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Heidi - Buch 1 und 2 - Illustrierte Ausgabe

Heidi - Buch 1 und 2 - Illustrierte Ausgabe

Titel: Heidi - Buch 1 und 2 - Illustrierte Ausgabe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Johanna Spyri
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wollte kommen.
     
    Eine Weile noch stand der Alte und schaute andächtig zu, wie nach den hohen Berggipfeln die grünen Hügel golden zu schimmern begannen und dann aus dem Tale leise die dunkeln Schatten wichen und ein rosiges Licht hineinfloß und nun Höhen und Tiefen im Morgengolde erglänzten; die Sonne war gekommen.
     
    Jetzt holte der Öhi den Rollstuhl aus dem Schopf heraus, stellte ihn, zur Reise gerüstet, vor die Hütte hin und trat dann hinein, um den Kindern zu sagen, wie schön der Morgen erwacht sei, und sie herauszuholen.
     
    Eben jetzt kam der Peter herangestiegen. Seine Geißen kamen nicht zutraulich wie gewohnt an seiner Seite und nahe vor und hinter ihm den Berg herauf; sie schossen scheu umher, dahin und dorthin, denn der Peter hieb alle Augenblicke ohne jede Veranlassung um sich wie ein Wütender, und wo er traf, tat es nicht wohl. Der Peter war auf dem höchsten Punkt des Zornes und der Erbitterung angelangt. Seit Wochen hatte er nie mehr das Heidi für sich gehabt, so wie er’s gewohnt war. Kam er am Morgen von unten herauf, so wurde schon immer das fremde Kind in seinem Stuhle herausgetragen, und das Heidi gab sich mit ihm ab. Kam er am Abend von oben herunter, so stand noch der Rollstuhl mit seiner Inhaberin unter den Tannen, und das Heidi machte sich mit ihr zu schaffen. Nie war es noch zur Weide hinaufgekommen den ganzen Sommer, und nun heute wollte es kommen, aber mitsamt dem Stuhle und der Fremden darin und wollte die ganze Zeit nur mit dieser sich abgeben. Das sah der Peter voraus, und das hatte seinen inneren Grimm auf den höchsten Punkt gebracht. Jetzt erblickte er den Stuhl, der so stolz da auf seinen Rollen stand, und schaute ihn an wie einen Feind, der ihm alles zuleide getan hatte und heute noch viel mehr tun wollte. Der Peter schaute um sich – alles war still, kein Mensch zu sehen. Wie ein Wilder stürzte er jetzt auf den Stuhl, packte ihn an und stieß ihn mit so erbitterter Gewalt dem Bergabhange zu, daß der Stuhl förmlich davonflog und augenblicklich verschwunden war.
     

     
    Jetzt stürzte der Peter die Alm hinan, als hätte er selber Flügel bekommen, und er setzte kein einziges Mal ab, bis er oben zu einem großen Brombeerstrauch gelangte, hinter dem er verschwinden konnte, denn er begehrte nicht, daß der Öhi ihn erblickte. Er wollte aber doch gern sehen, was der Stuhl mache, und der Strauch auf dem Bergvorsprunge war gut gelegen. Der Peter konnte halb verborgen die Alm hinabschauen und, kam der Öhi zum Vorschein, hurtig sich ganz verstecken. So tat er, und was erschauten seine Blicke! Weit unten schon stürzte sein Feind dahin, von immer größerer Gewalt getrieben. Jetzt überschlug er sich, wieder und wieder, dann machte er einen hohen Satz, dann schlug es ihn wieder auf die Erde nieder, und überschlagend rollte er seinem Verderben entgegen.
     
    Schon flogen da und dort die Stücke von ihm weg, Füße, Lehnen, Polsterfetzen, alles hoch in die Luft geworfen. Der Peter empfand eine so unbändige Freude an dem Anblick, daß er mit beiden Füßen zugleich in die Luft springen mußte. Er lachte laut auf, er stampfte vor Wonne, er sprang in Sätzen im Kreise herum, er kam wieder an denselben Platz und guckte den Berg hinab. Ein neues Gelächter erscholl, neue Luftsprünge; der Peter war völlig außer sich vor Vergnügen über diesen Untergang seines Feindes, denn er sah lauter gute Dinge vor sich, die nun kommen würden. Jetzt mußte die Fremde abreisen, denn sie hatte kein Mittel mehr, sich zu bewegen. Das Heidi war wieder allein und kam mit ihm auf die Weide, und am Abend und Morgen war es für ihn da, wenn er kam, und alles war wieder in der alten Ordnung. Aber der Peter bedachte nicht, wie es geht, wenn man eine böse Tat begangen hat, und was dann nachher kommt.
     
    Jetzt kam das Heidi aus der Hütte gesprungen und rannte dem Schopf zu. Hinter ihm her kam der Großvater mit Klara auf dem Arm. Die Schopftür stand weit offen, die beiden Bretter daneben waren weggestellt, bis in den hintersten Winkel war es taghell. Das Heidi guckte hin und her, lief um die Ecke, kam wieder zurück, die ungeheuerste Verwunderung lag auf seinem Gesichte. Nun trat der Großvater heran.
     
    »Was ist das? Hast du den Stuhl weggerollt, Heidi?« fragte er.
     
    »Ich suche ihn ja allenthalben, Großvater, und du hast gesagt, er stehe neben der Schopftür«, sagte das Kind, immer noch nach allen Seiten mit den Augen herumsuchend.
     
    Der Wind war unterdessen stärker geworden;

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