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Heidi und andere klassische Kindergeschichten

Heidi und andere klassische Kindergeschichten

Titel: Heidi und andere klassische Kindergeschichten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Johanna Spyri
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nicht sein, wenn du hier oben dein Brillantenkreuz verlierst, Paula”, entgegnete die Tante, während sie das rote Samtband zusammenknüpfte, an dem das funkelnde Kreuz hing. “Es ist das drittemal, daß ich das Band festmache, seit wir angekommen sind. Ich weiß nicht, wo es fehlt, ob an dir oder an dem Band, aber das weiß ich, daß du jammern wirst, wenn es verloren ist.”
    “Nein, nein”, rief Paula lebhaft aus, “das Kreuz darf nicht verlorengehen, um keinen Preis, es ist noch von der Großmutter und ist mein größter Schatz!”
    Paula ergriff selbst noch das Band und machte zwei, drei Knoten hinein, damit es festhalte. Plötzlich spitzte sie die Ohren. “Hör, hör, Tante, jetzt kommt aber wirklich etwas Lustiges.”
    Hoch oben erscholl ein fröhlicher Gesang. Zwischendurch kam ein langer, schallender Jodler, dann wurde wieder gesungen. Die Damen schauten aufwärts, konnten aber nichts Lebendiges entdecken. Der Fußweg ging in großen Serpentinen, oft zwischen hohem Gebüsch und wieder zwischen vorstehenden Bergabhängen durch, so daß man von unten immer nur kurze Stückchen davon erblicken konnte. Aber jetzt wurde es plötzlich lebendig auf dem Pfad, oben und unten, auf allen Stellen, wo der schmale Weg gesehen werden konnte, und immer lauter und näher tönte der Gesang.
    “Sieh, sieh, Tante, dort! Hier! Sieh da! Sieh da!” rief Paula mit großem Vergnügen. Und ehe die Tante sich’s versah, kamen drei, vier Geißen in Sprüngen daher und immer mehr, immer mehr, und jede hatte ein Glöcklein am Hals. Die läuteten von allen Seiten her, und mitten in einem Rudel kam der Geißbub herabgesprungen und sang eben noch sein Lied zu Ende:
    “Und im Winter bleib ich fröhlich,
Weil’s Weinen nichts nützt,
Und weil ihm sowieso der Frühling
Auf den Fersen schon sitzt.”
    Dann ließ er einen ungeheuren Jodel erschallen. Und auf einmal stand er mit seinem Rudel dicht vor den Damen, denn mit seinen nackten Füßen sprang er genauso flink und leise wie seine Tierchen.
    “Guten Abend wünsche ich”, sagte er, indem er die beiden lustig anschaute, und wollte weiterziehen. Aber der Geißbub mit den fröhlichen Augen gefiel den Damen. “Wart ein wenig”, sagte Paula, “bist du der Geißbub von Fideris? Hast du Geißen aus dem Dorf unten?”
    “Ja natürlich”, war die Antwort.
    “Gehst du alle Tage mit ihnen da hinauf?”
    “Ja freilich.”
    “So, so, und wie heißt du denn?”
    “Moni heiße ich.”
    “Willst du mir auch das Lied einmal singen, das du eben gesungen hast?
Wir haben erst einen Vers gehört.”
    “Das ist zu lang”, erklärte Moni, “es wird zu spät für die Geißen, sie müssen heim.” Er rückte sein altes Hütchen zurecht, schwang seine Rute in der Luft und rief den Geißen zu, die schon überall zu nagen angefangen hatten: “Heim! Heim!”
    “So singst du mir’s doch ein andermal, Moni, nicht wahr?” rief ihm
Paula nach.
    “Ja, das will ich und gute Nacht!” rief er zurück, setzte sich nun mit den Geißen in Trab, und in kurzer Zeit stand die ganze Herde unten, wenige Schritte vom Badehaus bei dem Hintergebäude still. Denn hier hatte Moni die Geißen, die zum Haus gehörten, die schöne weiße und die schwarze mit dem zierlichen Zicklein abzugeben. Moni behandelte letzteres mit größter Sorgfalt, denn es war ein zartes Tierchen, und er liebte es von allen am meisten. Es war auch so anhänglich, daß es ihm den ganzen Tag immer nachlief. Er zog es auch jetzt ganz zärtlich zu sich und stellte es in seinen Stall hinein. Dann sagte er: “So, Mäggerli, nun schlaf gut, du bist müde. Es ist sehr weit bis dort hinauf, und du bist noch so klein. Leg dich jetzt nur gleich hin, siehst du, so in das gute Stroh hinein.”
    Nachdem er so das Mäggerli zur Ruhe gebettet hatte, zog er eilig weiter mit seiner Schar, erst vor dem Badehaus den Hügel hinauf und dann die Straße hinunter dem Dorf zu. Hier nahm er sein Hörnchen vor den Mund und blies so gewaltig hinein, daß es dröhnte bis weit ins Tal hinab. Von allen verstreuten Höfen her kamen jetzt die Kinder gelaufen, jedes stürzte auf seine Geiß, die es aus der Ferne schon kannte. Und von den nahen Häusern her kam hier eine Frau und dort eine, faßte ihr Geißlein am Strick oder am Horn, und in kurzer Zeit war die ganze Herde auseinandergestoben, und jedes Tierlein kam an seinen Ort. Zuletzt stand der Moni noch allein mit der Braunen, seiner eigenen Geiß, und mit ihr ging er zu dem Häuschen am Bergabhang, wo schon die

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