Heart Beat
nach dem Glas, das sie ihm entgegenschob.
»Was hält dich wach?«, fragte er.
Selena zog ihren Morgenmantel enger um ihren Körper. »Das Gefühl, mit meinem Umzug einen Fehler zu machen. Und dich?«
»Erin will zurück nach Boston. Sie möchte das Haus behalten.« Cole kam sich seltsam vor, mit einer Fremden über Probleme zu sprechen, von denen er nicht wusste, wie er sie lösen sollte. Zugleich war er froh, nicht allein mit seinen Gedanken in der Dunkelheit zu sitzen.
»Hast du ihr schon mal gesagt, wie du für sie empfindest, Cole?«
Rastlos schob er das Glas zwischen seinen Händen hin und her. »Nein, bisher gab es nie die passende Gelegenheit.«
»Die wird es nie geben, wenn du dir nicht sicher bist.«
»Ich bin mir sicher«, sagte er. »Ich kann mir ein Leben ohne Erin nicht vorstellen.« Er hatte sich in den letzten Wochen so sehr an ihre Gegenwart gewöhnt, an ihr Lachen, an das Herumalbern und ihre humorvollen Wortwechsel, dass er sich nicht mal vorstellen wollte, darauf verzichten zu müssen. Er brauchte Erin wie die Luft zum Atmen. Er war sich nur nicht sicher, dass sie ihn auf dieselbe Weise brauchte.
»Das erste Mal verliebt, hm?« Selena lächelte ihn an. »Das kann einem schon Angst machen.«
»Eine Scheißangst«, gestand er und war abermals dankbar, im Dunkeln zu sitzen. Die Angst, Erin zu verlieren, war jedoch stärker. Wenn er so weitermachte und ihr nicht sagte, was er empfand, würde allerdings genau das passieren. Sie würde ihre Sieben Sachen packen und auf Nimmerwiedersehen aus seinem Leben verschwinden.
Das war keine Option. Nicht mehr. Vielleicht nie gewesen.
Ihr Platz war in New York. An seiner Seite. Er musste nur noch einen Weg finden, auch Erin davon zu überzeugen.
»Warum sagst du ihr nicht einfach, dass du sie liebst, Cole? Was hält dich zurück?«
»Ihr Vater ist vor vier Tagen gestorben. Erin hat im Moment andere Sorgen, als sich um ihr Liebesleben zu kümmern.«
Selena schüttelte den Kopf. »Erin denkt stets zuerst an andere und zuletzt an sich selbst, so ist es immer schon gewesen. Weißt du, was ich denke, Cole? Sie liebt dich so sehr, dass ein Umzug für sie eher infrage kommt, als damit leben zu müssen, ständig in deiner Nähe zu sein. Die Idee, dass du mit ihr zusammen sein möchtest, zieht sie nicht einmal in Erwägung.«
War es so? Glaubte Erin, sie würde ihm so wenig bedeuten, dass er sie einfach gehen ließe? Hatte er ihr so wenig Grund gegeben, ihm zu vertrauen? Offensichtlich. Die Vorstellung traf ihn hart. Wie der Gedanke an die Geburtstagsparty seines Vaters – das Aufeinandertreffen mit Rose und ihr Streit, bei dem Worte gefallen waren, die Erin verletzten und bis heute nicht geklärt waren.
Deshalb nicht geklärt waren, weil er nicht gut darin war, über Gefühle zu sprechen, geschweige denn die Hosen runter zu lassen, um einen Seelenstriptease hinzulegen. All das konnte ihm nun zum Verhängnis werden. Es frustrierte ihn über alle Maßen, dass er es so weit hatte kommen lassen.
Cole trank seinen Scotch aus und erhob sich. »Danke fürs Zuhören, Selena. Ich hoffe, du triffst die richtige Entscheidung, was deinen Umzug betrifft. Du weißt, weder Erin noch ihr Vater wollten, dass du hier ausziehst.«
»Ich denke darüber nach.«
»Tu das«, sagte Cole. »Gute Nacht.«
»Cole?«
»Ja?« Er dreht sich noch einmal zu ihr um.
»Sie ist es wert, um sie zu kämpfen.«
Genau das würde er auch tun, und in dieser Sache war Verlieren keine Option. »Ich weiß, Selena.«
19. Kapitel
Zwei Tage waren seit der Beerdigung vergangen. Zwei Tage in denen Erin versucht hatte, Routine zurück in ihr Leben zu bekommen.
Nachdem sie die letzten Abschlussprüfungen korrigiert und die Noten für die Zeugnisübergabe am Freitag eingetragen hatte, begann sie mit der Planung für ihren Umzug.
Es graute ihr vor den vielen Stunden, die sie damit zubringen würde, Kisten zu packen und ihr Apartment auszuräumen. Sie hatte einen Makler beauftragt; der Termin für die Erstbesichtigung fand bereits kommenden Montag statt, was ein wenig Wehmut in ihr auslöste.
Mehrere Monate hatte es gedauert, das richtige Fleckchen zu finden, um ihr neues Leben in New York zu beginnen. Die Vorstellung war eigenartig, nun alle Zelte wieder abzubrechen, um in Boston neu anzufangen.
Vieles hatte sich in den letzten Wochen verändert. Sie war nicht sicher, ob sie mit all den Veränderungen zurecht kommen würde, aber sie wollte es versuchen. Sie
musste
, denn ihre Entscheidung stand
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