Heiße Hüpfer
du nicht noch einen anderen Namen?«
»Nun, man gab mir einen Fpitznamen…«
»Ach, ja?«
»Ja. Krokodil Krokodil. Aber hier nennen mich die meisten Leute Dongo.«
»Und… äh… dies hier? Wie nennt ihr das?«
»Bier«, sagte das Krokodil. »Wie würdeft du ef nennen?«
Der Wirt trug ein schmutziges Hemd und eine kurze Hose. Bisher hatte Rincewind das Schneiderhandwerk nicht für einen sehr schwierigen Beruf gehalten, aber jetzt mußte er seine Meinung ändern: Es war gewiß nicht leicht, für jemanden mit sehr kurzen Beinen und einem langen Schwanz eine Hose anzufertigen.
Er hob das Bierglas ins Licht. Und genau das war der Punkt: Das Licht fiel hindurch. Es handelte sich um durchsichtiges Bier. Das Bier in Ankh-Morpork war praktisch Ale, mit anderen Worten: Soße aus Hopfen. Es hatte Textur. Es hatte Geschmack, auch wenn man nicht immer wissen wollte, wovon er stammte. Es hatte Körper. Und es hatte einen mindestens anderthalb Zentimeter dicken Bodensatz, den man mit einem Löffel essen konnte.
Dieses Zeug war dünn, glitzerte seltsam und sah aus, als wäre es bereits von jemandem getrunken worden. Doch es schmeckte nicht schlecht und lag einem nicht so schwer im Magen wie das Bier von Ankh-Morpork. Natürlich war es kaum stärker als Wasser, aber es zahlte sich nie aus, das Bier fremder Leute zu kritisieren.
»Ziemlich gut«, sagte Rincewind.
»Woher kommft du?«
»Äh… ich habe die Küste mit einem Stück Treibholz erreicht.«
»Liefen dir die Kamele Platz genug?«
»Äh… ja.«
»Da kannft du von Glück fagen.«
Rincewind brauchte eine Karte. Nicht unbedingt eine geographische, obwohl die hilfreich gewesen wäre, sondern eine, die zeigte, wo sich sein Kopf befand. Für gewöhnlich erwartete man hinter der Theke einer Kneipe kein Krokodil, aber die anderen Leute in dieser Bruchbude schienen das für völlig normal zu halten. Vielleicht lag es an der Natur dieser »Leute«: Drei von ihnen waren Schafe, die Overalls trugen, und zwei Känguruhs vertrieben sich die Zeit damit, Pfeile auf eine Zielscheibe zu werfen.
Aber sie sahen nicht in dem Sinne wie Schafe aus, eher wie, nun… menschliche Schafe. Abstehende Ohren, weißes Lockenfell, ein entsprechendes allgemeines Erscheinungsbild, doch mit Händen ausgestattet und aufrecht stehend. Rincewind zweifelte kaum daran, daß eine Kreuzung zwischen Menschen und Schafen ausgeschlossen war. Wenn es diese Möglichkeit gab, so hätten die Leute sie längst entdeckt, insbesondere in den abgelegenen ländlichen Gebieten.
Ähnlich verhielt es sich mit den Känguruhs. Sie hatten spitze Ohren und Schnauzen, aber sie lehnten an der Theke und tranken dieses dünne, seltsame Bier. Eins von ihnen trug eine fleckige Weste mit einer Aufschrift, die sich gerade noch unter dem Schmutz abzeichnete: »Meine Güte – es liegt am Roggen-Gras!«
Rincewind war ziemlich sicher, daß er es nicht mit Tieren zu tun hatte. Er trank noch einen Schluck Bier.
Krokodil Dongo konnte er wohl kaum auf dieses Thema ansprechen. Es erschien ihm in philosophischer Hinsicht falsch, die Aufmerksamkeit eines Krokodils auf den Umstand zu richten, daß zwei Känguruhs an der Theke standen.
»Möchteft du noch ein Bier?« fragte Dongo.
»Ja, gern«, erwiderte Rincewind.
Er betrachtete das Bild am Zapfhahn: Es zeigte ein lächelndes Känguruh. Darunter stand: »Roo-Bier.«
Der Zauberer blickte zu einem halbzerrissenen Plakat an der Wand, das ebenfalls für Roo-Bier warb. Darauf hielt ein Känguruh ein Glas mit besagtem Bier in der Pfotenhand und lächelte wissend.
Aus irgendeinem Grund wirkte es vertraut.
»Mir ist aufgeallen…« Er versuchte es noch einmal. »Mir ist aufgefallen, daß einige Leute in diescher Kneipe anders auschehen.«
»Nun, der alte Hohlftamm Joe dort drüben hat in letfter Feit ein wenig fugenommen«, sagte Dongo und putzte ein Glas.
Rincewind sah an seinen Beinen hinab. »Wem gehören diesche Beine?«
»Ift allef in Ordnung mit dir?«
»Vermutlich hat mich wasch gebischen«, sagte Rincewind und verspürte plötzlich ein dringendes Bedürfnis.
»Ef ift draufen«, sagte Dongo.
»Wuschte gar nicht, dasch wir hier drinnen schind«, erwiderte Rincewind und taumelte los. »Hahahahaha…«
Er prallte gegen eine stählerne Säule, die ihn mit einer Faust packte und auf Armeslänge hielt. Rincewind spähte an dem Arm entlang und entdeckte an seinem Ende ein großes, zorniges Gesicht, das ihm mitteilte: Viel Bier sehnte sich nach einem Streit, und der Rest des
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