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Heimkehr

Heimkehr

Titel: Heimkehr Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Richard Bach
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mehr, Dickie. Wir würden deshalb auch keine töten. Und wenn wir den Entschluß fassen, den einzelnen Schritten irgendeines Verfahrens nicht zuzustimmen, werden wir auch dem Resultat unsere Zustimmung versagen.«
    Er dachte darüber nach. »Trägst du kein Leder?«
    »Ich werde keine andere Lederjacke, wahrscheinlich auch nie einen zweiten Ledergürtel besitzen, aber wenn es keine andere Möglichkeit gibt, werde ich mir wahrscheinlich doch wieder Lederschuhe kaufen. Dann kann es passieren, daß ich mit meiner Schuhschachtel zur Kasse gehe und es nicht fertigbringe, zu bezahlen und die Schuhe mitzunehmen. Prinzipien ändern – das ist ein langwieriger Prozeß, und wir wissen nicht, ob sie sich geändert haben, bis etwas, was richtig war, nicht mehr in Ordnung zu sein scheint.«
    Er nickte, da er diese Antwort erwartet hatte. »Alles ist individuell.«
    »Ja.«
    »Bist du für deine eigene Bildung verantwortlich?« fragte er.
    »Ja. Ich bemühe mich, die Bildung zu erhalten, die ich haben möchte.«
    » Für deine Unterhaltung?«
    »Weiter«, sagte ich.
    »Für deine Luft, dein Wasser, deinen Job…«
    »… meine Reisen, mein Verhalten, meine Kommunikation, meine Gesundheit, meine Sicherheit, meine Ziele, meine Philosophie und meinen Glauben, meinen Erfolg und meinen Mißerfolg, meine Ehe, mein Glück, mein Leben und meinen Tod. Mir gegenüber bin ich verantwortlich für das, was ich denke, für jedes Wort, das ich sage, für jede Bewegung, die ich mache. Ob mir etwas gefällt oder nicht, es gilt, denn vor langer Zeit habe ich mich dafür entschieden.« Wohin zielte er mit seinen Fragen? Testete er mich?
    Ich rieb die polierte Farbschicht mit Wachs ein—behutsamer bei den Wirbelerzeugern, die einem Zaun von Messern glichen, energischer in der Nähe der Antennen und die übrige Fläche mit weit ausholenden Bewegungen. Ob ihn die bloße Neugier trieb oder ob er mich auf die Probe stellte – ich würde ihm keine Antwort schuldig bleiben.
    »Also machst du alles in der Welt der Erscheinungen für dich selbst?« fragte er. »Hast du persönlich deine ganze Zivilisation erschaffen?«
    »Ja, danke«, sagte ich. »Möchtest du wissen, wie?«
    Er lachte. »Du würdest platzen, wenn ich jetzt nein sagte.«
    »Es würde mir nichts ausmachen«, log ich. »Schön, ich würde platzen.«
    »Erzähl mir bitte, wie du deine persönliche Zivilisation errichtet hast.«
    »Du und ich, wir haben es vorgezogen, in diesem Glauben an Ort und Zeit geboren zu werden, Dickie. Und als wir dann am Tor des Bewußtseins standen, haben wir überlegt, ob wir uns engagieren oder uns von jedem Vorschlag, jeder Idee, jedem Fortschritt und jeder Vernichtung in unserer Zeit fernhalten sollten. Lesen ja, von zu Hause weglaufen nein, Stofftiere ja, den Eltern vertrauen ja, an die Kriegspropaganda glauben ja, Flugzeugmodelle ja, Mannschaftssport nein, Pünktlichkeit ja, Eiscreme ja, Karotten nein, Hausaufgaben ja, rauchen nein, trinken nein, Egoismus ja, Drogen nein, Schule schwänzen nein, Höflichkeit ja, Überheblichkeit ja, jagen nein, Revolver ja, Banden nein, Mädchen ja, Lerneifer nein, College nein, Militär ja, Politik nein, Ehrenämter nein, heiraten ja, Kinder ja, Militär nein, Scheidung ja, wieder heiraten nein, wieder heiraten ja, Karotten ja… Wir malen ein vollkommenes, einmaliges digitales Porträt von dem, der wir sein wollen. Jedes Ja und jedes Nein sind dabei ein winziges Tüpfelchen auf unserem Bild. Je entschlossener wir sind, um so klarer wird es.
    Nur mit meiner Erlaubnis darf irgend etwas die Welt meines Bewußtseins betreten. Diese Welt ist die einzige, die für mich auf Erden existiert. Was mir nicht gefällt, kann ich, wenn ich will, ändern. Kein Jammern und Klagen über andere, denn nur ich selbst kann mich auch enttäuschen. Ich bin der einzige, der hier zu entscheiden hat, nicht die anderen.«
    »Was machst du, wenn dich andere enttäuschen?«
    »Ich bringe sie um,« erwiderte ich, »und gehe meiner Wege.«
    Er lachte nervös. »Du scherzt, nicht wahr?«
    »Wir können weder Leben vernichten noch erschaffen«, sagte ich. »Das Leben existiert, erinnere dich.«
    Ich war mit der Unterseite fertig, kroch unter dem Flugzeug hervor und holte eine Leiter, um das Höhenleitwerk neun Fuß über dem Betonboden zu erreichen.
    »Hast du in der Welt der Erscheinungen jemals irgendwen getötet?« fragte er wie nebenbei.
    »Ja. Ich habe Fliegen getötet, ich habe Mücken getötet, ich habe Ameisen und, leider muß ich das zugeben, auch

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