Haveljagd (German Edition)
Verstorbene gewünscht hatte, direkt nach dessen Tod und noch vor der offiziellen Testamentseröffnung, eine Kopie des Schriftstückes erhalten – und ist damit zu von Woltersbrück gegangen, nachdem deine Bekanntschaft Melanie ihm verraten hatte, dass man seinen Rechner gar nicht so ohne Weiteres manipulieren könne, um einen Vorwurf wegen Kinderpornographie damit zu begründen. Daraufhin beauftragten die sauberen Geschwister von Woltersbrück ihr Faktotum Kutzner, das Testament aus der Notarskanzlei zu entwenden – und Kurt umzubringen, nachdem man vergeblich durch Folter versucht hatte, hinter das Versteck der Kopie zu kommen.«
»Und Karin war an all diesen Scheußlichkeiten beteiligt? Wie seid ihr eigentlich auf ihre Spur gekommen?«
»Bremer war es, der unbeabsichtigt den richtigen Hinweis gab.«
»Dr. Bremer?«, wunderte sich Michaelis.
»Ja. Der hatte auch mal ein ganz normales Leben. Und darin blieben er und seine Frau kinderlos. So suchten sie beide einen Therapeuten auf, was wohl auch andere Paare in vergleichbaren Situationen taten, und da sich Karin auf diesem Gebiet einen gewissen Ruf erarbeitet hatte, kamen all die zu ihr, die mit der Kinderlosigkeit nicht klarkamen oder lieber Tennis spielen, als schwanger zu sein. Durch die Benutzung des Namens Leffler zog niemand Parallelen zu der geschassten Medizinerin Karin von Woltersbrück.«
»Weißt du, was mich an dieser ganzen Sache so fertigmacht?«
»Nein.«
»Wie konnte ich einer solchen Frau jemals trauen? Ich dachte, wir ständen uns nahe, auch wenn das mit dem Zusammenleben nicht so geklappt hat. Aber sie hätte kalt lächelnd auch meinen Tod in Kauf genommen, nur um an das Erbe zu kommen.«
Manzetti sah auf seine Hände. »Aber auch weil zu viel für diese Leihmutterklinik auf dem Spiel stand. Und von Woltersbrücks Ernennung zum Justizminister wäre verhindert worden.«
»Was Kurt und Inka letztendlich ja doch gelungen ist«, stellte Michaelis zufrieden fest.
»Und die ganze Maschinerie um Jahre zurückwirft«, sagte Manzetti. »Als Justizminister hätte der Freiherr genügend Einfluss gehabt, um über Gremien und mit Hilfe einiger Lobbyisten an der Stellschraube des Embryonenschutzgesetzes zu drehen.«
»Wie meinst du das?«, fragte Michaelis und steckte den Schlüssel in die Eingangstür des Blockhauses. Nach nicht einmal zwei Minuten kam er mit einer Flasche Rum und zwei Gläsern zurück.
»Prost, auf meinen alten Kumpel Kurt.«
Nachdem er ausgetrunken hatte, wiederholte er seine Frage. »Wie hast du das gemeint?«
»Wenn in Deutschland das Embryonenschutzgesetz fällt, hast du früher oder später die gleichen Verhältnisse, wie sie sich Karin und ihr Team illegal bereits geschaffen hatten. Dem Missbrauch wären Tür und Tor geöffnet, und viele Kinder müssten das Schicksal von Tim teilen.«
Michaelis nickte. »Und die Freifrau? Wieso wusste sie nichts von ihrem behinderten Sohn?«
»Man hat ihr immer wieder versichert, dass die russische Leihmutter den Embryo verloren hatte.«
»Und sie hat das geglaubt?«
»Was sollte sie tun?«, fragte Manzetti. »Es waren ihr Mann und dessen Schwester. Denen glaubt man doch. Und als sie durch Kurts Initiative davon erfahren hat, da steckte sie selbst doch schon viel zu tief drin in dem Geschäft. Außerdem sonnte sie sich nur zu gern in dem Erfolg ihres Mannes und freute sich schon, Frau Ministerin zu werden.«
»Aber als Karin am Silokanal auf euch beide zuging, um euch höchstwahrscheinlich in dem Gebüsch zu erschießen, brach endlich der Mutterinstinkt der Freifrau durch, und sie schoss ihre Schwägerin nieder. So ist die Natur eben.«
»Die Natur?« Michaelis verstand den Satz nicht ganz.
»Der Mutterinstinkt ist einer der stärksten Triebe, die die Natur hervorbringt. Wie anders kann man sonst erklären, dass Löwinnen ihren Nachwuchs nicht fressen?«
Michaelis lehnte sich zurück und sog genüsslich die Luft durch die Nase. »Sicherlich hast du Recht. Und wie hat sie sich dann Tim gegenüber verhalten?«
Manzetti schaute in den Himmel. »Wie eine wahre Mutter. Sie hat nicht an ihrem Kind gezerrt, und so weiß Tim über seine Herkunft heute genauso wenig wie vor ein paar Wochen.«
»Du meinst, er glaubt noch immer, dass Nina seine Mutter ist?«
»Ja«, Manzetti krempelte sich die Ärmel seines Hemdes hoch. »Und dabei wollen wir es auch belassen. Das ist eine Angelegenheit, die ausschließlich sie und Tim etwas angeht.«
Es trat eine Pause ein, während der beide schweigend
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