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Heiliges Feuer

Heiliges Feuer

Titel: Heiliges Feuer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bruce Sterling
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werden.«
    »Ist gut, Officer«, sagte Mia. Mercedes zog eine Grimasse, sammelte ihre Utensilien ein und ging hinaus.
     
    Martin Warshaw wurde am Nachmittag des einundzwanzigsten bestattet, auf dem alten Friedhof in Palo Alto. Es war ein sonniger, wolkenloser Tag, und das weitläufige Gelände des ehemaligen Seuchenfriedhofs hatte nie grüner, friedlicher oder beschaulicher ausgesehen. Mia kannte keinen der Trauergäste. Niemand beachtete sie.
    Die neunzehn älteren Personen, welche der Trauerfeier beiwohnten, waren alle vom gleichen Typus. Hollywoodmenschen hatten noch nie Angst vor dem Messer gehabt. Die Reichen und Schönen hatten schon immer mit besonderer Gier nach allem gegriffen, was Jugend versprach. Vor fünfzig Jahren waren diese Menschen Pioniere der Medizin gewesen. Jetzt waren sie unwiderruflich alt geworden. Die simplen Techniken von damals, das biomedizinische Skalpell der dreißiger und vierziger Jahre, schienen im Rückblick hoffnungslos veraltet und primitiv. Jetzt wirkten sie wahrhaft wie Pioniere: vernarbt, müde und verhärtet.
    Friedhofsangestellte öffneten die weiße Klappe des Emulgators, zogen Martins verbrauchtem, verschrumpeltem Leichnam das dünne Totenhemd aus und schoben ihn mit feierlichem Ernst, die Füße voran, in das brodelnde Gel. Die Scanner schalteten sich ein, Martins letzte offizielle medizinische Untersuchung. Ultraschallwellen schüttelten den Körper auseinander, und als die Hochgeschwindigkeitsrotoren zu arbeiten begannen, erbebte der Blumenschmuck des Emulgators. Autopsieautomaten sammelten Proben des Suds ein, analysierten das Ausmaß der genetischen Schäden, bestimmten die Bakterienpopulationen, spürten jede subsymptomatische Virusinfektion und jeden Prionenbefall auf, katalogisierten sie und gaben mit cybernetischer Unfehlbarkeit die Todesursache bekannt (selbstverabreichtes Nervengift). Sämtliche Daten wurden säuberlich aufgelistet und im Netz veröffentlicht.
    Irgendjemand - Mia fand nie heraus, wer es gewesen war - hatte einen katholischen Priester gebeten, ein paar Worte zu sagen. Der junge Priester war sehr eifrig und wohlmeinend. Er stand unter dem Einfluss von Entheogenen und war von solch feuriger Inspiration erfüllt, dass er kaum sprechen konnte. Als der Priester seinen transzendenten Vortrag beendet hatte, segnete er förmlich das Gel. Die kleine Trauergesellschaft entfernte sich in Zweier- und Dreiergrüppchen.
    Ein Automat gravierte Martins Porträt, seinen Namen sowie Geburts- und Todesdatum in die cremeweiße Seitenwand des Emulgators. Martin Warshaw (1999-2095) war zu einem bunten Bildchen von der Größe von Mias Handfläche geworden, säuberlich angeordnet neben dreihundertneunundachtzig anderen Bildchen von Personen, welche das Gerät bereits durchlaufen hatten. Mia zauderte, ließ den Blick über die in Reihen angeordneten Fotogravuren schweifen. Die trostvolle Anwesenheit all der menschlichen Gesichter ließ das Gerät beinahe als freundliche, wohlmeinende Maschine erscheinen.
    Am Ausgang des Friedhofsgeländes rief Mia ein Taxi. Während sie wartete, bemerkte sie einen rehbraunen Hund, der sich im Oleander herumdrückte. Der Hund war unbekleidet und zeigte keinerlei Anzeichen von Intelligenz. Während sie auf das Taxi wartete, beobachtete sie den Hund, doch als sie sich ihm nähern wollte, verschwand er im Gebüsch. Sie verspürte ein vages Bedauern darüber, dass der Hund verschwunden war. Aber große braune Hunde gab es viele.
    Mia stieg an der U-Bahnhaltestelle aus dem Taxi aus, flüchtete sich unter die von Verkehrsadern durchschnittene kalifornische Erde und kam an der öffentlichen Telepräsenzsite des Coit Tower heraus. Telegraph Hill war ihr Lieblingsort, wenn sie nicht in San Francisco war. Immer, wenn sie auf Reisen war, stellte sie regelmäßig eine Verbindung zu diesem Ort her, um sich einen stärkenden Sensorzugang zur Bay Area zu verschaffen. Mia hatte sich mittels Telepräsenz schon zu allen möglichen Orten in anderen Städten versetzen lassen, doch wenn sie in einer Stadt nicht Spazierengehen konnte, entwickelte sie auch keine Beziehung zu ihr. San Francisco war eine der zum Spazierengehen am besten geeigneten Städte. Aus diesem Grund lebte sie in San Francisco. Und aus Gewohnheit. Sie machte sich zu Fuß auf den Weg.
    Auf dem Embarcadero genehmigte sie sich in einem überfüllten und lauten Touristencafe einen Frappe. Bedrückt fragte sie sich, was ihr Exmann wohl von den Ereignissen des heutigen Tages gehalten hätte. Von

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