Heißkalte Sehnsucht
warum Bess so etwas mit sich herumschleppte –, Taschentücher sowie einige zerknüllte Blätter, ein Aufnahmegerät mit Mikrokassetten. Und eine Pistole.
Alex griff sich die Waffe aus dem Stapel heraus und sah sie sich genauer an. Es war eine Wasserpistole!
„Passen Sie damit auf“, warnte sie ihn, als sie endlich ihre Brieftasche fand. „Die ist voller Ammoniak.“
„Ammoniak?“
„Ja, früher habe ich Gas benutzt, aber das hier tut’s genauso gut. So, sehen Sie sich das an!“ Triumphierend hielt sie ihm die Brieftasche unter die Nase.
Dem Foto nach zu urteilen schien es sich um dieselbe Person zu handeln. Das Haar war kurz und lockig, es sah nach einem teuren Schnitt aus. Aber die Farbe stimmte nicht – ein dunkles Kastanienrot anstatt blond. Unverwechselbar hingegen die Nase, das Kinn. Und vor allem die Augen! Alex runzelte die Stirn, als er sich den Führerschein besah. Tatsächlich, die Adresse stimmte!
„Sie haben ein Auto?“
Bess zuckte die Achseln und begann die Sachen wieder in ihre Tasche zu stopfen. „Na und?“
„Bei Frauen aus Ihrem Gewerbe ist das nicht sehr häufig der Fall.“
Da hatte er Recht. Bess zögerte einen Moment. „Ich habe einen Führerschein. Das muss aber nicht unbedingt heißen, dass ich auch ein Auto habe, oder?“
„Nein.“ Er sicherte sich die Brieftasche. „Und jetzt nehmen Sie die Perücke ab.“
Ironisch blickte Bess ihn an. „Und warum?“
Ohne zu zögern beugte sich Alex über den Schreibtisch und riss sie ihr eigenhändig vom Kopf. Bess funkelte ihn wütend an, während sie sich mit dem Finger durch die kurzen rotbraunen Locken fuhr. „Die brauche ich aber zurück. Sie ist nur geborgt.“
„Na klar!“ Er warf die Perücke auf den Schreibtisch und lehnte sich in seinem knarrenden Stuhl zurück, um Bess noch einmal einer eingehenden Prüfung zu unterziehen. Wenn diese Lady eine Nutte war, war er Superman! „Was, zum Teufel, sind Sie eigentlich?“
Dies war der Zeitpunkt, um reinen Tisch zu machen. So viel war Bess klar. Aber irgendetwas an ihm reizte sie, das Spiel mit ihm weiterzuspielen. „Ich bin nur eine Frau, die sich ihren Lebensunterhalt verdienen muss, Officer.“ Genauso würde auch Jade sich verhalten, da war Bess ganz sicher. Und da sie Jadeschließlich erfunden hatte, durfte sie sie jetzt auch nicht blamieren.
Alex öffnete die Brieftasche und zählte die Scheine, die sich darin befanden. Die Summe betrug mehr, als er in zwei Wochen verdiente. „Ich verstehe.“
„Dürfen Sie das eigentlich überhaupt?“ fragte sie ihn mehr neugierig als verärgert. „Dürfen Sie so ohne weiteres meine persönlichen Unterlagen durchwühlen?“
„Ich werde Sie schon noch früh genug über meine Kompetenzen aufklären, keine Angst.“ Alex stieß in der Brieftasche auch auf ein paar Fotos. Es waren Schnappschüsse von Leuten. Auf manchen war auch Bess zu sehen, auf anderen nicht. Die Dame schien zudem einer Menge Klubs und Vereine anzugehören. Er fand Mitgliedskarten von Greenpeace, der World Wildlife Federation, Amnesty International und dem Schriftstellerverband. Bei der letzten Karte fiel ihm wieder der Kassettenrekorder ein. Als er sich das Ding genauer ansah, stellte er fest, dass er angestellt war.
„So, ich will jetzt endlich wissen, woran ich bin, Lady.“
Du meine Güte, war er nicht süß? Bess musste unwillkürlich lächeln, als sie ihn ansah. „Wie meinen Sie das?“
„Ich will wissen, was Sie auf dem Straßenstrich zusuchen hatten, zwischen Rosalie und all den anderen Mädchen.“
„Das ist mein Job.“ Seine Augen funkelten drohend. Bess musste sich eingestehen, dass sie ihn unwiderstehlich fand. Er war ungeduldig, vielleicht auch ein wenig gemein, und hielt sein Temperament nur schwer unter Kontrolle.
War er nicht fantastisch?
„Doch, bitte glauben Sie mir.“ Bess lehnte sich eindringlich nach vorn. „Sehen Sie, all dies hängt zusammen mit Jade. Jade besitzt eine schizophrene Persönlichkeit. Am Tag ist sie eine sehr erfolgreiche Anwältin – Sie wissen schon, die ganz knallharte Sorte –, doch bei Nacht geht sie auf den Strich. Sie versucht dabei das zu verdrängen, was zwischen ihr und Brock passiert ist. Doch da sich gleichzeitig auch noch ein Kindheitstrauma bei ihr bemerkbar macht, droht sie an der Belastung zu zerbrechen. Auf jeden Fall ist sie sehr selbstzerstörerisch.“
Seine Augen hatten sich verdunkelt, sie wirkten jetzt fast schwarz. „Und wer, zum Teufel, ist Jade?“
„Jade Sullivan
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