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Hausbock

Hausbock

Titel: Hausbock Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Richard Auer
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triumphierend
Marius zu Wort, der das Gespräch der Erwachsenen offenbar aufmerksam verfolgt
hatte.
    Fiona wirbelte herum und warf ihrem Erstgeborenen einen vernichtenden
Blick zu. »Richtig gemacht? Ich hör wohl schlecht. Fremder Leute Fenster
einschießen ist nie richtig, schreib dir das hinter die Ohren!«
    »Aber wo die Leute das Haus doch sowieso abreißen wollen?«, beharrte
Marius.
    »Das klingt logisch«, sagte Nieberle freundlich und tätschelte Marius
wohlwollend den Kopf. Offenbar sah er in dem Buben nun plötzlich den Robin Hood
der ungerecht behandelten Hausbesitzer.
    »Und du nimmst endlich diese blöde Mütze ab«, wandte sich Fiona
abrupt an den siebenjährigen Bastian, der ebenfalls mit Interesse zugehört
hatte. Gehorsam zog er sich die Polizisten-Schirmmütze vom Kopf und reichte sie
Ludwig Nieberle.
    »Wenn ich groß bin, werde ich auch Polizist«, kündigte er an.
    »Das geht aber nur, wenn du bis dahin immer brav bist«, erwiderte
Morgenstern und wandte sich an den Kollegen: »Wie verbleiben wir jetzt?«,
fragte er, um die Sache abzuschließen.
    Nieberle überlegte einen Moment, ging dann kurz in die Funkzentrale,
um sich mit Fritz Sandner abzustimmen, und kam mit einem breiten Lächeln
zurück.
    »Also, wir machen Folgendes«, sagte er zu den beiden Jungs. »Ihr
zwei versprecht mir, dass ihr fremde Häuser in Zukunft in Frieden lasst. Und
dann vergessen wir die ganze Sache. Sogar die kaputten Fensterscheiben.«
    Marius und Bastian strahlten wie die Honigkuchenpferde, und die
Eltern lächelten dankbar. Bastian tuschelte Marius etwas zu, worauf dieser sich
vor dem dicken Beamten aufbaute, die rechte Hand ausstreckte und fragte:
»Kriegen wir jetzt unsere Schleudern zurück?«
    Nieberle nickte knapp, holte zwei Zwillen aus einer
Schreibtischschublade und drückte sie Marius in die Hand.
    »Wird nicht wieder vorkommen«, versprach Morgenstern beim Hinausgehen.
Und Fiona flüsterte er zu: »Ich hab gar nicht gewusst, dass du dich so für alte
Häuser interessierst. Seit wann hast du vor mir Geheimnisse?«
    Fiona hatte tatsächlich Geheimnisse vor ihrem Mann. Das wurde noch
am selben Abend deutlich, als die erleichterten Eltern die Kinder nach einer
pädagogisch unerlässlichen Standpauke ins Bett gescheucht hatten und mit einer
Flasche Rotwein auf dem Balkon ihrer Mietwohnung in der Eichstätter Altstadt
saßen.
    »So ein Banause, dieser Nieberle!«, wetterte Fiona über den Beamten
von der Polizeiinspektion. »Wenn es nach dem ginge, dann gäbe es überall nur
noch die gleichen Neubauten aus dem Bausparer-Prospekt.«
    »Na und?«, sagte Morgenstern leichthin.
    »Weißt du eigentlich, wie schön so ein altes Haus sein kann?«, fragte
Fiona zurück.
    »Will ich gar nicht wissen.«
    In der Ferne hupte es laut und durchdringend – der Triebwagen
auf der eingleisigen Bahnstrecke zwischen Eichstätt-Stadt und Eichstätt-Bahnhof
machte alle Anwohner zwischen Wasserzell und Rebdorf mit einem gellenden
Warnpfiff auf sein rumpelndes Kommen aufmerksam.
    »Ach«, sagte Morgenstern und rekelte sich behaglich in seinem
ausgeleierten Korbstuhl. »Ich könnte ewig auf diesem Balkon sitzen.«
    »Ewig auf diesem Balkon?« Fiona blickte nachdenklich in den dunklen
Abendhimmel. Morgenstern stutzte.
    »Ist doch super hier. Herz, was willst du mehr?« Dann hob er sein
Glas und nahm einen Schluck.
    Fiona rieb die Hände aneinander, als wüsste sie nicht recht, wo sie
anfangen sollte. Die Ruh ist hin, dachte Morgenstern. »Also, was liegt dir im
Magen?«
    »Mir ist es hier zu eng«, murmelte Fiona.
    Morgenstern atmete auf. Es ging also um ihr Leben in Eichstätt,
fernab von Nürnberg, wo sie früher so zufrieden gelebt hatten und wohin er
eines Tages zurückkehren wollte. »Zu eng«, wiederholte er erleichtert. »Das
sage ich doch auch immer. Dieses Altmühltal hier, dieses Eichstätt mit seinen
braven Menschen, den vielen Kirchen, mit diesem ganzen Idyll, das ist mir auch
zu eng. Jeden kennt man, jeder beobachtet jeden.«
    Fiona hatte ihm aufmerksam zugehört, schien aber nicht zufrieden.
»So habe das nicht gemeint. Das mit der Enge.«
    »Wie denn dann?«
    »Mir ist es hier zu eng, in unserer Wohnung, auf diesem Balkon.« Sie
deutete auf den in der Tat winzigen Balkon, auf dem mit Müh und Not ein rundes
dunkelgrünes Bistrotischchen mit einer gelochten Metallplatte und zwei
Korbstühle Platz fanden. Wenn ihre beiden Kinder mit dabei sein wollten, saßen
sie mit ihren Stühlen schon halb im Wohnzimmer. Die beiden

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