Heidi Klum - Chamäleongesicht. Biographie (German Edition)
Studienabschluss? Auf diese Frage gibt es keine einfachen Antworten. Man erwartet von Topmodels, dass sie Interesse für Mode haben und dass ihre Karriere auf den Laufstegen von Paris begonnen hat. Das ist bei Heidi eher nicht und gar nicht der Fall. Sie geht privat ungeschminkt und in Jeans und T-Shirt aus dem Haus. Das ist auch bei Claudia Schiffer so. Und doch hat Schiffer die Modewelt verändert. Chanel war vorher das strenge Kostüm für kleine Pariserinnen. Nach Claudia wird das Ausgehkleid kurz und sexy und die Jeans, die sie so gerne trägt, sind auf einmal auch für Otto Normalverbraucher erlaubt. Claudia ist stilbildend, ein Typ, über den Modeschöpfer sprechen. Valentino und Gianni Versace bemühen sich so lange um „die Schiffer“, bis deren Agentin ihnen letztendlich zu sagt. Auch privat setzt Claudia ihren Modegeschmack bewusst um, trägt Tennisschuhe zu eleganten Jacketts, kombiniert Farben, wie es andere nie wagen würden und verwandelt sich dadurch auch außerhalb des Modegeschäfts in eine Stilikone. Vieles, was Claudia macht, wird später auch Heidi auszeichnen. Dass sie immer gut drauf ist, nie die Zicke spielt, dass sie kein Problem mit Nacktaufnahmen hat, dass sie für ihr Lächeln berühmt ist, das sie aber erst mühsam erlernen musste. Was bei Heidi anders ist: Sie ist privat keine Stilikone, hat sich nie von Jeans, T-Shirt und Flip-Flops verabschiedet. Sie hat in Paris versagt, hat keine Laufstegpräsentationen gemacht, keinen Modeschöpfer inspiriert, sie war nie die Muse eines Mannes vom Kaliber Karl Lagerfelds. Und Heidi hatte es nie leicht. Sie wurde nicht einfach entdeckt, und stieg kometenhaft in der Popularität auf wie Claudia und ihresgleichen, sondern hat sich alles hart erarbeitet. Aber bedeutet Heidis langsamer, mühevoller Aufstieg, dass sie es deshalb gar nie bis in die Rolle eines Topmodels schaffen kann? Von Kritikern Heidis wird meist auch die geringe Körpergröße erwähnt, die sie vom Modelberuf überhaupt ausschließen würde. Das stimmt allerdings nicht, dass Heidi klein wäre. Sie ist 1,76 m, also nicht unbedingt klein für eine Frau, und dabei deutlich größer als Supermodel Kate Moss, die nur 1,70 m misst. Es wird gesagt, dass Heidi mit dem häufig kolportierten Gewicht von 62 kg zu schwer sei. Tyra Banks ist mit 1,78 m kaum größer als Heidi und wog zur Zeit ihrer größten Erfolge als Model, nämlich bei der Veröffentlichung ihres Titelbildes auf Sports Illustrated nach eigenen Angaben 65 kg. Man sieht also, dass die Beobachter der Karriere Heidis in ihrem Urteil nicht immer gerecht waren.
Wie ist es jetzt mit der häufig geäußerten Meinung, jemand, der es in Paris und auf den anderen Laufstegen der europäischen Modemetropolen nicht geschafft habe, sei in dem Beruf gescheitert? Diesen Vorwurf kann man auch Kate Moss machen, die wie Heidi anfänglich mit Werbeaufträgen für Unterwäsche bekannt wurde. Zwar wurde sie später in Paris für Modeshows gebucht, aber da war sie längst ein Star. Und darum geht es letztendlich, nämlich, als Star wahrgenommen zu werden. Das Aufsehen, das ein Model beim Kunden hervorruft, ist zugleich der Gütestempel, der weiteres Aufsehen rechtfertigt. Da kann ein Name, den man sich anderenorts gemacht hat, zur Eintrittskarte werden. Letztendlich aber zählt die Werbewirksamkeit. Je besser sich eine Kollektion mit einem bestimmten Model verkauft, desto höher werden die Preise, die ein Model von ihrem nächsten Auftraggeber verlangen kann. Und diese Preise sind es, die die Stellung eines Topmodels im Geschäft auch nachhaltig rechtfertigen. Eine Berufsausbildung oder ein Zertifikat gibt es also in dieser Branche nicht. Wenn jemand wie Heidi den Umsatz der Firmen steigern kann, die sie als Werbemodell benutzen, wird sie besser bezahlt werden und gelangt über die Summe ihrer Einnahmen in den Tempel der Supermodels. So einfach ist das. Bei Heidi wird es einige Jahre dauern, bis sie andere Spitzenverdiener unter ihren Kolleginnen finanziell ausstechen kann. Ob sie es nun im Jahr 1998 schon geschafft und den Ehrentitel eines „Supermodels“ ergattert hat? Der Beiname wird ihr in diesem Jahr in den Gazetten schon bereits mehrfach verliehen. Zehn Jahre später aber kann kein Zweifel mehr daran bestehen, dass sie das Unvorstellbare geschafft hat. Ging Heidi 1993 in ihrer Agentur noch mit einem mulmigen Gefühl an der großen, eindrucksvollen Schönheit Claudia Schiffer vorbei, hat sie diese im Jahr 2008 längst überrundet, zumindest
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