Hauch der Verdammnis
hieß, keine Verwandten hatte, allein lebte und sich für keines der Themen interessierte, die Katharine anschnitt. Aber sie nahm die zweite Tasse Kaffee an. Und später eine dritte.
Auf ihren Wegen in die Küche begegnete Katharine keiner Menschenseele. Auch sonst sah sie keine Wachtposten, außer LuAnne natürlich.
Das konnte zweierlei bedeuten: Entweder dachten sie, Katharine glaube Takeo Yoshiharas Geschichte, oder sie vertrauten ihrem Sicherheitssystem so sehr, dass sie sich keine Sorgen machten.
Als Katharine sah, dass es fünf nach drei war, ging sie ein weiteres Mal mit ihrer Kaffeetasse ins Vorzimmer.
Diesmal lächelte ihr LuAnne tatsächlich zu. »Ich wollte Sie gerade fragen, ob ich Ihnen diesmal einen machen soll.«
»Ach, bloß nicht«, entgegnete Katharine und nahm LuAnnes leere Tasse vom Schreibtisch. »Michael schläft fest, und ich bin es leid, dauernd im Dunkeln zu sitzen. Welcher Geschmack darf es diesmal sein?«
»Ich glaube, ich nehme noch mal Mokka.«
»Kommt sofort.«
Bereits zum viertenmal ging Katharine in die Küche, um zwei weitere Tassen Kaffee zuzubereiten. Diesmal enthielt einer der Beutel, die sie in eine der Tassen leerte, mehr als nur Instantkaffee mit Mokkageschmack. Bevor sie das Haus verlassen hatte, hatte sie den Beutel geöffnet und drei Halcion-Tabletten hineingetan, die ein Arzt ihr vor etwas mehr als einem Jahr verschrieben hatte. Damals war es Michael sehr schlecht gegangen, und sie hatte vor Sorge um ihn kaum mehr schlafen können. Letzten Endes hatte sie die Tabletten nie genommen, aber aus einer Art Aberglaube behalten, als könne ihr Besitz auf magische Weise bewirken, dass sie nie wieder solche Pillen brauchte.
»Manche Nächte scheinen niemals enden zu wollen«, sagte sie, als sie die Tasse auf LuAnnes Schreibtisch abstellte.
»Ja, das stimmt«, pflichtete ihr die Frau bei. Sie nahm ihre Tasse in die Hand, blies kurz in den heißen Kaffee und nahm dann einen ersten Schluck. »Sie können sich nicht vorstellen, wie gut das tut.«
»Trinken Sie nur, soviel Sie wollen«, ermunterte Katharine sie. »Ich habe genug mitgebracht.« Mit ihrem eigenen Kaffee ging sie zurück in Michaels Zimmer.
Im Dunkeln streifte sie die Kleider ab, die sie den ganzen Tag getragen hatte, und zog sich Jeans und Hemd an, die sie von zu Hause mitgebracht hatte. Das Handy steckte sie in eine Vordertasche, damit sie die Vibration spürte, wenn Rob anrief.
Um halb vier öffnete sie vorsichtig die Tür zum Vorzimmer und schaute hinein. LuAnne saß an ihrem Schreibtisch, aber ihr Kopf war auf die Brust gesackt, und sie schnarchte gleichmäßig. Leise schloß Katharine wieder die Tür.
Um drei Uhr 45 vibrierte das Handy in ihrer Hosentasche. Sie zog es heraus, klappte es auf und wollte gerade Robs Namen sagen. In letzter Sekunde überlegte sie es sich anders. »Michael?« sagte sie. »Bist du wach?«
Sie hörte die blecherne Stimme ihres Sohnes über den Lautsprecher. »Mhm.«
Gleichzeitig meldete sich Rob über das Telefon. »Wenn du nichts sagst, holen wir dich in genau fünfzehn Minuten ab. Wenn es Probleme gibt, dann sag etwas zu Michael.«
Katharine zögerte. Sie hatte einen Plan, aber keine Ahnung, ob er funktionieren würde. Wenn nicht... aber hatte sie eine andere Wahl?
Ohne etwas zu sagen, drückte sie den Ende-Knopf des Telefons und schob es wieder in ihre Tasche. Dann ging sie zu Michael hinüber. Sie konnte kaum sein Gesicht erkennen, aber er starrte sie mit weit aufgerissenen Augen an. Sicherlich hatte er in den vergangenen Stunden nicht geschlafen.
Sie legte einen Finger auf die Lippen, nahm ein Kleiderbündel aus dem Koffer und schob es durch die Luftschleuse in die Box. Michael begann sich unter der Bettdecke anzuziehen, wobei er sich so wenig wie möglich zu bewegen versuchte. Als er fertig war, signalisierte sie ihm, wieder so zu tun, als ob er schlafe. Dann ging sie ins Vorzimmer zurück.
»Na, noch eine ...«, begann sie. »LuAnne? LuAnne, was ist los?« Sie eilte hinter den Schreibtisch und schüttelte die Krankenschwester, die von ihrem Stuhl glitt und zu Boden fiel. Hektisch blickte Katharine um sich, als wisse sie nicht, was sie unternehmen sollte. Schließlich nahm sie das Telefon und drückte auf den Knopf mit der Aufschrift »Empfangsbereich«. Nach dem zweiten Läuten nahm jemand den Hörer ab.
»Jensen?« fragte eine Männerstimme.
»Hier ist Dr. Sundquist«, sagte Katharine. »Mit LuAnne stimmt etwas nicht. Ich wollte sie gerade fragen, ob sie noch
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