Heiratsmarkt
Wenn Sie sie sehen, werden Sie verstehen, warum ich es für meine selbstverständliche Pflicht halte, sie hier in London in die Gesellschaft einzuführen.
Sie ist das lieblichste Mädchen der Welt! Außerdem hat sie das denkbar sanfteste Gemüt, ist nie ärgerlich oder launenhaft und verdient es einfach, eine glänzende Partie zu machen!"
„Mein Sekretär bemerkte, dass sie ein Edelstein reinsten Wassers ist", stellte Seine Gnaden trocken fest. „Aber glänzende Partien, Miss Merriville, hängen im Allgemeinen von einer glänzenden Mitgift ab!"
„Nicht immer!", entgegnete sie rasch. „Denken Sie bloß an die Schwestern Gunning!
Eine von ihnen heiratete zweimal einen Herzog, dabei weiß ich, dass sie keine reichen Erbinnen waren, weil mir Papa von ihnen erzählte und sagte, neben Charis wären sie beide die reinsten Aschenbrödel gewesen. Nicht, dass ich erwarte, Charis solle einen Herzog heiraten - oder überhaupt einen Hocharistokraten, ausgenommen freilich, wenn einer um sie anhält. Doch erwarte ich auf jeden Fall, dass sie eine ausgezeichnete Partie macht - wenn es mir nur gelingt, sie würdig herauszubringen. Ich bin seit Jahren dazu entschlossen; aber wie, das ist die Frage.
Und dann, als ich fast schon fürchtete, in einer Sackgasse zu sein, kam Mr. Salcombe und fragte, ob ich das Haus eventuell auf ein Jahr vermieten würde. Er hatte nämlich von jemandem gehört, der sich vor Kurzem ins Privatleben zurückgezogen hat und gern einen Besitz in Herefordshire kaufen wolle. Da er aber nicht genau das fand, was er wünschte, war er auf den Gedanken gekommen, für eine bestimmte Zeit ein Haus auf dem Land zu mieten, damit er sich in Ruhe selbst um etwas Geeignetes umschauen könne und nicht gezwungen wäre, jedes Mal, wenn er ein Angebot bekäme, das sich dann als völlig ungeeignet herausstellte, mit der Post von London aus hinzufahren. Sie können sich vorstellen, wie bereit ich war, ihm auszuhelfen!"
„O ja, das kann ich mir vorstellen - und auch, dass Ihr Bruder dabei nichts zu sagen hatte."
„Nun ja, damals war er noch nicht volljährig, aber natürlich habe ich nichts ohne seine Einwilligung getan. Zuerst gefiel es ihm keineswegs, ich denke, es hat seinen Stolz verletzt. Um ehrlich zu sein, mir sagte es auch nicht zu - aber was wäre wohl dümmer, als sich an seinen Rang zu klammern, wenn man nur von einem Pfifferling lebt? Noch immer ist es uns nur durch strengste Sparsamkeit möglich, schuldenfrei zu leben, und bis zum Abschluss des Mietvertrags mit diesem Mr. Porth ging es völlig über meine Kraft, dieses Londoner Wagnis zu unternehmen. Selbst wenn ich mein Kapital angreifen dürfte - was mir auf keinen Fall erlaubt ist -, so denke ich gar nicht daran, denn das würde mich von dem armen Harry abhängig machen." Sie schaute ernst zu Seiner Gnaden hinüber. „Das aber darf nicht sein. Ich sage es ihm nicht, weil er sehr jung ist und glaubt, das Natürlichste für uns alle wäre, weiter in Graynard zu bleiben. Aber es würde mich gar nicht überraschen, wenn er in ein, zwei Jahren gern heiraten möchte. Bedenken Sie bloß, wie sehr es seiner Frau missfiele, seine Schwestern in Graynard auf dem Hals zu haben, und wie unbehaglich das für uns wäre!"
„Sehr richtig", stimmte er ihr zu. „Falls man überhaupt irgendein Frauenzimmer dazu bringen könnte, ihn unter solchen Umständen zu heiraten - was ich stark bezweifle."
Ihr Ernst schwand, sie kicherte wieder. „Sie hätte wohl Angst, ich würde dort regieren, nicht wahr? Das könnte schon sein, denn ich tue das schon so lange, und Gewohnheiten sind recht schwer abzugewöhnen. Nein: Das Beste für Charis ist, eine passende Partie zu machen, und für die Jungen, meine Tante und mich, unseren eigenen Haushalt einzurichten, sobald sich Harry verlobt. Ich bin dazu schon seit Langem entschlossen. Die allerdringendste Notwendigkeit ist jedoch, Charis zu versorgen! Ich halte es einfach für ein Unrecht, dass eine so schöne Person zu einer alten Jungfer einschrumpfen soll! Das wäre ja ihr Schicksal, außer sie heiratet einen der grässlich stumpfsinnigen jungen Leute aus unserer Nachbarschaft, die seit Ewigkeiten hinter ihr herlaufen. Oder noch schlimmer, irgendeine völlig unmögliche Kreatur, die keinen Strohhalm wert ist! Gerade aus dieser Überlegung heraus habe ich Mr. Porths Angebot als wahres Glück betrachtet. Bedenken Sie bloß! Er mietet nur das Haus und die Meierei, zu einem Preis, den ich ihm gar nicht vorzuschlagen gewagt hätte. Der
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