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Hauffs Maerchen - Gesamtausgabe

Hauffs Maerchen - Gesamtausgabe

Titel: Hauffs Maerchen - Gesamtausgabe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wilhelm Hauff
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einer stürmischen Nacht mitten unter der Mannschaft des Carmilhan am Ufer erkannt haben, und in derselben Nacht verschwand auch Kaspar Strumpf.

Man suchte ihn allenthalben, allein nirgends hat man eine Spur von ihm finden können. Aber die Sage geht, daß er oft nebst Falke mitten unter der Mannschaft des Zauberschiffes gesehen worden sei, welches seitdem zu regelmäßigen Zeiten an der Höhle von Steenfoll erschien.

“Mitternacht ist längst vorüber”, sagte der Student, als der junge Goldarbeiter seine Erzählung geendigt hatte, “jetzt hat es wohl keine Gefahr mehr, und ich für meinen Teil bin so schläfrig, daß ich allen raten möchte, niederzuliegen und getrost einzuschlafen.”

“Vor zwei Uhr morgens möcht? ich doch nicht trauen”, entgegnete der Jäger; “das Sprichwort sagt: von eilf bis zwei Uhr ist Diebes Zeit.”

“Das glaube ich auch”, bemerkte der Zirkelschmidt; “denn wenn man uns etwas anhaben will, ist wohl keine Zeit gelegener als die nach Mitternacht. Drum meine ich, der Studiosus könnte an seiner Erzählung fortfahren, die er noch nicht ganz vollendet hat.”

“Ich sträube mich nicht”, sagte dieser, “obgleich unser Nachbar, der Herr Jäger, den Anfang nicht gehört hat.”

“Ich muß ihn mir hinzudenken, fanget nur an”, rief der Jäger.

“Nun denn”, wollte eben der Student beginnen, als sie durch das Anschlagen eines Hundes unterbrochen wurden; alle hielten den Atem an und horchten; zugleich stürzte einer der Bedienten aus dem Zimmer der Gräfin und rief, daß wohl zehen bis zwölf bewaffnete Männer von der Seite her auf die Schenke zukommen.

Der Jäger griff nach seiner Büchse, der Student nach seinem Pistol, die Handwerksbursche nach ihren Stöcken, und der Fuhrmann zog ein langes Messer aus der Tasche. So standen sie und sahen ratlos einander an.

“Laßt uns an die Treppe gehen!” rief der Student, “zwei oder drei dieser Schurken sollen doch zuvor ihren Tod finden, ehe wir überwältigt werden.” Zugleich gab er dem Zirkelschmidt sein zweites Pistol und riet, daß sie nur einer nach dem andern schießen wollten. Sie stellten sich an die Treppe; der Student und der Jäger nahmen gerade ihre ganze Breite ein; seitwärts neben dem Jäger stand der mutige Zirkelschmidt und beugte sich über das Geländer, indem er die Mündung seiner Pistole auf die Mitte der Treppe hielt. Der Goldarbeiter und der Fuhrmann standen hinter ihnen, bereit, wenn es zu einem Kampf Mann gegen Mann kommen sollte, das ihrige zu tun. So standen sie einige Minuten in stummer Erwartung: endlich hörte man die Haustüre aufgehen, sie glaubten auch das Flüstern mehrerer Stimmen zu vernehmen.

Jetzt hörte man Tritte vieler Menschen der Treppe nahen, man kam die Treppe herauf, und auf der ersten Hälfte zeigten sich drei Männer, die wohl nicht auf den Empfang gefaßt waren, der ihnen bereitet war. Denn als sie sich um die Pfeiler der Treppe wandten, schrie der Jäger mit starker Stimme: “Halt! Noch einen Schritt weiter, und ihr seid des Todes. Spannet die Hahnen, Freunde, und gut gezielt!”

Die Räuber erschraken, zogen sich eilig zurück und berieten sich mit den übrigen. Nach einiger Weile kam einer davon zurück und sprach: “Ihr Herren! Es wäre Torheit von euch, umsonst euer Leben aufopfern zu wollen, denn wir sind unserer genug, um euch völlig aufzureiben; aber ziehet euch zurück, es soll keinem das geringste zuleide geschehen; wir wollen keines Groschen Wert von euch nehmen.”

“Was wollt ihr denn sonst?” rief der Student. “Meint ihr, wir werden solchem Gesindel trauen? Nimmermehr! Wollt ihr etwas holen, in Gottes Namen, so kommet, aber den ersten, der sich um die Ecke wagt, brenne ich auf die Stirne, daß er auf ewig keine Kopfschmerzen mehr haben soll!”

“Gebt uns die Dame heraus, gutwillig”, antwortete der Räuber. “Es soll ihr nichts geschehen, wir wollen sie an einen sichern und bequemen Ort führen, ihre Leute können zurückreiten und den Herrn Grafen bitten, er möge sie mit zwanzigtausend Gulden auslösen.”

“Solche Vorschläge sollen wir uns machen lassen?” entgegnete der Jäger, knirschend vor Wut, und spannte den Hahn. “Ich zähle drei, und wenn du da unten nicht bei drei hinweg bist, so drücke ich los, eins, zwei -“

“Halt!” schrie der Räuber mit donnernder Stimme. “Ist das Sitte, auf einen wehrlosen Mann zu schießen, der mit euch friedlich unterhandelt? Törichter Bursche, du kannst mich totschießen, und dann hast du erst

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