Heiratsmarkt
entschuldigte er sich entwaffnend, dass er seiner Familie Sorgen bereitet hatte. Er war bereit, jede Strafe auf sich zu nehmen, die Frederica ihm diktieren wolle.
Da ihm jedoch offensichtlich nicht einmal die schwerste Strafe das Glück seines gestohlenen Festtages beeinträchtigen konnte, dazu das Privileg, auf dem Weg von Margate nach Ramsgate seekrank geworden zu sein, sowie das Vergnügen, sich von Kopf bis Fuß mit Öl und Ruß verschmiert zu haben, bestrafte ihn Frederica nicht. Sie bat Jessamy nur, ein wachsames Auge auf seinen Bruder zu haben. Im Gegensatz zu Cha-ris, die äußerst sensibel war und eine schlaflose Nacht lang gelauscht hatte, ob ihr Bruder nicht endlich zurückkam und sich grässliche Bilder über alle Unglücksfälle ausgemalt hatte, die ihm zugestoßen sein konnten, war Frederica - trotz einiger unvermeidlicher Gewissensbisse - äußerlich ruhig geblieben. Als Charis ihr deswegen Vorwürfe machte, zitierte sie nur die zahllosen Anlässe, in denen Felix, nachdem er seine liebenden Schwestern in Todesangst versetzt hatte, wieder aufgetaucht war, wobei ihm - ungeachtet etlicher haarsträubender Abenteuer - kein Haar gekrümmt wurde. Darin bestätigte sie Miss Winsham nur, die sagte, der verflixte Junge sei wie eine Katze - man konnte ihn werfen, wie man wolle, er landete ja doch stets wieder auf den Füßen.
Jessamy, hin und her gerissen zwischen Missbilligung und heimlicher Bewunderung für das Unternehmen seines jüngeren Bruders, übernahm die ihm auferlegte Pflicht und versagte es sich, Felix - sehr zur Überraschung dieses jungen Herrn - mehr als nur milde zu schelten. So fest auch sein Entschluss war, die Zeit in London nicht zu vergeuden, spürte er doch häufig den Impuls, seine Bücher beiseitezulegen und wenigstens einige der Erholungsmöglichkeiten auszukosten, die in der Metropole geboten wurden. Fredericas Bitte lieferte ihm eine unanfechtbare Ausrede, seinem unedleren Ich nachzugeben. Er schleppte Felix tatsächlich die dreihundert-fünfundvierzig Stufen des Monuments hinauf und belehrte ihn, als sie, für die Summe von Sixpence pro Person, oben auf dem Eisenbalkon standen, dass es vierundzwanzig Fuß höher als die Trajanssäule war. Aber das blieb die erste und letzte erzieherisch wertvolle Expedition einer denkwürdigen Woche. Kaum hatte Felix in Erfahrung gebracht, dass das Neue Münzamt, mit seinen mächtigen Dampfmaschinen und seiner Gasbeleuchtung, nur mit besonderer Erlaubnis besichtigt werden konnte, war er durchaus bereit, einige weniger lehrreiche Sehenswürdigkeiten zu genießen. So etwa die Löwen und Tiger in der Exeter Exchange, ein Wasserballett bei Sadler's Wells, ein lautstarkes Melodrama im Surrey-Theater und einen Boxkampf im Fives-Court in der St. Martin's Street. Hier jedoch meldete sich Jessamys schlechtes Gewissen, und er weigerte sich, Felix zu einer Burletta oder ins Cockpit Royal mitzunehmen. Da Jessamy noch keine aufregenderen Theatervorstellungen gesehen hatte als einige Szenen von Shakespeare, die einmal zu Weihnachten im Hause seines Paten aufgeführt wurden, war er von dem Melodrama hingerissen und kehrte seinem Gewissen ein taubes Ohr zu, als es ihm einflüsterte, er habe, als er Felix in das Surrey-Theater mitnahm, dessen zarten Geist dem Verderben preisgegeben. Als er dann die Gesellschaft sah, die im Fives-Court versammelt war, konnte er sein Gewissen jedoch unmöglich länger ignorieren. Es brüllte ihn geradezu an, dass er nicht nur seinen jungen Bruder in die Schlupfwinkel des Lasters führe, sondern auch selbst Gefahr lief, den verderbten Lockungen Londons zu unterliegen. Da in entgegengesetzter Richtung wirkende Anziehungspunkte, wie die St. Paul's Cathedral, der Tower oder Bullocks Museum, von Felix eindeutig verschmäht wurden, hatte Jessamy den glücklichen Einfall, einen Ausflug auf dem Passagierboot vom Paddington-Hafen auf dem Grand Junction Canal nach Uxbridge vorzuschlagen.
Vielleicht wäre Felix gezwungen gewesen, sich dieser Reise zu unterziehen (die für jemanden, der die Freuden des Paketboots erlebt hatte, nur todlangweilig sein konnte), wenn er in seinem Reiseführer nicht das Vorhandensein des Peerless Pool entdeckt hätte. Dieser große Badeplatz mit seiner überdachten Schwimmhalle, der Kegelbahn, der Bibliothek und dem Fischteich, lag in Moor-fields, hinter dem Bethlehem Hospital. Jessamy, der sich nun allmählich in London gut auskannte, schöpfte den Verdacht, dass diese Lokalität, ihrer Lage nach, vielleicht nicht
Weitere Kostenlose Bücher