Hausbock
teilten sich
außerdem ein schmales Kinderzimmer mit Stockbett. »Wir haben einfach nicht
genug Platz.«
»Na ja«, sagte Morgenstern unbestimmt. »Ich komme ganz gut zurecht.«
Doch Fiona ließ nicht locker. »Ich finde es auf Dauer auch nicht
toll, dass wir immer Miete bezahlen. Das tut fast keine von meinen Bekannten
hier.«
Morgenstern atmete tief durch. Wo führte denn dieses Gespräch hin?
Auf jeden Fall nicht zurück nach Nürnberg, so viel war klar. »Und wie bitte
schön wohnen deine Bekannten? Und was für Bekannte sind das überhaupt?«
»Die vom Malkurs zum Beispiel. Die haben alle was Eigenes.« Fiona
hatte ihren Blick in die Ferne gerichtet. »Fast alle haben was Eigenes.«
Morgenstern war ratlos. Sicher hatten sie vor Jahren überlegt, ob
sie sich eines Tages eine eigene Wohnung würden leisten können. Aber das war in
Nürnberg gewesen. Und damals hatten sie das als unrealistisch teuer verworfen.
Hier im Altmühltal war ihre Wohnsituation nur ganz selten Thema gewesen. Ihre
Wohnung war klein, das stimmte wohl. Sie hatten bei ihrem Umzug nicht viel Zeit
zur Suche gehabt und das Erstbeste genommen. Aber Morgenstern war einer von den
Männern, die sich gerne mit dem Status quo arrangierten – auch wenn der
seine Macken hatte. Manche baumelnde Glühbirne an der Decke würde wohl nie
einen Lampenschirm bekommen, jedenfalls nicht vom Hausherrn selbst. Und eine
quietschende Zimmertür erhielt erst dann einen Tropfen Öl, wenn Fiona das
nervtötende Geräusch nicht mehr ertragen konnte.
»Etwas Eigenes?«, fragte Morgenstern mit kaum unterdrücktem Gruseln
in der Stimme. »Aber doch nicht hier in Eichstätt!«
Fiona nickte. »Ich hab mal zusammengerechnet, wie viel Miete wir
bezahlen, wenn wir noch zehn Jahre lang in dieser engen Wohnung leben.«
»Soso.«
»Über siebzigtausend Euro.« Fiona lächelte. »Wenn wir das in was
Eigenes stecken würden, wäre das ein solider Sockel.« Sie blickte ihn
erwartungsvoll an.
Morgenstern wurde mulmig. Die Sache roch für ihn nach Streit. »Ich
will aber gar nichts Eigenes. Grundsätzlich nicht, und hier in Eichstätt erst
recht nicht. Auf ein eigenes Haus habe ich echt keinen Bock.« Er rutschte in
seinem Korbstuhl hin und her, der daraufhin ächzte und knarzte, als würde er
gleich unter ihm zusammenbrechen. »Außerdem: Wenn ich mir unseren Kontostand
ansehe, kommt so etwas überhaupt nicht in Frage. Da ist immer Ebbe.«
»Keinen Bock, das ist ja wohl das schwächste Argument überhaupt«,
sagte Fiona. »Bloß weil du deinen Hintern nicht hochbringst … Außerdem«,
ihre Stimme wurde sanfter, »wir haben doch dieses kleine Finanzpolster. Waren
das nicht runde zwanzigtausend Euro?«
»Du weißt genau, dass das unsere eiserne Reserve ist. Wer weiß, wie
lange es unser alter Landrover noch macht. Dann brauchen wir von heute auf
morgen ein anderes Auto. Oder die Spülmaschine geht kaputt. Außerdem …«
»Ja?«
»Außerdem …« Morgenstern dachte an seinen großen Traum. Eine
lange Reise durch die USA . Wenn daraus eines
Tages etwas werden sollte, dann brauchten sie diese Ersparnisse –
Spülmaschine hin oder her, dann müsste er eben ein paar Monate das Geschirr von
Hand waschen. Er lächelte. Hatten nicht alle großen Karrieren in den USA so begonnen? Vom Tellerwäscher zum Millionär?
»Was hast du denn?«, fragte Fiona überrascht.
»Ach, ich habe nur kurz an Amerika gedacht. Wir, alle vier, im
Wohnmobil von Denver nach San Francisco, das wär’s.«
Morgenstern träumte sich für einen Moment hinaus aus dem grünen
Altmühltal in die steinige Schlucht des Grand Canyon. Er sah sich am Lagerfeuer
sitzen, über sich die Sterne.
»Ich habe mir das genau überlegt«, holte Fiona ihn in die Gegenwart
zurück. »Es ist für uns wirklich nicht ganz einfach, ein Haus zu finanzieren.
Aber es gibt da eine Möglichkeit: Wir könnten uns ein altes Haus kaufen, eines,
das dringend renoviert werden muss. Das richten wir uns her. Das kriegen wir in
den Griff.«
»Und Nürnberg?«, fragte Morgenstern ungläubig. Fiona musste doch
wissen, dass er wieder zurückwollte.
»Das läuft uns nicht weg. Falls wir eines Tages hier wegziehen
wollen, verkaufen wir das Haus eben wieder und haben garantiert ein gutes
Geschäft gemacht. Bis dahin aber leben wir glücklich und zufrieden.«
»Und wenn sie nicht gestorben sind, dann leben sie noch heute«,
fügte Morgenstern süffisant hinzu.
Fiona blitzte ihn wütend an. »Himmel, Mike, jetzt sei doch nicht
Weitere Kostenlose Bücher