Hawkings Kosmos einfach erklaert
(siehe unten). Diese als âWeltformelâ zu bezeichnen, hat sich eingebürgert, ist aber eine Ãbertreibung â strenggenommen auch ganz formal. Denn sie ist unvollständig, weil sie den Quantenzustand des Universums auÃer acht lässt, der quasi die Rolle der Randbedingungen inne hat. Eine solche âWeltbestandsaufnahmeâ ist für die Kosmologie also genauso wichtig wie eine Theorie von Raum, Zeit, Materie, Energie und ihren Wechselwirkungen. Dieser Quantenzustand, die sogenannte Wellenfunktion des Universums, wird von vielen Physikern noch recht stiefmütterlich behandelt. Der wohl am weitesten entwickelte Ansatz dafür, und sicherlich der bekannteste, ist die von Hawking vorgeschlagene Keine-Grenzen-Bedingung des Universums ( siehe hier ).
⺠Das Ende der Theoretischen Physik?
âIn dieser Vorlesung möchte ich die Möglichkeit erörtern, dass das Ziel der Theoretischen Physik in nicht allzu ferner Zukunft, sagen wir am Ende unseres Jahrhunderts, erreicht sein wird. Ich meine damit, dass wir unter Umständen über eine vollständige, schlüssige und vereinheitlichte Theorie der physikalischen Wechselwirkungen verfügen könnten, die alle überhaupt möglichen Beobachtungen beschreibt.â
Mit diesen vor Optimismus strotzenden Worten begann Stephen Hawking am 29. April 1980 in Cambridge seine Antrittsvorlesung anlässlich der Ernennung zum Lucasian Professor of Mathematics. Titel der Vorlesung: Ist das Ende der Theoretischen Physik in Sicht?
Damit meinte Hawking aber weder ein Ende der Physik insgesamt (es werden nie alle Fragen beantwortet sein) noch der Physiker (aufgrund der Zerstörung der menschlichen Hochkultur durch Naturkatastrophen oder kriegerische Selbstvernichtung â oder aufgrund der Machtergreifung intelligenterer Computersysteme). Sondern die Möglichkeit, dass bald eine grundlegende Theorie gefunden werden könnte â die besagte âWeltformelâ â, deren Fundamente sich nicht mehr tiefer legen lassen.
Kleiner und kleiner: Zu den gröÃten Errungenschaften der Wissenschaft zählt die Einsicht in den Aufbau der Materie. Quarks und Elektronen gelten gegenwärtig als Elementarteilchen. Das muss nicht so bleiben. Im Prinzip könnte alles sogar ins unendlich Kleine ineinander verschachtelt sein wie bei russischen Puppen. Es gibt jedoch gute Argumente gegen eine unaufhörliche Teilbarkeit. Schon einzelne Quarks lassen sich nicht isolieren, weil die Energie, die nötig wäre, sie auseinanderzureiÃen, so hoch ist, dass daraus neue gebundene Quarks entstehen. Und noch spekulativeren Theorien der Quantengravitation zufolge ist selbst der Raum nicht kontinuierlich und beliebig teilbar, sondern wird auf der Planck-Länge (10 -35 Meter) gleichsam körnig oder schaumartig. Laut Stringtheorie, der am weitesten entwickelten Hypothese zur Quantengravitation, bestehen alle Materie- und Energieformen aus eindimensionalen Strings. Unsere ganze Welt wäre dann gleichsam eine Melodie dieser schwingenden Saiten.
Nach einer solchen Theorie der Quantengravitation haben bereits Albert Einstein, Werner Heisenberg und viele andere berühmte Physiker gesucht â allerdings vergeblich. Inzwischen gibt es mehrere Vorschläge, darunter die neuerdings von Hawking favorisierte M-Theorie. Aber niemand weiÃ, wie gut diese Theorien als Modell der Realität funktionieren. AuÃerdem lassen sie sich kaum praktisch überprüfen.
âQuantengravitationâ ist ein Sammelbegriff für verschiedene Ansätze, die beiden Säulen der modernen Physik miteinander zu verbinden: die Allgemeine Relativitätstheorie und die Quantentheorie (dazu weiter unten mehr). Obwohl beide Theorien exzellent mit den experimentellen Daten übereinstimmen â nie zuvor gab es leistungsfähigere Theorien â, widersprechen sie sich. Es scheint, als würde die Natur zwei verschiedene Arten von Regeln befolgen:
⺠ Einerseits die Allgemeine Relativitätstheorie: Ihr Alphabet ist die Geometrie, und ihr Vokabular besteht aus Linien, Winkeln, Oberflächen und Kurven. Die Schwerkraft ist eine Eigenschaft der Geometrie der Raumzeit, die nicht bloà Bühne allen Geschehens, sondern auch teilnehmender Schauspieler ist.
⺠ Andererseits die Quantentheorie: Ihr Alphabet besteht aus algebraischen Symbolen und Quantenzahlen und enthält nicht die deterministischen Wörter âimmerâ und
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