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Heile Welt

Heile Welt

Titel: Heile Welt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Walter Kempowski
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er Überlegungen an, ob er das auch richtig gemacht hat, hier in dieser gottverlassenen Gegend ein Grundstück zu kaufen? Was soll er eigentlich mit der Wiese? Aber wenn mal wieder Krieg kommt? Ist das denn nicht eine gute Grundlage? Hühnerhaltung und ein Schwein mästen? Und die Leute in Wuppertal, die sich dann bereits wieder Luftschutzkeller herrichten, hört er schon sagen:«Mensch, du hast es richtig gemacht, wieso haben wir uns nicht auch ein Grundstück in Klein-Wense gekauft…»

    Was er nicht ahnen konnte: Er würde nie eine Genehmigung erhalten, auf der Wiese, nahe der romantisch dahingurgelnden Eische, eine Baracke aufzustellen, das aber wußte das ganze Dorf. Das war schon ganz anderen Leuten so gegangen. Am Ende würde er sich dann doch wieder einen Caravan kaufen müssen oder einen Wohnwagen und den da hinstellen.

    Matthias, der das auch nicht wußte, empfing also die Autoschlüssel ein für allemal, und dann fuhr er seinen Kameraden zum Bahnhof. Ob er ihn nicht gleich, zur Übung, nach Wuppertal bringen kann, über die Autobahn ist das gar nicht so weit?, wurde er gefragt, Waltraud würde sich freuen! Oder zumindest nach Bremen? – Das konnte abgebogen werden.
    Auf dem Rückweg nahm er die Abkürzung durch das Moor. Am Weg lagen Tonröhren, die nahen Wiesen sollten drainiert werden. Matthias hielt an und nahm eine solche Röhre in die Hand, ganz hübsch. Vielleicht war das was für die Kinder? Tunnel bauen in der Sprunggrube, wie durch den St. Gotthard, und kleine Autos durchfahren lassen: Die Alpen als Verkehrshindernis…«So ist das ja nun nicht, daß wir die nicht alle brauchen!»sagte ein Bauer, der im Gebüsch stand. Eine Röhre koste dreißig Pfennig.
    Da legte Matthias die Röhre wieder hin.

    Eben noch mal eine kleine Probetour machen? – Er fuhr mit dem klappernden Wagen durch das Dorf. Die Stümpfe der abgesägten Platanen würden auch irgendwann einmal entfernt werden müssen.

    Ob sie mitfahren will?, fragte er Marianne, die in ihrer Kittelschürze am Weg stand, und als sie dann neben ihm saß, streichelte er ihre Wange mal eben mit zwei Fingern, das passiert schließlich jedem mal, daß er was klaut oder mitgehen läßt, das ist ihm auch schon passiert.
    Und dann sah er die Australier auf der Dorfstraße, und die lud er auch ein, ob sie mitkommen wollen. Und sie erzählten ihm ausführlich, wie das unter dem Auto aussieht, also, das glaubt ja kein Mensch!
    Im Handschuhfach lagen Bonbons, die hatte der Kamerad wohl übersehen. Die bekamen die Kinder, und die aßen sie auch alle auf. Marianne war noch nie aus Klein-Wense herausgekommen, daß eine Katze den Weg kreuzte, fand sie bemerkenswert.

    Matthias fuhr zur Seglerkameradschaft. Die Leute standen gerade vorm Haus, sie probierten einen neuen Kreiselkompaß aus. Wo man sich hier eigentlich genau befindet, wollten sie wissen, lebt man hier schon jahrelang und weiß noch nicht einmal genau, wo!
    Die Ehefrauen machten sich im Garten zu schaffen, die bereiteten die Beete für die Aussaat vor, und die Kinder jagten mit einer Handkarre um das Haus herum. Marianne wär’ wohl auch gern mit den Kindern zusammen ums Haus gejagt, aber aus dem Alter war sie schon ein bißchen raus. Außerdem hatten sie«Pampuschen»an.

    Was das denn für eine Klapperkiste ist, wurde Matthias von den Kollegen gefragt, und die Australier bestätigten es, daß das ein Vehikel ist, und gaben einen ausführlichen Bericht über die Bodenwanne. Das ist ja eine dolle Klamotte, sagten die Segler, aber dann packten sie an und brachten das Dings«auf Vordermann», wie sie es ausdrückten. Sie zogen solide Reifen auf, die sie von der Tankstelle holten, und brachten Lederriemen an, mit denen die Innereien besser festgezurrt werden konnten. Der Motor war noch ganz in Ordnung, obwohl er schon 130 000 Kilometer hinter sich hatte.«So ziemlich dreimal um den Erdball rum!»Oder waren es am Ende gar 230 000?
    Ob er nicht noch mal eben zu Stichnoth fahren will? Der hätte mehr Ahnung von so was? Nein? – Nein. Zu Stichnoth wollte Matthias nicht fahren.

    Matthias juckelte noch ein bißchen durch die Gegend, die Baracken des DP-Lagers in Westereistedt, jetzt von Flüchtlingen bewohnt, die da ihre Wäsche aufhängten. Poggenreich, Sassenholz… Nach Kreuzthal fuhr er nicht, der Verkehr in einer kleinen Stadt war nicht zu unterschätzen, und um den Wagen zum Stehen zu bringen, mußte man ziemlich gewaltig auf die Bremse treten.

    Dann wieder Klein-Wense: diesmal von

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