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Heidi und die Monster

Titel: Heidi und die Monster Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter H. Johanna;Geißen Spyri
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»Hier ist es schön! Komm und sieh, wie schön es hier ist, Großvater!«
    »Weiß schon«, tönte es von unten. Der Öhi ging an den Schrank und zog ein grobes Tuch hervor, das musste als Leintuch dienen. Er kam die Leiter herauf, da hatte Heidi sich schon ein artiges Bettlein gerichtet. Wo der Kopf sein musste, war das Heu aufgeschichtet, und das Gesicht kam so zu liegen, dass man durch das runde Loch schauen konnte.
    »Das ist recht gemacht«, sagte der Großvater. Miteinander breiteten sie das Tuch übers Heu.
    »Das ist ein prächtiges Lager.« Heidi stand staunend davor. »Jetzt wollt ich, es wäre schon Nacht, so könnt ich hineinliegen.«
    Mit düsterem Blick wandte der Großvater sich ab, denn vor der kommenden Nacht, da war dem alten Mann bang.

    Vorzüglich schlief Heidi auf seinem Lager von Heu und träumte von schimmernden Bergen und roten Blumen darauf, und über die Alp rannten Schwänli und Bärli und machten die fröhlichsten Sprünge. Mitten in der Nacht aber wurde es von einem Laut geweckt, das klang wie ein Gatter, das aufschlug und zufiel. Jedoch durfte nirgends ein Gatter schlagen, der Großvater hatte auch alle sorgsam verriegelt. Stand von den Gattern nämlich eines nur offen, könnten die Niänenüütli auf das Wiesenstück eindringen und die Bewohner der Hütte im Schlaf überfallen.
    Als Heidi das Geräusch hörte, war es gleich hellwach. Es getraute sich nicht, den Öhi zu rufen; wenn er schlafen und das Geräusch nicht gehört haben möchte, wollte das Kind
ihn nicht wecken. Es stand auf und zog in Eile an, was es zuletzt getragen hatte, und das war nicht viel. Nun stieg es die Leiter hinunter und schaute sich um. Im Herd glomm die Glut und schuf ein wenig Licht in der Hütte, das war nichts im Vergleich zu dem kalten blauen Schein, der von draußen hereinfiel. Wie die Gegenstände bei Nacht doch anders aussahen! Überall starrte dem Kind die kantige Finsternis entgegen; da waren grausige schwarze Winkel, und die Axt im Hackstock kam ihm vor wie eine dürre Hand, die sich entgegenstreckte.
    »Großvater?« Heidi tat einen Schritt zu seinem Lager, das lag im Schatten. Als sich der Öhi nicht regte, tastete Heidi nach ihm. Wie erschrak das Kind, als es den alten Mann nicht auf der Schlafstatt fand. Es riss die Decke beiseite und grub seine Hände ins Heu, das noch warm war, weil er eben darauf gelegen hatte.
    »Großvater, wo bist du?«, rief Heidi durch die Hütte. Aber nichts als der Nachtwind antwortete. Nun packte es doch die Angst, denn es ist etwas anderes, einem Unaussprechlichen am hellen Tag zu begegnen, wenn man ihm das scharfe Schwert durch Mark und Gebein stoßen kann, oder wenn man sich im Finstern selbst Gestalten erschafft, die noch um vieles schreckenerregender sind.
    Heidi lief vor die Tür und sah, dass der volle Mond über der Alp aufgegangen war und Berge und Hänge mit seinem blassblauen Schimmer überzog. Das war die Sonne des Abgrunds, wie die Leute die Vollmondnächte auch nannten, die gefürchteten Nächte, in denen das Tote mehr Macht über das Leben hatte als gewöhnlich und nicht nur die Niänenüütli auf Futtersuche gingen, sondern auch die Vampire aus
ihren Gräbern erwachten, die Uuputztä 3 , wie sie hießen, weil sie durch das Schwert nicht zu bezwingen waren.
    Vor ihnen hatte Tante Dete oft gewarnt: Sie seien tausendmal heimtückischer als die Niänenüütli, die das Leben abgelegt hätten und durch den Fraß von menschlichem Fleisch ein Dasein führten, das dem der Maden glich. Den Uuputztä wollte Heidi um keinen Preis schutzlos begegnen, darum schaute es talwärts, wo der Großvater sein möchte, und wirklich entdeckte es seine mächtige Gestalt auf der Steilmatte. Gerade lief er den Hügel hinab auf das Dörfli zu. Heidi erkannte auch den hurtigen Burschen sogleich, der an seiner Seite ging, das musste der Geißenpeter sein.
    Das Kind wollte wissen, warum Großvater und Ziegenhirte um diese Stunde die Alp verließen, also huschte es durch selbiges Gatter hinaus, das der Peter wohl nicht richtig geschlossen hatte. Es hatte vergessen, Schuh und Strümpfe anzuziehen, darum stach es so mancher Stein, und manche Distel kratzte es, aber zu neugierig war das Kind, als dass es noch einmal umgedreht hätte. Zwar kam ihm die Furcht, einem Glaarä in die Hände zu fallen, und so rannte es noch schneller, bis es in einen Galopp verfiel, der es dem Öhi näher brachte. Die Matte war vom Mond hell beschienen; man hätte jeden Niänenüütli von Weitem gesehen.
    Als

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