Heiße Sonne der Verführung
seht nur.« Baynes wickelte den Verband auf. »Was für schöne Stiche«, lobte er sie. »Mit meinen eigenen Haaren genäht?«
Buckland beugte sich vor, um die genähte Wunde zu untersuchen, und er wunderte sich, dass nichts von der Entzündung mehr zu sehen war.
»Habt Ihr irgendetwas zu sagen, Buckland?«
Der Doktor richtete sich auf, und sein Blick streifte die interessierten Gesichter, um dann auf dem Gesicht des geheilten Mannes stehen zu bleiben. »Ich bitte um Entschuldigung, und zwar euch alle. Ich bin blind gewesen.« Er schluckte demütig. »Gott, hab Erbarmen mit mir, der ich anmaßenderweise blind gegen eine mir unbekannte Methode war.«
Ran verschränkte seine Arme vor der Brust; seine Augen waren dunkel und unergründlich. Er würde ihre Zaubersprüche und Sprechgesänge für sich behalten, denn er war sich nicht sicher, ob er das Ganze überhaupt verstanden hatte. In jedem Falle aber hatte Aurora eine Entschuldigung verdient. Vom Schiffsarzt und vom Captain dieses Schiffes.
»Sorgt für eine Wiedergutmachung bei der Lady«, befahl er, bevor er dem Bootsmannsgehilfen zunickte und den Raum verließ.
Ran fand Shokai vor der Kabine stehend und ihm den Weg versperrend. Diese himmelschreiende Herausforderung ging ihm durch und durch. »Tretet zur Seite«, knurrte er. »Und zwar sofort.«
»Man kann eine hungrige Katze nicht die Milch bewachen lassen.«
Seine Augen verdunkelten sich ein klein wenig und fieberten vor Unduldsamkeit. »Guter Gott, Mann, ich habe nicht vor, die Frau zu schänden! Sie hat nichts von mir zu befürchten.«
Shokai schnaubte verächtlich. »Ein zehnmal verwundetes, empfindsames Herz bleibt für immer verwundet.«
Schuldgefühle nagten an Ran. »Ich habe nicht vor, ihr wehzutun, Shokai«, versicherte er ihm, wobei er krampfhaft versuchte, seine Stimme ruhig klingen zu lassen, nachdem er erkannt hatte, dass Shokai mehr von seiner Beziehung zu Aurora wusste, als ihm lieb war.
»Dann versucht auch nicht, kostbare Kiefer in Bambus zu pfropfen, mein Gebieter, denn man kann im Schmutz arbeiten und trotzdem ein sauberes Leben führen.«
»Dessen bin ich mir sehr wohl bewusst.«
»Nun«, seufzte Shokai, als wäre diese Einsicht zu spät gekommen.
Und das war sie wohl auch.
Bedauern überkam Ran. Kostbare Kiefer in Bambus; eine sanftmütige Frau in eine Hure.
Guter Gott, sein eigenes Leben war nicht gerade tadellos, warum also glaubte er, dass ihres es sein müsste? Er erinnerte sich an die Schwielen an ihren zarten Händen; Hände, die hart gearbeitet hatten, um ein Menschenleben zu retten. Hände, die seine Wut beschwichtigt und seine Lust geweckt hatten. Der Schmutz eines sauberen Lebens. Ihre Hemmungslosigkeit sah er als lüstern an, ihrer beider Leidenschaft als eine Bedrohung. Und wer, außer dir, hat sie noch verletzt?
Ran starrte auf die Tür und erkannte, dass er nichts von dieser Frau wusste, die dort in seinem Bett lag. Und in ein paar Stunden würde sie nicht mehr da sein. Er wusste nicht, ob er sie gehen lassen konnte.
Ohne darum gebeten worden zu sein, schritt Shokai beiseite. Seine Hand schon auf dem Riegel, sah Ran noch einmal kurz den Mann an, der vor sich hin starrte. Die Arme hatte er über seiner schmalen Brust verschränkt. Shokai ist ein tödlicher Gegner, entschied Ran plötzlich, denn er liebt Aurora, und in dieser Liebe liegt unsterbliche Treue. Er würde nicht zögern, für sie zu töten, zog es jedoch vor, sich nicht in ihre Entscheidungen, in ihr Leben einzumischen.
Ran öffnete die Tür der Kabine, ging hinein und machte sie dann leise wieder zu. Er lehnte sich an den Rahmen; sein Blick war auf die Frau gerichtet, die ausgestreckt in seinem Bett lag, und die scheinbare Rechtmäßigkeit ihrer Anwesenheit dort ließ ihn die Stirn runzeln. Er drückte sich von der Wand ab und wollte zu ihr hinübergehen, dann blieb er jedoch wieder stehen. Auroras Kleid lag am Fußende des Bettes, eine Schüssel mit einem Schwamm war auf der Kommode abgestellt worden. Shokai. Die Tatsache, dass er ihr vertraut genug war, sie ausziehen und waschen zu dürfen, ließ Ran ihre Beziehung in einem anderen Licht sehen. Hat dieser Mann sich schon immer wie die Zofe einer Lady um sie gekümmert?, fragte er sich, denn er wusste, dass das Paar schon seit Auroras sechzehntem Lebensjahr zusammen war. Guter Gott, da war es kein Wunder, dass das Mädchen so hemmungslos war, mit lediglich diesem in Rätseln sprechenden Mann als Gesellschaft. Was aber wusste Shokai schon davon, wie
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