Heiratsmarkt
edel, wenn auch ziemlich vage, versicherte, sie solle alles nur ihm überlassen, war sie getröstet, da sie die Klugheit oder Entschlusskraft eines so gottähnlichen Geschöpfes nie bezweifelte. Zweifel überfielen sie nur, wenn er nicht da war, Zweifel nicht etwa an seiner Vollkommenheit, sondern an der Möglichkeit, ob sie mit ihrem Vorhaben Erfolg haben würden. Alverstoke nahm die Ausmaße eines bösartigen Zauberers an, der es mit dem Wink seines Zauberstabs zu bewirken vermochte, dass Endymion aus ihrer Reichweite fortgeweht werden konnte; und Frederica verwandelte sich aus der geliebten Schwester in Charis' unerbittliche Feindin. Wenn Endymion sich in der Upper Wimpole Street einstellte, geschah das unter dem Vorwand eines Besuches bei Harry oder um Chloe zu begleiten. Wie misstrauisch auch Buddle sein mochte, er konnte es kaum ablehnen, ihn einzulassen. Harry, der Endymion mochte, duldete diese Manöver, benahm sich aber seiner Meinung nach mit größtem Anstand, indem er sich nie länger als für eine halbe Stunde aus dem Salon entfernte, wenn Endymion im Haus war. Chloe, die tiefstes Mitgefühl empfand und an Charis mit fast ebensolcher Liebe hing wie an ihrem Bruder, war jederzeit bereit, Endymion eine Ausrede zu verschaffen, damit er sich in der Upper Wimpole Street einfinden konnte. Dabei kam ihr das Schicksal in Verkleidung einer Influenza zu Hilfe. Mrs. Dauntry, durch diese Krankheit bettlägerig, erlitt einen ganz besonders schweren Anfall. Der Pflege ihrer Zofe und ihrer ihr ergebenen Base sicher, verbannte sie ihre Töchter aus dem Schlafzimmer und übergab sie der Obhut von Miss Plumley und Dianas Erzieherin. Von nun an gab es praktisch kein Hindernis mehr, das den Besuchen bei Charis im Wege gestanden hätte.
Anders verhielt es sich bei Miss Winsham, die, als sie von Mrs. Hurley erfuhr, wie oft Endymion in der Upper Wimpole Street zu finden war, Charis sofort zur Rede stellte und sie derart streng ausschalt, dass Charis in Tränen ausbrach. Sie richtete die eindringliche Warnung an Charis, dass es klug von ihr wäre, sich Endymion aus dem Kopf zu schlagen, da Frederica einer solchen Heirat nie zustimmen würde.
Die von Harry überbrachte Nachricht, dass Frederica vorhatte, ihre Familie aus London zu entfernen, entzündete Bestürzung in den verliebten Herzen der beiden.
Endymion, der sich als Erster erholte, erklärte mannhaft, es würde ihm sehr gut gelingen, nach Ramsgate oder irgendeinem Seekurort mit der Post zu fahren, um sich verstohlene Begegnungen mit Charis zu verschaffen - so wenig er ein solches leisetreterisches Benehmen auch mochte -, Charis jedoch erfüllten tragische Vorahnungen.
Das war der Stand der Dinge, als Alverstoke nach London zurückkehrte. Als er am folgenden Tag in der Upper Wimpole Street einen Besuch machte, wurde er in den Salon geführt, in dem er nur Charis und Endymion vorfand.
Das Unbehagen des jungen Paares war offensichtlich und wurde durch das Heben des Monokels Seiner Lordschaft in keiner Weise verringert. Endymion, rot bis an die Haarwurzeln, stammelte: „Ich b-bin hergekommen, um mich nach ... nach Felix zu erkundigen. Und auf ein Wort mit Harry!"
„Harry ist ausgegangen", sagte Charis, ihn mutig unterstützend. „Aber nur für einen Augenblick, also habe ich V-Vetter Endymion gebeten, seine Rückkehr abzuwarten."
Seine Lordschaft unterdrückte ein Lachen und antwortete mit einer Liebenswürdigkeit, die das betroffene Paar für äußerst düster hielt: „Welch ein Glück also, dass ich gerade rechtzeitig gekommen bin, um dich von deiner Sorge zu erlösen, Endymion! Ich freue mich, dir erzählen zu können, dass Felix auf dem Weg der Besserung ist und bestimmt bald gut genug beisammen sein wird, um nach London zurückzukehren. Also brauchst du jetzt nicht mehr zu warten. Wenn deine Nachricht für Harry wichtig ist, darf ich vorschlagen, dass du Buddle mit einer Botschaft für ihn betraust? Zweifellos wird Harry gern bei dir vorsprechen."
Angesichts dieser vernichtenden Rede blieb Endymion nichts anderes übrig, als sich höflichst zu empfehlen. Ein wilder Gedanke, Alverstoke die Wahrheit zu enthüllen, fuhr ihm durch den Kopf, nur um wieder fallen gelassen zu werden. Erstens war die Botschaft, die ihm Charis' zu Tode verängstigte Augen zusandten, unverkennbar; zweitens war er im Nachteil und hatte keine Zeit gehabt, seine Ankündigung vorzubereiten oder die Argumente zugunsten einer Heirat zu sammeln, die, wie er von seiner Mutter wusste, dem
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