Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Clark Mary Higgins

Clark Mary Higgins

Titel: Clark Mary Higgins Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Schlaf Wohl Mein Sußes Kind
Vom Netzwerk:
1
    Vorsichtig fuhr er auf der Autobahn in Richtung Morrison State Park. Die fünfundfünfzig Kilometer von Manhattan bis nach
Rockland County waren ein Alptraum gewesen. Obwohl es
schon auf sechs Uhr zuging, gab es noch keine Anzeichen, daß
es bald Tag würde. Der Schneefall, der während der Nacht eingesetzt hatte, war zunehmend stärker geworden. Die Flocken
trieben jetzt unaufhörlich gegen die Windschutzscheibe. Grau
und schwer wie riesige, zum Bersten gefüllte Ballons hingen
die Wolken über ihm. Der Wetterbericht hatte fünf Zentimeter
Schnee vorausgesagt und » Abnahme der Niederschläge nach
Mitternacht « . Wie gewöhnlich hatte der Wetterfrosch sich geirrt.
    Er näherte sich jetzt der Einfahrt zum Park. Voraussichtlich
war bei diesem Schneetreiben wenigstens kein Wanderer oder
Jogger unterwegs. Gut fünfzehn Kilometer zurück war er einem
Polizeifahrzeug begegnet; es hatte ihn mit eingeschaltetem Blaulicht in rasendem Tempo überholt, vermutlich auf dem Weg zu
irgendeinem Unfall. Aber die Polizisten hätten ohnehin keinerlei
Veranlassung gehabt, sich Gedanken über den Inhalt seines Kofferraums zu machen, keinen Grund zur Vermutung, daß sich
unter einem Haufen Gepäck ein Plastiksack mit der Leiche einer
einundsechzigjährigen bekannten Journalistin befinden könnte.
Ethel Lambston lag, auf kleinstem Raum zusammengepfercht,
gegen den Reservereifen gequetscht.
    Er bog von der Autobahn ab und fuhr die kurze Strecke bis
zum Parkplatz. Wie erhofft, war er fast leer. Nur wenige Wagen
standen vereinzelt herum, mit einer Schneeschicht bedeckt.
Wahrscheinlich zelteten irgendwo ein paar Verrückte. Auf die
durfte er in gar keinem Fall stoßen.
    Vorsichtig blickte er um sich, als er ausstieg. Niemand war zu
sehen. Die Schneeverwehungen würden, sobald er wieder wegfuhr, sämtliche Spuren zudecken und jedes Zeichen, wohin er
die Leiche brachte, auslöschen. Wenn er Glück hatte, würde bis
zu dem Zeitpunkt, da man sie entdeckte, auch nicht mehr viel
von ihr zu finden sein.
    Er ging zuerst einmal allein den Weg bis zu der Stelle. Mit
äußerster Konzentration richtete er sein ohnehin scharfes Gehör
darauf, außer dem Seufzen des Windes und dem Ächzen der von
der Schneelast schweren Zweige jedes kleinste Geräusch wahrzunehmen. Vor ihm lag ein abschüssiger Pfad, der an einem mit
großen Felsbrocken und lockerem Geröll bedeckten Hang endete. Kaum jemand kam auf die Idee, hier herumzuklettern. Für
Reiter war es sowieso eine verbotene Zone, denn der Stallbesitzer wollte nicht, daß seine Kundinnen, meist Hausfrauen aus den
Villenvororten, sich das Genick brachen.
    Vor einem Jahr war er einmal so neugierig gewesen, den
Hang hinaufzuklettern, und er hatte sich auf einem mächtigen
Findling ausgeruht. Dabei war seine Hand über den Fels geglitten und hatte auf der Rückseite eine Öffnung gespürt. Keine
Grotte, nur eine natürliche Aushöhlung des Felsens, ähnlich dem
Eingang zu einer Höhle. Schon damals war ihm der Gedanke
gekommen, daß sich dieser Ort glänzend eignen könnte, um
etwas zu verstecken.
    Es kostete ihn große Anstrengung, auf dem gefrorenen Schnee
zu der Stelle zu gelangen, aber mit viel Ausgleiten und Zurückrutschen schaffte er den Aufstieg. Der Hohlraum war noch da,
etwas kleiner, als er ihn in Erinnerung hatte; aber er würde die
Leiche hineinzwängen können. Der nächste Schritt war der
schlimmste. Auf dem Rückweg zum Auto mußte er größte Vorsicht walten lassen, damit niemand ihn beobachten konnte. Er
hatte den Wagen so abgestellt, daß jemand, der zufällig auf den
Parkplatz fuhr, nicht gleich erkennen konnte, was er aus seinem
Kofferraum holte. Im übrigen war ein schwarzer Plastiksack an
sich noch nicht verdächtig.
    Ethel hatte im Leben schlank ausgesehen. Doch als er jetzt die
in Plastik gepackte Leiche anhob, merkte er, daß ihre teuren
Kleider in Wirklichkeit einen grobknochigen Körper verhüllt
hatten. Er versuchte, sich den Sack über die Schulter zu hieven,
doch so eigensinnig wie im Leben war Ethel auch im Tod: Die
Totenstarre mußte schon eingesetzt haben. Ihr Körper wollte
sich nicht fügen. Er konnte den Sack schließlich nur dadurch bis
zum Fuß des Abhangs bringen, daß er ihn abwechselnd schleppte und hinter sich her schleifte. Schließlich gab ihm nur noch ein
Adrenalinstoß die nötige Kraft, ihn das letzte steile Stück bis zu
der vorgesehenen Stelle hinaufzuzerren.
    Ursprünglich hatte er vorgehabt, Ethel in dem

Weitere Kostenlose Bücher