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Hausverbot

Hausverbot

Titel: Hausverbot Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mariola Brillowska
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I
    Es war früh am Morgen, Mittwoch, der 9 . Dezember 1981 . Ich war zwanzig Jahre alt. Anton war gerade dabei, den Tee in der Küche zuzubereiten. Er machte auch sonst alles im Haushalt: Wäsche waschen, Wäsche aufhängen, Wäsche bügeln. Nein, bügeln tat Anton nicht. Wir hatten Sachen an, die unserer Meinung nach nicht gebügelt werden mussten. Aber das Bad musste doch geputzt, die Küche sauber gemacht, der Boden gewischt werden. Sollte ich das machen, kotzte ich sofort ab. Was dieses Thema anging, hatte ich ein Jugendtrauma. Deswegen kümmerte sich Anton um solche Dinge. Er war fünf Jahre älter als ich und hatte mehr Zeit. Er studierte nicht und ging auch zu keiner Arbeit.
    Anton war von Anfang an mein Kindermädchen. Ich hatte ihn kennengelernt, als ich aufs Gymnasium kam. Nicht auf irgendein Gymnasium, nicht wie alle anderen. Die meisten gingen auf sogenannte Allgemeine Gymnasien. Die waren was für Langweiler. Auch Ökonomische Gymnasien waren was für Spießer. Cool waren nur Kunst- und Schiffsbaugymnasien. Auf ein Schiffsbaugymnasium ging zum Beispiel Artur. Er war das, was man das erste Mal nennt. Vier Jahre älter als ich, Vater und Mutter beim Zirkus, Schwester auf dem Kunstgymnasium, das sie aber leider mit sechzehn abbrechen musste, weil sie schwanger war. Wegen der Schwester kam ich überhaupt erst auf die Idee, mich für dieses Kunstgymnasium zu interessieren. Was für eine freie Schule, dass man schon mit sechzehn schwanger wurde! Nicht, dass ich schwanger werden wollte. Ich träumte bloß davon, erwachsenen Sex zu haben. Schwangerschaft verband ich irgendwie mit erwachsenem Sex. Sex mit Artur war nicht erwachsen. Ich dreizehn, er siebzehn, hat nicht funktioniert. Er hatte keine Ahnung, ich sowieso nicht. Jungs von siebzehn bis dreißig brauchen ältere Freundinnen. Mädchen von dreizehn bis dreißig wissen das. Sie verkehren immer mit viel älteren Geschlechtspartnern. Artur war eindeutig zu jung für mich. Er lachte immer wie ein Fohlen. Dabei konnte man sein Zahnfleisch sehen. Das Zahnfleisch gefiel mir, und auch die Zähne mochte ich. Aber sonst hatte Artur versagt. Er hing immer nur mit seinen Kumpels im Übungskeller ab, statt mit mir spazieren zu gehen. Ich war froh, als ich auf das Kunstgymnasium kam. Da konnte ich Artur endlich vergessen.
    Denn am Eingang stand Anton. Er fiel auf. Eine märchenhafte Gestalt mit wehendem blondem Engelshaar. Er sah aus wie eine Frau und bewegte sich auch so. Aber er hatte eine männliche Stimme, den Adamsapfel in der Halsmitte und eine Hose an. Er stellte sich als das dritte Geschlecht vor. Das fand ich sehr originell. Ich hatte schon vor Artur eine Affäre mit einem Jungen gehabt, der wie ein Mädchen war. Er war aber nicht weibisch wie Anton. Alle behaupteten, der Junge sei ein als Junge verkleidetes Mädchen. Ich verführte ihn manchmal zum Petting, weil ich es genauer wissen wollte. Aber der Junge ließ mich nicht richtig ran. Bei ihm war nur Küssen erlaubt. Außerdem war ich da erst zwölf. So richtig getraut habe ich mich nicht, seinen Schritt anzufassen. Ich glaube, ich wollte nicht enttäuscht werden. Wenn sich herausgestellt hätte, dass er keinen Penis hatte, wäre ich wahrscheinlich schockiert gewesen. Damit kommt man auch als erwachsene Frau nicht klar.
    Anton hatte lange Haare. Ich hatte kurze Haare. Das passte gut zusammen. Ich verliebte mich richtig in ihn, viel mehr als in Artur. Er war das, was man die erste große Liebe nennt. Wir gingen zwei Jahre zusammen, machten alles zusammen, vor allem erwachsenen Sex haben, mit Orgasmus und Interruptus und allem. Als ich es zu Hause nicht mehr aushielt, war mir klar, dass ich mit Anton zusammenziehen würde. Da war ich siebzehn. Als wir ein Zimmer mieten wollten, fragte man uns nach der Heiratsurkunde. Ich kam damals leider nicht auf die Idee, eine Heiratsurkunde zu fälschen. Also entschieden wir uns dafür, uns ganz normal im Standesamt trauen zu lassen. Das war von meiner Seite doch eher eine pragmatische Entscheidung, und ich glaube, von Antons auch. Außerdem konnte ich damals nicht ohne Anton leben. Er war eben mein Kindermädchen, und ich hatte bisher keins gehabt. Ich liebte ihn abgöttisch, auch noch sehr lange, nachdem unsere Wege auseinandergegangen waren. Wir heirateten, sobald ich achtzehn wurde. Am Tag zuvor hatte ich Anton persönlich die Haare kurz geschnitten, damit die Standesbeamten nicht durcheinanderkamen, wer von uns der Mann und wer die Frau war. Mit der Heiratsurkunde

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