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Heidi und andere klassische Kindergeschichten

Heidi und andere klassische Kindergeschichten

Titel: Heidi und andere klassische Kindergeschichten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Johanna Spyri
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Ergebung in das Unabänderliche.
    “Heidi”, sagte nun die Großmama, “jetzt will ich dir etwas sagen: Du hast noch nie lesen gelernt, weil du deinem Peter geglaubt hast; nun aber sollst du mir glauben, und ich sage dir fest und sicher, dass du in kurzer Zeit lesen lernen kannst, wie eine große Menge von Kindern, die geartet sind wie du und nicht wie der Peter. Und nun musst du wissen, was nachher kommt, wenn du dann lesen kannst— du hast den Hirten gesehen auf der schönen, grünen Weide—; sobald du nun lesen kannst, bekommst du das Buch, da kannst du seine ganze Geschichte vernehmen, ganz so, als ob sie dir jemand erzählte, alles, was er macht mit seinen Schafen und Ziegen und was ihm für merkwürdige Dinge begegnen. Das möchtest du schon wissen, Heidi, nicht?”
    Heidi hatte mit gespannter Aufmerksamkeit zugehört, und mit leuchtenden Augen sagte es jetzt, tief Atem holend: “Oh, wenn ich nur schon lesen könnte!”
    “Jetzt wird’s kommen, und gar nicht lange wird’s währen, das kann ich schon sehen, Heidi, und nun müssen wir mal nach der Klara sehen; komm, die schönen Bücher nehmen wir mit.” Damit nahm die Großmama Heidi bei der Hand und ging mit ihm nach dem Studierzimmer.
    Seit dem Tage, da Heidi hatte heimgehen wollen und Fräulein Rottenmeier es auf der Treppe ausgescholten und ihm gesagt hatte, wie schlecht und undankbar es sich erweise durch sein Fortlaufenwollen und wie gut es sei, dass Herr Sesemann nichts davon wisse, war mit dem Kinde eine Veränderung vorgegangen. Es hatte begriffen, dass es nicht heimgehen könne, wenn es wolle, wie ihm die Base gesagt hatte, sondern dass es in Frankfurt zu bleiben habe, lange, lange, vielleicht für immer. Es hatte auch verstanden, dass Herr Sesemann es sehr undankbar von ihm finden würde, wenn es heimgehen wollte, und es dachte sich aus, dass die Großmama und Klara auch so denken würden. So durfte es keinem Menschen sagen, dass es heimgehen möchte, denn dass die Großmama, die so freundlich mit ihm war, auch böse würde, wie Fräulein Rottenmeier geworden war, das wollte Heidi nicht verursachen. Aber in seinem Herzen wurde die Last, die darinnen lag, immer schwerer; es konnte nicht mehr essen, und jeden Tag wurde es ein wenig bleicher. Am Abend konnte es oft lange, lange nicht einschlafen, denn sobald es allein war und alles still ringsumher, kam ihm alles so lebendig vor die Augen, die Alm und der Sonnenschein darauf und die Blumen; und schlief es endlich doch ein, so sah es im Traum die roten Felsenspitzen am Falknis und das feurige Schneefeld an der Schesaplana, und erwachte dann Heidi am Morgen und wollte voller Freude hinausspringen aus der Hütte—da war es auf einmal in seinem großen Bett in Frankfurt, so weit, weit weg, und konnte nicht mehr heim. Dann drückte Heidi oft seinen Kopf in das Kissen und weinte lang, ganz leise, dass niemand es höre.
    Heidis freudloser Zustand entging der Großmama nicht. Sie ließ einige Tage vorübergehen und sah zu, ob die Sache sich ändere und das Kind sein niedergeschlagenes Wesen verlieren würde. Als es aber gleich blieb und die Großmama manchmal am frühen Morgen schon sehen konnte, dass Heidi geweint hatte, da nahm sie eines Tages das Kind wieder in ihre Stube, stellte es vor sich hin und sagte mit großer Freundlichkeit: “Jetzt sag mir, was dir fehlt, Heidi; hast du einen Kummer?”
    Aber gerade dieser freundlichen Großmama wollte Heidi nicht sich so undankbar zeigen, dass sie vielleicht nachher gar nicht mehr so freundlich wäre; so sagte Heidi traurig: “Man kann es nicht sagen.”
    “Nicht? Kann man es etwa der Klara sagen?”, fragte die Großmama.
    “O nein, keinem Menschen”, versicherte Heidi und sah dabei so unglücklich aus, dass es die Großmama erbarmte.
    “Komm, Kind”, sagte sie, “ich will dir was sagen: Wenn man einen Kummer hat, den man keinem Menschen sagen kann, so klagt man ihn dem lieben Gott im Himmel und bittet ihn, dass er helfe, denn er kann allem Leid abhelfen, das uns drückt. Das verstehst du, nicht wahr? Du betest doch jeden Abend zum lieben Gott im Himmel und dankst ihm für alles Gute und bittest ihn, dass er dich vor allem Bösen behüte?”
    “O nein, das tu ich nie”, antwortete das Kind.
    “Hast du denn gar nie gebetet, Heidi, weißt du nicht, was das ist?”
    “Nur mit der ersten Großmutter habe ich gebetet, aber es ist schon lang, und jetzt habe ich es vergessen.”
    “Siehst du, Heidi, darum musst du so traurig sein, weil du

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