Heißkalte Sehnsucht
Augen hielten sie gefangen. Seine Knöchel pressten gegen ihre Haut, genau da, wo ihr Ausschnitt begann. Sie spürte die Hitze, die in diesem Griff lag, spürte seine Hitze. Während sie ihm weiter wie gebannt indie Augen sah, überkam sie plötzlich ein Bild. Sie sah, wie er und sie sich auf einem großen Bett in einem verdunkelten Zimmer wälzten, wie ihre Körper miteinander rangen.
Und das hatte überhaupt nichts mehr mit Arbeit zu tun.
Es war das erste Mal, dass Alex eine Nutte erröten sah. Es warf ihn um, und er hatte plötzlich den absurden Wunsch, sich zu entschuldigen – sich zu entschuldigen für die Vorstellung, die ihm vor ein paar Sekunden durch den Kopf gegangen war. Aber dann erinnerte er sich wieder an die Umstände.
„Ich stehe einfach auf einen anderen Typ, Baby.“
Mit ihren hohen Stöckelschuhen war sie beinahe so groß wie er. Alex hätte am liebsten all das Make-up und den Puder von ihrem Gesicht abgewischt, um zu entdecken, wer sich darunter verbarg.
„Ich bin ein anderer Typ“, entgegnete Bess. Sie war sehr froh über diese schlagfertige Antwort.
„He, Schwester!“ Plötzlich war Rosalie da. Vertraulich legte sie Bess den Arm um die Schulter. „Du willst doch wohl nicht beide allein für dich haben, oder?“
„Ich …“
Hau ab, dachte Alex bei sich und wandte sich widerstrebend Rosalie zu. „Seid ihr beide ein Team?“
„Heute Abend schon.“ Sie sah erst Alex an, dann Judd. „Na, wie wär’s mit uns beiden, Jungs?“
Judd hatte plötzlich das Gefühl, als hätte ihn seine Stimme im Stich gelassen. Er hätte sich lieber einem Dutzend bewaffneter Männer in einer dunklen Gasse gegenübergesehen. Es war ihm völlig unmöglich, auf die große schwarze Frau zuzugehen, ohne dass die ganze Zeit ein Bild seiner eigenen Frau, die ihm völlig vertraute, wie ein Warnsignal in seinem Kopf aufgeleuchtete.
„Na gut, warum nicht.“ Schließlich konnte er doch sprechen, und es gelang ihm sogar, fast so überzeugend wie Alex zu klingen.
Rosalie warf den Kopf zurück und lachte laut, dann machte sie einen Schritt auf Judd zu und hakte sich bei ihm unter. Instinktiv trat er zurück, und eine verräterische Röte überzog seinen Hals.
„Ich habe den Eindruck, du machst so etwas zum ersten Mal, Kleiner. Warum überlässt du Rosalie nicht alles?“
Weil sein Partner plötzlich stumm zu sein schien, übernahm Alex wieder das Kommando.
„Wie viel?“
„Na ja …“ Rosalie wartete gar nicht erst auf Bess, die totenbleich geworden war. „Heute Abend machen wir euch einen Sonderpreis. Ihr kriegt uns beide für einen Hunderter. Das gilt aber nur für die erste Stunde.“ Sie lehnte sich vor und flüsterte Judd etwas ins Ohr. Die Röte auf seinem Hals vertiefte sich noch.
„Danach“, fuhr Rosalie fort, „ist es Verhandlungssache.“
„Aber ich kann ni…“ Bess fing an zu stottern und hielt dann mitten im Satz inne, als sie Rosalies Finger spürte, die sich wie scharfe Klauen in ihre bloßen Schultern gebohrt hatten.
„Ich glaube, das reicht“, sagte Alex und zog seine Dienstmarke hervor. „Meine Damen, Sie sind vorläufig festgenommen.“
Polizisten! Ein großes Gefühl der Erleichterung durchfuhr Bess.
Während Rosalie einen saftigen Fluch ausstieß, musste sie sich die größte Mühe geben, um nicht laut herauszulachen.
Absolut perfekt, dachte Bess, als man sie auf die Wache brachte. Sie war wegen illegaler Prostitution festgenommen worden, und das Leben hätte nicht schöner sein können.
Begierig sah sie sich in dem Zimmer um, damit ihr auch nicht die geringste Kleinigkeit entging. Dabei war es nicht das erste Mal, dass sie sich in einer solchen Umgebung befand. Wie sie immer zu sagen pflegte, nahm Bess ihre Arbeit sehr ernst. Neu war für sie allein die Gegend. Sie kam nicht sehr oft in die ärmeren Viertel der Stadt.
Der Raum war ausgesprochen schäbig – heruntergekommen. In Gedanken machte sie sich Notizen. Über allem lag eine dicke, malerische Staubschicht.
Und der Geruch war auch nicht schlecht. Sie sog ihn tief ein und versuchte sich die faszinierende Mischung aus Schweiß, bitterem schwarzen Kaffee und beißendem Putzmittel gut einzuprägen.
Außerdem war es sehr laut. Mit ihren hellwachen Sinnen unterschied Bess nach und nach den Lärm von ständig klingelnden Telefonen, ärgerlichen Flüchen, Weinen und dem Hämmern der Schreibmaschinen.
Oh Mann, dachte sie insgeheim begeistert. Heute schien wirklich ihr Glückstag zu sein!
„Du bist hier nicht
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