Hauch der Verdammnis
»Heute nacht...«, sagte sie, hielt ihre rechte Hand vor den Bauch und zeigte mit den Fingern eine vier an. Sie sah Michael eindringlich an und fuhr dann fort: »Heute nacht werde ich bei dir bleiben, okay?«
Sie war sich ziemlich sicher, dass er die vier Finger gesehen hatte, die sie bei den Worten »heute nacht« auf ihren Bauch gelegt hatte. Würde er verstehen, dass sie den Zeitpunkt der Flucht meinte - vier Uhr nachts?
Er zwinkerte bestätigend.
»Ich hab's!«
Rob hörte Al Kalamas Aufschrei zuerst gar nicht. In den drei Stunden, während Al neben Phil Howells Monitor gearbeitet hatte, hatte Rob immer faszinierter auf den Bildschirm des Astronomen gestarrt. Unendliche Listen von Dateien rollten vor seinen Augen ab. Stunde um Stunde war das so gegangen, während der Supercomputer ein paar Meter weiter in jedem Rechner, den er finden konnte, nach Dateien mit DNS-Sequenzen suchte. Sobald er eine gefunden hatte, verglich er deren Inhalt - nicht nur mit der Datei, die mit 79prozentiger Wahrscheinlichkeit die DNS-Sequenz eines unbekannten Organismus darstellte, sondern auch mit den anderen dreiundzwanzig Dateien, die das Programm erstellt hatte.
Als Al Kalama aufschrie, waren bereits Tausende von Dateien durchgeschleust worden, und jede von ihnen vergrößerte die Liste digital gespeicherter DNS-Sequenzen: die genetischen Codes der winzigsten einzelligen Organismen, Tausender Spezies von Algen, Moosen, Farnen, Büschen und Bäumen sowie Tausender Würmer, Insekten, Spinnen, Reptilien, Amphibien, Fischen und jeder Spezies warmblütiger Lebewesen, die der Menschheit bekannt waren.
Das erstaunliche Resultat lautete: In jeder Datei gab es Sequenzen - manche kürzer, manche länger -, die einer Sequenz aus den Dateien glich, welche der Computer aufgrund der Signale aus der Tiefe des Weltraums erstellt hatte. Signale, die laut Howell aus der sogenannten Whirpool-Galaxy stammten. Jedesmal gab der Computer die genaue Prozentzahl der Übereinstimmung an. Auch wenn es keine vollkommene Übereinstimmung gab - nicht einmal eine, die der Computer als signifikant bezeichnete -, zeigte sich doch, dass immer mehr Segmente der Sequenz von der fünfzehn Millionen Lichtjahre entfernten Galaxie dem einen oder anderen DNS-Segment eines irdischen Organismus entsprachen.
Insgesamt, dessen war sich Howell mittlerweile sicher, ließ sich daraus nur ein Schluß ziehen: Das Leben, so wie wir es definieren, war nicht auf die Erde beschränkt, vielmehr gab es seine vier Grundbausteine, die vier nitrogenen Basen, auch auf anderen Planeten.
Nicht nur das Leben war universell, auch seine Formen, die man auf anderen Planeten entdecken würde, mussten den unseren ähnlich sein ...
Eine Hand auf seiner Schulter riß Rob aus seinen Überlegungen. »Rob!« sagte Al Kalama. »Ich hab's geknackt! Und was jetzt?«
Rob wandte sich dem Computer zu, an dem Al in den vergangenen Stunden geschuftet hatte. Das Serinus-Verzeichnis stand vor ihnen auf dem Bildschirm. Es enthielt mehrere Unterverzeichnisse. Jedes Unterverzeichnis enthielt Dutzende - in manchen Fällen Hunderte - von Dateien.
»Kannst du sie durchsuchen?« fragte Rob, während er einen kleinen Teil der kryptisch benannten Dateien auf dem Bildschirm auftauchen sah.
»Kein Problem«, meinte Al. »Wonach suchen wir?«
»Namen«, antwortete Rob. »Michael Sundquist, Josh Malani und Kioki Santoya, für den Anfang. Außerdem nach einem Jungen namens Mark Reynolds und einem anderen ...« Er zögerte und durchforstete sein Gedächtnis nach dem Namen des Jungen aus New Jersey. Schließlich fand er ihn. »Shelby, Shane Shelby. Fang mit diesen Namen an.«
Al Kalamas Finger flogen über die Tastatur. Er aktivierte ein Suchprogramm, gab die Namen ein, die Rob genannt hatte, und drückte auf Eingabe. Eine Liste mit fünfzehn Dateien tauchte auf, jeweils fünf in drei Unterverzeichnissen des Serinus-Verzeichnisses.
Während Rob die Liste durchsah und überlegte, welche Datei er sich zuerst vornehmen sollte, ertönte am Terminal neben ihm plötzlich ein leises Läuten. Er hörte, wie Phil Howell fast ehrfürchtig »O mein Gott« flüsterte.
Einen Augenblick lang war sich Rob nicht sicher, was das Läuten bedeutete, doch dann wurde es ihm klar.
Phil Howell hatte einen Alarm eingestellt.
Einen Alarm, der ausgelöst wurde, wenn der Supercomputer eine Übereinstimmung zwischen seinen Dateien und einer der hunderttausend anderen Dateien fand, mit denen er sie verglich.
Keine teilweise
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