Heiße Hüpfer
einer Seite eines ungeschriebenen Buches zu bekommen.
Ponders spezielles Genie bestand darin, dieses Problem zu meiden, indem er folgende Frage formulierte: »Woher will man wissen, daß es unmöglich ist, wenn man es noch gar nicht versucht hat?« Bei Experimenten mit Hex, dem Denkapparat der Universität, hatte sich herausgestellt: Viele Dinge sind nicht unmöglich, bis man sie ausprobiert hat.
Es ist wie bei einer Regierung, die nur deshalb teure Gesetze verabschiedet, um neue und interessante Dinge zu verbieten – wenn die Bürger einen Weg gefunden haben, sich mit ihnen zu beschäftigen. Auf ähnliche Weise verließ sich das Universum zu einem großen Teil darauf, daß Dinge nicht ausprobiert wurden.
Wenn etwas ausprobiert wird, so stellte Ponder fest, erweist es sich oft schon nach kurzer Zeit als unmöglich. Aber es dauert eine Weile, bis das passiert 5 – bis die überarbeiteten Gesetze der Kausalität den Ort des Geschehens erreichen und den Anschein erwecken können, es sei von Anfang an unmöglich gewesen. Hex wiederholte entsprechende Versuche in geringfügig anderer Form, und zwar ganz schnell hintereinander, wodurch sich eine hohe Erfolgsquote ergab. Jetzt dauerte es nur noch Stunden, um ganze Abschnitte zusammenzusetzen.
»Es ist wie mit dem Trick eines Zauberkünstlers«, hatte Ridcully den Vorgang kommentiert. »Man zieht das Tischtuch weg, bevor sich all das Geschirr ans Umfallen erinnert.«
Ponder hatte das Gesicht verzogen und erwidert: »Ja, genau so, Erzkanzler. Bravo.«
All das führte zu den Schwierigkeiten mit Wie man auf dynamische Weise Personen führt und auf eine einfühlsame, die sozialen Interaktionen stärkende Art dynamische Resultate erzielt, und zwar innerhalb dynamisch kurzer Zeit. Ponder wußte nicht, wann dieses Buch geschrieben werden und auf welcher Welt es erscheinen sollte. Aber alles deutete darauf hin, daß es sich großer Beliebtheit erfreuen würde, denn bei zufälligen Forschungsausflügen in die Tiefe des B-Raums fanden sich oft Teile davon. Vielleicht war es nicht einmal nur ein Buch.
Die Textfragmente hatten auf Ponders Schreibtisch gelegen, als Ridcully kam, um ein wenig herumzuschnüffeln.
Unglücklicherweise verhielt sich der Erzkanzler ebenso wie viele andere Leute, die bei einer bestimmten Sache versagen: Er war stolz darauf, besonders gut darin zu sein. In der Verwaltung und im Management hatte Ridcully etwa die gleiche Bedeutung wie König Herodes für den Kindergartenverband von Bethlehem.
Seine diesbezügliche Einstellung konnte man sich als eine Art Flußdiagramm vorstellen: Ganz oben umgab ein Kreis die Worte »Ich, der die Anweisungen gibt«, und eine Linie verband diesen kleinen Kreis mit einem viel größeren, der die Beschriftung »Alle anderen« enthielt.
Bisher hatte alles bestens funktioniert, denn Ridcully mochte ein unmöglicher Verwalter sein, aber die Universität ließ sich kaum verwalten, und deshalb klappte alles reibungslos.
Vielleicht wäre es dabei geblieben, wenn der Erzkanzler nicht plötzlich die Notwendigkeit von Berufsförderungspaketen und, schlimmer noch, von Tätigkeitsbeschreibungen erkannt hätte.
Der Dozent für neue Runen drückte es so aus: »Er rief mich zu sich und fragte, mit welchen Dingen ich mich beschäftige. Ist das zu fassen? Welchen Sinn ergibt eine solche Frage? Dies ist eine Universität !«
» Mich hat er gefragt, ob ich irgendwelche persönlichen Sorgen hätte«, sagte der Oberste Hirte. »Ich verstehe gar nicht, warum ich mir so etwas gefallen lassen muß.«
»Und habt ihr das Schild auf seinem Schreibtisch gesehen?« erkundigte sich der Dekan.
»Meinst du das mit der Aufschrift ›Von hier aus wird Verantwortung delegiert und der Schwarze Peter weitergegeben‹?«
»Nein, ich meine das andere, auf dem steht: ›Wenn du bis zum Hintern in Alligatoren steckst, beginnt heute der erste Tag deines restlichen Lebens.‹«
»Und das bedeutet…?«
»Ich glaube nicht, daß es irgend etwas bedeuten soll. Vermutlich soll es nur etwas sein. «
»Was denn?«
»Proaktiv, denke ich. Dieses Wort benutzt er in letzter Zeit recht oft.«
»Und was bringt es zum Ausdruck?«
»Ich glaube, es befürwortet Aktivität.«
»Tatsächlich? Eine gefährliche Sache. Nach meinen Erfahrungen ist Inaktivität viel angenehmer.«
Alles in allem war die Universität derzeit nicht besonders glücklich, und bei den Mahlzeiten erreichte die Stimmung einen Tiefpunkt. Ponder saß meistens allein an einem Ende des Hohen
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