Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Heimkehr zu den Dakota

Heimkehr zu den Dakota

Titel: Heimkehr zu den Dakota Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Liselotte Welskopf-Henrich
Vom Netzwerk:
Morgen die noch anfallende Zeche bezahlen werde, und ging langsam hinaus. Jim sah ihm nach, bis er aus dem Zelt verschwunden war. Dann sprang er auf und stürzte dem Indianer nach. Er traf ihn auf dem Wege zum Indianerzelt, wo Mattotaupa wohl seinen Festrock ablegen, vielleicht das Pferd holen wollte.
    »Top, willst du mir nicht sagen, was du vorhast?« fragte der Weiße, mit jenem tiefen Stimmklang, der um Vertrauen warb.
    »Ich habe nichts vor, als auf Kundschaft zu gehen«, antwortete der Indianer abwehrend.
    »Glaubst du, es besteht Gefahr?«
    »Joe sagte mir, du habest versteckte Fährten gefunden. Sie sind mir entgangen. Sie sind auch Harka entgangen. Aber Mackie sprach von Brandpfeilen. Wir dürfen nichts versäumen. Wo hast du die Spuren gesehen?«
    »Es war nur so eine Andeutung. Am Nordwestende meines Kundschafterreviers. Sie müßten eigentlich in Harrys Region hinübergelaufen sein. Du kannst nichts davon gesehen haben. Kommst du noch einmal zurück?«
    »Sicher morgen mittag, wenn Joe mit dem Zug abfährt.«
    »Gut. Also beim Zug!«
    Jim eilte in das große Zelt zurück.
    Mattotaupa begab sich zu seinem Tipi. Er sah schon von weitem, daß beide Mustangs noch davor angepflockt waren. Als er eintrat, war nur die schweigsame Indianerin anwesend.
    Die Glut in der Feuerstelle war gedeckt. Harrys Büffelhautdecke lag zusammengefaltet auf ihrem Platz. Er war dagewesen und war wieder gegangen. Die alte Flinte stand an ihrem Platze, aber den Bogen hatte Harka mitgenommen.
    Mattotaupa legte den Festrock ab. Er zog die Adlerfedern aus der Schlangenhaut und verwahrte sie, die Büchse aber nahm er an sich. Er verließ das Zelt und ging zum Gleis. Dort fand er kaum einen Menschen mehr vor. Alle diei vielen Männer und auch die Frauen, die bei der Ankunft des Zuges zusammengekommen waren, auch die Entladekolonnen, die ihre Arbeit inzwischen getan hatten, waren zur Feier oder zu ihrer Nacharbeit gegangen, und vielleicht hatten sich einige auch zum Schlafen zurückgezogen. Das Gelände war still und leer, und nur aus dem großen Zelt, dem Mattotaupa den Rücken kehrte, drang der Lärm der Musik und das Singen und Johlen der Feiernden.
    Der Indianer ging das Gleis entlang ostwärts, ein kleines Stück nur, dann schlug er einen Bogen nach dem Lager hin, als ob er zurückkehre. Sobald er Stapel von Fässern und Brettern erreicht hatte, die ein gutes Versteck boten, verschwand er für mögliche Beobachter dahinter und begann seinen Kundschaftergang wie eine Schlange im Grase.
    Auf diese Weise konnte er nur verhältnismäßig langsam vorankommen, aber er hatte auch nicht vor, eine große Strecke zurückzulegen. Er wollte in Harkas Revier, zu dem die andeutungsweisen Feindspuren geführt haben sollten, eine Anhöhe gewinnen, die er sehr genau kannte, da die Geländeabschnitte der Kundschaftergruppen wechselten. Von dieser Anhöhe wollte er Ausschau halten und Harkas Späharbeit unterstützen.
    So sagte er im stillen zu sich selbst.
    Er sagte es sich immer wieder, aber er glaubte sich selbst nicht. Das Mißtrauen wühlte in ihm. Harka hatte berichtet, er habe keine Spuren gesehen, aber Jim hatte von Fährten gesprochen, die in Harkas Abschnitt hinüberliefen. War Harka je eine Spur entgangen, die er finden wollte? Mattotaupa marterte sich selbst mit dem Gedanken, daß er mit seinem Verdacht nicht allein stehe. Mackie war betrunken gewesen, daran gab es keinen Zweifel. Aber Betrunkene sprachen aus, was sie nüchtern verschwiegen. Wie war Mackie zu seiner Beschuldigung gekommen? Was hatte er für Anhaltspunkte gehabt? Jim sagte darüber nichts. Er wollte den Vater schonen. Doch Mattotaupa wollte nicht geschont sein. Er wollte Gewißheit haben, volle, unbezweifelte Gewißheit.
    Er wollte wissen, was sein Sohn Harka in dieser Nacht tat.
    Mattotaupa hielt Ausschau.
    Nach einer Stunde des Wartens etwa konnte er wahrnehmen, wie Harka im Dunkeln zu der nächsten Bodenwelle schlich, hinaufkroch und oben, von Grasbüscheln gedeckt, liegenblieb, um nach derselben Richtung zu spähen wie der Vater. Mattotaupas Herzschlag ging immer schneller. Hatte Harka irgendeine Verabredung, wollte er sich mit einem Feinde treffen? War seine Eile, die Feier zu verlassen, nicht wirklich verdächtig gewesen? War es nicht sonderbar, daß die Krieger der Bärenbande schon so lange nichts mehr unternommen hatten? Planten sie einen großen Streich vor Einbruch des Winters? Hatten sie die Ankunft des Zuges abgewartet, um gefüllte Vorratsräume und wohl

Weitere Kostenlose Bücher