Haus der Löcher (German Edition)
hatte sich noch Humor bewahrt. Er machte Witze darüber, wie heiß die Teller waren. Keine irgendwie bohrenden Witze, sondern fröhliche. Er hatte einen Haarschopf wie Jimmy Stewart, den er umherschwang. In mancher Hinsicht ein schöner Mann, mit einem rauen Charme. Warum hatte sie sein höfliches Angebot abgelehnt? Natürlich hätte sie zu den Masturbooten ja sagen sollen, egal, was sie waren. Aber sie wollte nun mal nicht.
Chuck war unbeirrt. «Hättest du denn dann Lust, mit mir zu einem intimen Konzert mit russischer Klaviermusik zu gehen und im Samtzimmer zu sitzen, und ich spiele mit deinem Haar?»
Sie holte tief Luft und überlegte. «Ich mag russische Musik», sagte sie schließlich. «Das klingt gut. Gern.»
Aber davor musste sie noch zu den Bräunmagiern. Sie wollte keine weißen Schultern haben, wenn sie ihr schwarzes Kleid mit den Spaghettiträgern trug. Sie wollte nicht so ein blinzelndes Wesen sein, das seinen nächtlichen Bau wegen eines großen Musikabenteuers verließ. Sie wollte aus einer Position der Stärke heraus agieren, mit zimtfarbenen Schultern, die verlockend zuckten und bebten.
Also ging sie zu den Bräunmagiern und meldete sich an. Das Mädchen fragte sie, welches Zimmer sie gern hätte, Zimmer 1, 2 oder 3.
«Welches empfehlen Sie für sehr schnelle Ergebnisse?», fragte Luna.
«Die besten Lampen sind in Zimmer 3», sagte das Mädchen und zwinkerte ihr zu. «Und ich empfehle diesen Bräuner hier. Den haben wir im Angebot, heute Abend nur siebenundzwanzig Dollar.»
«Leos-Tanlord-Bräuner?»
«Ja, der ist phantastisch, der macht Sie unwiderstehlich.»
Also ging Luna in Zimmer 3 und schloss die Tür. Die Steh-Bräunkabine mit der gerundeten blauen Tür nahm fast das ganze Zimmer ein. Drin stand ein Hocker mit einem Handtuch und einer Schutzbrille darauf, am Türpfosten gab es einen Kleiderhaken. Die Wände waren tiefrot, und an einer klebte ein ekliges Poster von einem Auge mit einem Tumor im Tränenkanal, damit man auch den Augenschutz aufsetzte. Neben dem Tumorbild war dann noch ein großes Poster von einem Pfarrer mit einer Bibel in der Hand, der einen Talar trug, aber stark gebräunt war. Auf dem Poster stand ein Zitat von ihm, dem zufolge ihm das Bräunen geholfen hatte, ein besserer Pfarrer zu werden. Vor dem Augentumor und dem gebräunten Pfarrer zog sich Luna aus. Drei Augen starrten sie an, während sie den Tanlord-Bräuner auftrug. Sie umfuhr die Brustwarzen damit, die darauf in einer merkwürdigen Art Braille zu ihr sprachen.
Sie setzte die Schutzbrille auf, drückte den Ein-Knopf und trat in die warme Intimsphäre der Kabine. Es war laut, denn über ihr zog ihr ein kräftiger Ventilator die Haare hoch. Sie kam sich vor wie Botticellis Venus. Nackt stand sie da, beide Brustwarzen auf Schock, und hinter sich hörte sie eine leise Stimme – fast eine metallische, aber vertrauliche –, und auf der Schulter spürte sie eine lokalbegrenzte Wärme. Sie sagte: «Wer bist du?»
«Ich bin Leo, der Herr der Bräune», sagte die Stimme.
Sie blickte sich um, und da, hinter ihr, stand eine Art längliches Leuchtwesen, das aus ultravioletten Glühbirnen bestand. Es ähnelte einer Ballonskulptur, nur dass man es kaum ansehen konnte, so blendend hell war es.
«Warum bist du hier mit mir in der Kabine?», fragte sie.
«Ich gebe dir eine unwiderstehliche Ganzkörperbräune», sagte Leo, der Herr der Bräune, «und wenn ich dir eine Ganzkörperbräune gegeben habe, bringe ich dich zum Haus der Löcher, damit du mit deinem neuen Freund Chuck zu einem intimen Konzert mit russischer Klaviermusik kannst.»
«Dieses Haus der Löcher», sagte sie. «Ist das auch sicher?»
«Man wird dort beim Reingehen auf siebzehn Arten gescannt. Chuck ist Anwerber, und er mag dich, also bekommst du ein Stipendium. Ups, hier ist es ja doch ziemlich eng. Du hast mir leider eine große Fluoreszenz gemacht.»
Luna sah hin und musste die blendende Wattleistung von Leos langen, blauen Birnen einfach bewundern. Sie hatte das Gefühl, sie müsste sich von seiner endlosen Wärme einhüllen lassen. Also schloss sie die Augen und ließ Leo das machen, was er so gut konnte. Der Ventilator war wunderbar laut, und Leos summende Birnen fühlten sich gut an auf ihrer Haut, und dann murmelte er: «Öffne dich, lass dich von mir zum Haus der Löcher bringen.» Sie spürte einen langen, stetigen Druck, dann erhellte er sie von innen. Auf einmal verflüssigte sie sich zu reinem Blau.
Als das Licht wegging, stand sie vor
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