandten beleidigen. Er war wütend auf Kennard, daß er ihm diese Wahl aufzwang, besonders deshalb, weil es keinen Punkt der Comyn-Etikette und Diplomatie gab, den Kennard nicht kannte.
Lew Alton war ein kräftiger junger Mann, fünf oder sechs Jahre älter als Regis. Er sagte mit schiefem Lächeln: „Ist schon gut, Lord Regis. Ich wurde vor ein paar Jahren legitimiert und formell als Erbe bestätigt. Es ist also in Ordnung, wenn Ihr mich begrüßt.”
Regis fühlte, wie er vor Verlegenheit heftig errötete. Er sagte:
„Großvater hat es mir geschrieben. Ich hatte es vergessen. Seid gegrüßt, Vetter. Seid Ihr schon lange unterwegs?”
„Ein paar Tage”, antwortete Lew. „Die Straßen waren ruhig, wenn auch mein Bruder, glaube ich, der Meinung ist, daß es ein langer Ritt war. Er ist sehr jung für eine solche Reise. Ihr erinnert Euch doch an Marius, oder?”
Erleichtert bemerkte Regis, daß Marius, Montray-Lanart statt Alton genannt, weil er noch nicht als legitimer Sohn anerkannt war, erst zwölf Jahre alt war - in jedem Fall zu jung für eine offizielle Begrüßung. Diese Frage konnte man umgehen, indem man ihn wie ein Kind behandelte. Er sagte: „Du bist gewachsen, seit ich dich das letzte Mal gesehen habe. Ich glaube, du erinnerst dich nicht mehr an mich. Immerhin bist du alt genug, um zu reiten. Hast du noch das kleine Pony, auf dem du immer in Armida geritten bist?”
Marius antwortete höflich. „Ja, aber es ist auf der Weide. Es ist alt und lahm, zu alt für eine solche Reise.”
Kennard sah verärgert aus. Das war Diplomatie! Sein Großvater wäre stolz auf ihn gewesen, dachte Regis, selbst wenn er selbst nicht stolz auf diese Doppelzüngigkeit war. Glücklicherweise war Marius zu jung, um zu erkennen, daß man ihn gedemütigt hatte. Regis dachte, wie lächerlich es doch sei, daß sich Jungen gleichen Alters so förmlich anredeten. Lew und er waren gute Freunde gewesen. In den Jahren auf Armida, bevor Regis in das Kloster übersiedelte, hatten sie sich so nahe wie Brüder gestanden. Und nun nannte Lew ihn Lord Regis! Es war albern!
Kennard blickte zum Himmel. „Sollen wir weiterreiten? Die Sonne wird bald untergehen, und es wird sicher regnen. Es wäre ärgerlich, wenn wir anhalten und die Banner verstauen müßten. Und Euer Großvater wartet sicher auf Euch, Regis.”
„Meinem Großvater wurde meine Gegenwart drei Jahre lang erspart”, sagte Regis trocken. „Ich bin sicher, er hält es noch eine weitere Stunde aus. Doch es wäre schon besser, wenn wir nicht in die Dunkelheit kämen.”
Das Protokoll besagte, daß Regis neben Kennard und Lord Dyan reiten müsse, doch er blieb zurück und lenkte sein Pferd neben Lew Alton. Marius ritt neben einem Jungen von Regis Alter, der so vertraut aussah, daß Regis die Stirn runzelte und überlegte, woher er ihn kannte. Während sich die Truppe formierte, schickte Regis seinen Bannerträger an die Spitze der Kolonne zu denen von Ardais und Alton. Er sah, wie der Mann mit dem blausilbernen Baumemblem der Hasturs und dem Motto der Kaste Permanedal nach vorn ritt. Ich werde bleiben , übersetzte er es sich verdrossen, ja, ich werde alle Zeit hierbleiben und ein Hastur sein, ob ich will oder nicht.
Dann ergriff ihn wieder Aufsässigkeit. Kennard war nicht geblieben. Er war auf Terra selber groß geworden, nach dem Willen des Rates. Vielleicht gab es auch für Regis Hoffnung, ob er nun ein Hastur war oder nicht.
Er fühlte sich merkwürdig einsam.
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